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Wenn man an Blaue Nachzügler denkt, kommen einem vermutlich zunächst gewisse Bereiche der deutschen Parteienlandschaft in den Sinn. Gemeint ist jedoch etwas anderes. Unter den vielen Sternen am Himmel sind Wissenschaftler*innen einer neuen Sternart auf der Spur, den Blauen Nachzüglern. Die Entstehungsgeschichte diese seltenen Sterne ist faszinierend.
Was passiert mit einem massereichen Stern normalerweise nachdem sein Brennstoffvorrat aufgebraucht ist?
Dafür sind primär zwei Kräfte relevant, die einen Stern im Gleichgewicht halten: Die Gravitation der eigenen Masse, die den Stern nach innen zusammendrücken will und den Strahlungsdruck aus dem Innern, der nach außen wirkt. Doch genau dieser fällt plötzlich weg, wenn der Kernbrennstoff aufgebraucht ist.
Dann kollabiert der Stern, da der Gravitation nichts mehr entgegenwirken kann. Durch den enormen Druck stürzen die negativ geladenen Elektronen der Atome in den positiv geladenen Kern. Ein Neutronenstern entsteht. Wenn der Stern massereich genug ist, kommt es gar zu einem Gravitationskollaps und ein Schwarzes Loch entsteht.
Kosmischer Jungbrunnen in Kugelsternhaufen
Doch es gibt Sterne, die diesem Tod irgendwie entrinnen. Das ist einfach festzustellen, indem man Kugelsternhaufen beobachtet. Das schöne an denen ist, dass sie im Ganzen entstanden sind, alle Sterne dort haben ungefähr dasselbe Alter.
In besonders alten Kugelsternhaufen, in dem Sternleichen wie weiße Zwerge und Neutronensterne schon dominieren und die meisten Sterne bereits ausgebrannt sind, gibt es jedoch einige wenige Ausnahmen, die im Vergleich zu den anderen noch sehr hell sind. Irgendwie mussten sie dem Tod als Supernova entrinnen.
Blaue Nachzügler sind keine Einzelfälle, man schätzt, dass etwa ein Prozent aller Sterne in alten Kugelsternhaufen blaue Nachzügler sind. Es braucht eine Art stellaren Jungbrunnen, der den Sternen neue Energie verleiht. Wir haben heute eine gute Vorstellung davon, wie er funktioniert und kennen zwei Möglichkeiten.
Stellare Massediebe in Doppelsternen
Bei der Beobachtung der Kugelsternhaufen viel etwas besonders auf: 76% der Blauen Nachzügler im Sternhaufen NGC 188 befinden sich in einem Doppelsternsystem, was deutlich über dem Durchschnitt für normale Sterne liegt, dort ist es etwa die Hälfte. Es liegt daher nah, dass Doppelsternsysteme die Entstehung Blauer Nachzügler begünstigen.
In diesem Entstehungsszenario bläht sich einer der Sterne zum Roten Riesen auf und dehnt sich aus. Sein Partnerstern und er kommen sich dabei so nahe, dass es zum Massentransfer kommt, der andere Stern entzieht dem Roten Riesen Materie. So bekommt dieser zusätzlichen Kernbrennstoff, während der Rote Riese dadurch zum weißen Zwerg wird.
Der neu entstandene Blaue Nachzügler kann durch die zusätzliche Materie noch einige Milliarden Jahre weiter strahlen und so viel länger leuchten, als die anderen Sterne im Sternhaufen.
Neue Energie durch Kollisionen
Da es auch einige Blaue Nachzügler als Einzelsterne gibt, kann das Massentransfer-Szenario jedoch nicht die einzige Möglichkeit sein, wenn es auch vermutlich die häufigere ist. Ebenfalls möglich ist jedoch, dass zwei alte Sterne kollidieren, der neu entstandene Stern ist dann natürlich massereicher und auch die Menge an noch verfügbarem Brennstoff erhöht sich. Zusammen haben die Sterne dann wieder so viel Brennstoff, dass es noch für einige Milliarden Jahre Kernfusion reicht – während die anderen Sterne im Kugelsternhaufen längst erloschen sind.
Wie man herausgefunden hat, sind beide Entstehungsmöglichkeiten mathematisch denkbar und auch in der Natur vorzufinden. Es lassen sich einige Unterschiede in den Blauen Nachzüglern beider Entstehungsgeschichten erkennen. Im Sternhaufen Messier 30 gibt es beispielsweise zwei „Populationen“ Blauer Nachzügler, die Sterne, die durch Masseklau entstanden sind, leuchten rötlicher, die Sterne, die durch Kollision entstanden sind, leuchten bläulicher.
Eine aufregende Sternart
Als Prototypen für diese Sternart beobachtet man die Blauen Nachzügler Naos und 40 Cancri – vermutlich entstanden durch die Kollision eines Doppelsterns – und studiert Temperatur, Alter und Masse.
Blaue Nachzügler sind eine aufregende Sternart, diese Sterne führen ihre Existenz gnadenlos auf Kosten anderer (eine weitere Parallele zum Beispiel der deutschen Parteienlandschaft), doch Planeten dürfte man trotz der vermeintlichen Stabilität vermutlich vergeblich suchen, denn sich so eng umkreisende Doppelsterne oder gar Kollisionen dürften einen stabilen Orbit sehr schwierig machen.
Rainer Kirmse , Altenburg
DIE WELT DER STERNE
Deklination und Rektaszension
bestimmen die Sternposition.
Die Parallaxe indessen
hilft uns beim Entfernung messen.
Mehr Erkenntnisse bringt uns dann
das Hertzsprung-Russel Diagramm.
Der Sterne Aufbau und Wesen
an der Stellung abzulesen.
Wir sehen Sterne blau und rot,
neugeboren, auch kurz vorm Tod;
oder uns’rer Sonne ähnlich,
mittelalt und leuchtend gelblich.
Da gibt es Riesen und Zwerge
verschiedenster Leuchtstärke;
Solisten und Mehrfachsterne,
recht nah und in weiter Ferne.
All dieser Sonnen Profession
ist im Innern die Kernfusion.
Eruption und Protuberanz
sind nur oberflächlicher Tanz.
Sternenheimat sind Galaxien,
die mit ihnen durchs Weltall zieh’n.
Meist von Planeten umgeben,
gibt’s ohne Sterne kein Leben.
Die Sterne sind bis zum Ende
Geburtsort der Elemente.
Nach dem Eisen ist damit Schluss,
von den Sternen ein letzter Gruß.
Für Elemente superschwer
muss eine Supernova her.
Der Mensch, ein Kind der Sterne,
betrachtet’s aus der Ferne.
Rainer Kirmse , Altenburg
Herzliche Grüße aus Thüringen