fbpx

Wochenendrebellen

Groundhopping | Autismus | Wissenschaft | Podcast | Weltverbesserung

#11 Jared liebt die SpVg Schonnebeck

Hey Jay-Jay.

Fußball also.

Find´ ich gut.

Gibt schlimmere Dinge, mit denen man seine Zeit verschwenden kann.

Modelleisenbahnen zum Beispiel.

Oder einen kompletten Kühlschrank auszuräumen, nur um da einen ausgestopften Pinguin reinstellen zu können.

Aber welche Mannschaft? Ob ich dir dabei eine große Hilfe sein kann wird man sehen müssen. Eine Faustregel möchte ich dir aber gerne gleich zu Beginn mit auf den Weg geben:

schau dir an, welche Mannschaft immer gewinnt – und nimm die dann auf keinen Fall.

 

Man will seine Freizeit ja nicht mit langweiligen Sachen verbringen.

 

Ich bin ja in Essen geboren.

Das ist ein Unglück, das man bedauern kann. Oder man kann froh darüber sein, dass die Band Unheilig nicht zum musikalischen Botschafter der Stadt geworden ist und auf Stadtfesten mit dem Titel ‚Geboren um zu Essen‘ auftritt.

 

Unheilig kennst du hoffentlich nicht. Ansonsten müsste ich mir den Papsi noch mal vorknöpfen.

 

Essen also. Da gab es damals eigentlich nur zwei Vereine, die in einem ewiglichen entweder-oder der Bedeutungslosigkeit entgegen taumelten. Rot-Weiß Essen, oder Schwarz-Weiß Essen.

 

Da war ich dann selbstverständlich Fan von Grün-Weiß Heisingen. Keine Ahnung, ob´s den Verein wirklich gibt, aber das habe ich damals jedem so erzählt.

 

Weiter Fußballsozialisation habe ich nicht erfahren.

Mein Original-Papsi war nämlich ein ziemlich großes Arschloch, das mich und meine Mutter relativ früh im Stich gelassen hat. Und mein Opa war sehr krank, weil er sich auf der Zeche seine Lunge ruiniert hatte. Und was ich da sonst noch so an Familie hatte, da wurde das Thema Fußball eher klein geschrieben. Da war also niemand, der mich hätte mit in ein Stadion nehmen können, der mir hätte beibringen können, was es heißt Fan zu sein.

 

Mein eigener Sohn, der ist so alt wie Du. Und der hat das von Anfang an mitbekommen. Der ist Schalker. Schalker mit allem was dazu gehört. So ein richtig „keiner mag uns scheissegal“ Asi-Schalker. Der ist Vereinsmitglied seit er drei ist, mit dem gehe ich regelmäßig in die Arena. Der hatte irgendwie nie eine Chance.

Das gefällt mir. Weil ich so was nie hatte. Weil ich auch irgendwie nie so eine bedingungslose „mein Verein oder Tod“ Einstellung entwickeln konnte.

 

Ich glaube so eine Einstellung ist zum Teil ganz gesund. Weil sie mir auch in anderen Bereichen des Lebens mitunter fehlt.

 

Mein späterer Ersatz-Papsi hat mich dann ab ungefähr meinem sechsten Lebensjahr recht oft mit ins Parkstadion genommen. Der hat für eine Zeitung über den FC Schalke geschrieben und daher konnte ich immer mit auf die Pressetribüne.

 

Was ich da am interessantesten fand war, dass er nach jedem Spiel, den Spielern Noten vergeben musste. Die hat er dann immer Sonntag vormittags dem Sport-Kurier, ich glaube der war in Augsburg, auf den Anrufbeantworter diktiert.

 

Das hat mich unfassbar fasziniert und ab dem Moment habe ich immer einen kleinen Block dabei gehabt, die Aufstellung aufgemalt und Noten von 1 bis 6 hinter die Spielernamen geschrieben.

 

Auch heute lese ich noch als erstes die Spielbenotungen, auch wenn ich weiß, dass die meistens Quatsch sind.

 

Was mein Ersatz-Papsi nicht war, war ein glühender Fan des Sports, über den er beruflich schrieb. Er behauptet zwar bis heute, dass er Rudi Assauer, dem ehemaligen Schalke Manager, seinerzeit seine erste Zigarre angeboten hatte – danke noch mal dafür – aber dass er das Spiel Fußball liebte? Nee, das nicht.

