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#54 Fabienne liebt den BVB

Hey Jay-Jay,

Ich heiße Fabi, bin 21 und habe mein Herz an die Borussia aus Dortmund verloren. Ich wohne in Essen, das Herz des Ruhrgebiets. 23 Kilometer trennen mich vom Westfalenstadion, 15 Kilometer von – ich bleibe mal neutral – der Arena auf Schalke, selbst Essen hat einen Fußballverein, von dessen Stadion mich nicht mal zehn Kilometer trennen. Hier in der Nähe gibt es viele Fußballvereine, die Auswahl ist wirklich riesig. Wieso ist es also der BVB geworden?
Bei mir ist es nicht einer der Geschichten á la ‚mein Papa hat mich mit ins Westfalenstadion genommen und ich war verliebt‘. Mein Vater ist Fan von Rot-Weiss Essen, und das mit Herz und Seele. Er wollte regelmäßig etwas mit mir unternehmen, und Fußball hat mich schon damals sehr interessiert. Ich habe mit meinen Cousins auf allen möglichen Bolzplätzen gebolzt, mit allen Regeln, die man da so kennt. Anstoß wird mit „Piss-Pott“ entschieden, es gibt keinen richtigen Torwart, denn der letzte Mann fängt den Ball, das letzte Tor entscheidet alles, und so weiter und so fort. Meine Liebe galt dem Fußball, nicht irgendeinem Verein. Trotzdem bin ich weiterhin mit meinem Vater an die Hafenstraße gefahren, habe auch für den Verein gejubelt und geschrien.

Um des Fußballs Willen.

Zur Borussia bin ich erst viel, viel später gekommen. Man wird älter, in der Schule redet man irgendwann nicht mehr nur über lokale Fußballvereine, sondern über die Bundesliga, Champions League und co. Ich wurde nie wirklich ernst genommen, ich bin schließlich ein Mädchen und hatte keine Ahnung von Fußball, wüsste nicht einmal was Abseits ist und was man alles so zu hören bekommt. Das war okay, vielleicht wusste ich zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht, was das war. Das wichtigste war, dass man Spaß an dem Spiel hatte. Und das war der Fall.

Es war das DFB Pokalfinale 2008, FC Bayern gegen Borussia Dortmund. Mein Papa hat vor Anpfiff zu mir gesagt: „Hoffen wir mal, dass die Bayern einen auf den Deckel bekommen.“ Die Bayern waren recht früh in Führung gegangen, haben das Spiel am Ende auch gewonnen. Aber Jay-Jay, genau das war der Moment, in dem ich Fan von Dortmund geworden bin. Im Moment einer Niederlage. Bayern lag in Führung, aber die Dortmunder haben nicht aufgegeben. Und das hat sie schließlich in der Nachspielzeit der regulären Spielzeit in die Verlängerung gebracht. Mich hat dieser Kampfgeist fasziniert, mit dem sie schließlich auch mit der Verlängerung belohnt wurden.
Als die Bundesliga wieder anfing, habe ich mich also auf Borussia Dortmund konzentriert. Jürgen Klopp wurde Trainer, Dortmund stand am Ende der Saison in der oberen Tabellenhälfte, in der Saison danach qualifizierten sie sich sogar für die Europa League. Man kann also sagen, ich bin in der Zeit der Wende Fan geworden. Ich bekomme oft zu hören, dass ich also auch nur eine Art Erfolgsfan sei, wenn ich erzähle, seit wann ich Fan bin. Aber ich weiß es besser, denn sonst würde mein Herz jetzt für den FC Bayern schlagen, richtig?

Mein erster Besuch im Stadion war erst spät. Anfang 2010. Meine Mutter wollte die Sache mit dem Fußball nicht noch unterstützen, sie war der Meinung, es wäre nur eine Phase, die auch wieder vorbeigehen würde, die sie nicht noch weiter unterstützen wollte, denn sie war eh nie sonderlich begeistert davon, dass ich nicht dieses typische Mädchen mit den gleichen Interessen war, wie sie andere in meinem Alter hatten.
Aber irgendwann war es dann so weit, ich stand vor diesem riesigen Stadion und war – ja, ein wenig eingeschüchtert. Schließlich kannte ich vorher nur das Georg-Melches-Stadion (was es heute leider nicht mehr gibt), was durchaus seinen Charme hatte. Aber was sind 15.000 Plätze im Vergleich zu 80.000?

Ich bin diese unzähligen Treppen hochgestiegen, und oben angekommen, hatte ich von meinem Platz einen Überblick über das gesamte Stadion – auch über die Südtribüne. Ich habe diese Menschenmasse gesehen, und es hat einfach nur gekribbelt. Als das Spiel begann, haben die Fans angefangen, die Mannschaft anzufeuern. Und das Kribbeln hat gar nicht mehr aufgehört. Ich wollte Teil dieser singenden Masse sein, habe mitgeklatscht und bin mitgehüpft. Und heute weiß ich nicht mal mehr, wie das Fußballspiel war, denn ich war zu gefangen von dieser Stimmung im Stadion. Ich wollte nicht weg, hätte mich am liebsten dort festgekettet. Und das war der Moment, in dem ich gedacht habe: Dortmund isses, und nichts anders! Das war der Moment, in dem ich nicht mehr nur Fan war, sondern mein Herz verschenkt habe. Noch heute ist es jedes Mal etwas Besonderes, diese Luft voller Adrenalin einzuatmen. Noch heute ist dieses Kribbeln jedes Mal präsent.

Es ist unwichtig, wann und wie man Fan wird. Wichtig ist, dass du mit deiner Wahl zufrieden bist. Und das, das bin ich. Dieser Verein hat mich auf die wohl aufregendste Reise geschickt, die ich mir vorstellen kann. Es ist eine Achterbahn der Gefühle, in dem einem Moment bist du auf der Spitze der Euphorie, nur damit der nächste Moment dich auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Durch den BVB habe ich auch viele Kontakte geknüpft, die ich heute nicht mehr missen möchte.

Ich wünsche dir, dass du irgendwann deinen Verein findest. Vielleicht nicht morgen und vielleicht auch nicht nächste Woche, aber irgendwann. Und wenn es so weit ist, dann wirst du es merken. Denn es wird der Ort sein, von dem du nie wieder weg willst. Bis dahin genieß die Zeit mit deinem Papsi, und wer weiß, vielleicht schlägt dein Herz ja auch irgendwann schwarz-gelb? Egal welche Entscheidung du triffst, es wird die richtige sein. (Nur vielleicht nicht blau-weiß aus Gelsenkirchen, die sollen ziemlich doof sein, hab ich gehört)

Mach et jut!
Fabi

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