 

So wurden also meine frühesten Fußballjahre von einer Art anti-establishment und recht analytischen Stimmung geprägt. Anders ausgedrückt, ich war immer eigentlich aus Prinzip für die anderen und „wahre Liebe“ war für mich eine Note im Zahlenraum zwischen eins und sechs.

 

#wirlebendich 4-

 

Das ist gar nicht so leicht, da wieder rauszukrabbeln.

 

Ich war dann auch eher ein Fan von Spielern, nicht von Mannschaften. Und dann natürlich auch ein wenig von den Mannschaften, die diese Spieler beschäftigten.

 

Das war zu allererst mal Pierre Littbarski. Mein absoluter immer-und-allezeit Lieblingsspieler. Deswegen war ich auch einmal im Besitz eines signierten Fußballs mit den Unterschriften der kompletten Mannschaft vom 1.FC Köln.

 

Außerdem bin ich wahrscheinlich der einzig lebenden Gerhard Poschner Fan ausserhalb seiner unmittelbaren Verwandtschaft.

 

Und ja: Herr Poschner spielte auch einmal bei der Mannschaft, die ich hier nicht nennen darf. Ich hätte aber im Bedarfsfall ein ca. 2-minütiges Video von meinem Sohn parat, in dem er sich zu diesem Themenkreis mit einer gehörigen Portion Unflat widmet.

 

Scheisse BVB und so…

 

Spieler gut finden birgt also eine gewisse Unsicherheit. Aktuell mag ich z.B. Eden Hazard sehr, sehr gerne und muss mich daher wohl oder übel mit dem FC Chelsea beschäftigen. Kann man nix machen. Ist bei mir halt so.

 

Mein Lieblingsspieler auf Schalke war Andre Bistram. Soll Dein Papsi mal googlen.

 

Ganz am Anfang habe ich gesagt „schau dir an, welche Mannschaft immer gewinnt – und nimm die dann auf keinen Fall.“

 

Ich glaube, das ist mein Rat an Dich. Ob du Fußball spielst oder nur Fan bist.

 

Mein Sohn spielt selber Fußball. Und das sogar ziemlich gut. Zusammen waren wir bei so einem Allesgewinner Verein. Die haben mal in einer Saison 876 Tore geschossen.

 

Jetzt sind wir nicht mehr bei dem Verein, denn es hat uns da keinen Spass gemacht. Die anderen Vereine haben uns alle gehasst und auch in unserer Mannschaft war das Klima nicht gerade gut. Jeder war ein Konkurrent des anderen und es wurde viel hintenrum getuschelt, getratscht und intrigiert.

 

Wenn da ein Spieler mal zwei schlechte Aktionen hatte, wurde er vom Trainer direkt ausgewechselt.

 

Jetzt sind wir bei einem anderen Verein. Wir gewinnen immer noch fast alles, aber wir verlieren auch mal. Wir spielen auch mal scheisse, ohne das es gleich Konsequenzen gibt. Wir haben jetzt Spass am Fußball.

 

Denn es geht da gar nicht nur ums gewinnen. Musste ich auch erst lernen. War gar nicht so einfach.

 

Was nun mit meiner glühenden Liebe ist? Ich glaube, man kann schon sagen, dass mein Herz für Schalke schlägt. Wenn ich da mit meinem Sohn in der Arena bin, das ist schon was ganz besonderes. Und es ärgert mich auch, wenn die Blauen verlieren. In den Tod gehen würde ich für den Verein allerdings nicht.

 

Das würde ich höchstens für meine Familie und aus der spielt eben nur einer Fußball.

 

Daher gilt meine glühende Liebe eigentlich immer dem Verein, in dem mein Sohn spielt.

 

Und das ist aktuell die SpVg Schonnebeck.

 

Jared findet Ihr auch auf Twitter . Weitere lyrische Leckereien findet man in seinem Blog

Ich bekomme oft Fragen zu unserer beider Beziehung. Ich kann und will dazu nicht sonderlich viel sagen, aber ja:

Es ist #ECHTELIEBE

Was es mit diesem Brief auf sich hat, warum du auch einen schreiben darfst musst und wer dieser Jay-Jay ist erfährt man hier.

Show More

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert