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10 aufregende Erkenntnisse die Cassini über den Saturn herausgefunden hat

Cassini-Huygens vor der Landung auf Titan

Cassini und ihre Mission enden nun und damit findet eine der erfolgreichsten Missionen aller Zeiten heute ihr Ende. Sie hat eine lange und entbehrungsreiche Geschichte hinter sich, sie war zum Beispiel eine Kooperation zwischen NASA und ESA, die NASA plante mehrfach, sich aus dem Projekt zurückzuziehen, wozu der ESA-Generaldirektor Jean-Marie Luton in einem Brief an NASA-Administrator Daniel Goldin klare Worte fand:

„Daher sieht Europa jedwede Möglichkeit eines einseitigen Rückzuges von der Kooperation durch die Vereinigten Staaten als völlig inakzeptabel an. Solch eine Handlung würde die Zuverlässigkeit der USA als Partner für jegliche weitere wissenschaftliche und technische Kooperation in Frage stellen.“

Jean-Marie Luton

Diese hatten jedoch Wirkung und die NASA hielt an der Mission fest. Selbst die sogenannte Stop Cassini-Bewegung, die befürchtete, bei einem Fehlstart könnten die mit Plutonium-238 betriebenen Radionuklidbatterien auf die Erde stürzen, was bis zu fünf Milliarden Menschen betreffen könnte, konnte die Raumsonde nicht stoppen. Doch zum Glück ging alles gut und die Sonde samt Radionuklidbatterien flog innerhalb von sieben Jahren zum Saturn. Wenn die Sonde heute gezielt zum Absturz in den Saturn gebracht wird, dann wird sie eine lange Reise und viele wissenschaftliche Sensationen hinter sich haben. Zehn davon möchte ich hier vorstellen.

1. Cassini bestätigte die Allgemeine Relativitätstheorie.

Das ist ein komischer Punkt, nicht wahr? Natürlich ist die Allgemeine Relativitätstheorie korrekt und das wissen wir nicht erst seit Cassini, sondern seit der Sonnenfinsternis im Jahre 11.919 HE. Denn während der Sonnenfinsternis ließen sich Sterne im Umfeld der Sonne mit dem sogenannte Gravitationslinseneffekt beobachten, den Einstein vorhersagte. Er postulierte, dass die Gravitation der Sonne die Lichtstrahlen der fernen Sterne ablenke und genau das passierte auch. Doch seitdem wurde die Relativitätstheorie mit immer größerer Genauigkeit bewiesen, schließlich ist es möglich, dass Abweichungen auf extrem kleinen Skalen von einer Unvollständigkeit der Theorie zeugen.

Im Sommer 12.002 HE bot Cassini eine exzellente Gelegenheit für eine solche Überprüfung mit noch größerer Genauigkeit, denn zu diesem Zeitpunkt befand sich die Sonne genau zwischen der Erde und Cassini. Ein Radiosignal, welches Cassini an die Erde schickt, müsste demnach von der Gravitationskraft der Sonne abgelenkt werden, also einen etwas längeren Weg zurücklegen. Daher müsste das Signal etwas später auf der Erde ankommen als ohne den Gravitationslinseneffekt, diese Verzögerung um einige Sekundenbruchteile nennt man Shapiro-Verzögerung. Tatsächlich schickte man das Signal und maß die Verzögerungen mit dem Deep Space Network – Test mit Bravour bestanden!

2. Auf Enceladus gibt es einen subglazialen Ozean und Geysire.

Saturn und seine Monde sind viel zu kalt für flüssiges Wasser, schließlich umkreist er die Sonne in 1,43 Milliarden Kilometern Entfernung. Und dennoch gehört der Saturnmond Enceladus zu den lebensfreundlichsten Orten außerhalb der Erde. Denn unter der Eiskruste von Enceladus verborgen befindet sich ein Ozean aus flüssigem Wasser.

Am Südpol von Enceladus befinden sich die berühmten Geysire, aus denen das Wasser aus dem subglazialen Ozean viele Kilometer in die Höhe geschleudert wird. In der Regel entstehen tektonische Aktivitäten durch den Zerfall radioaktiver Elemente im Innern des Himmelskörpers, doch dafür ist Enceladus mit einem Durchmesser von gerade einmal 500 Kilometern viel zu klein. Bei ihm entsteht die geologische Aktivität zum Teil durch Gezeitenkräfte, doch selbst die in Kombination mit dem Zerfall radioaktiver Elemente erzeugen nur ein Zehntel der benötigten Wärme. Bis heute ist es also unbekannt, wie der Ozean und die Geysire zustande kommen, man spekuliert jedoch auf Verbindungen im Wasser, die den Gefrierpunkt senken, etwa Ammoniak.

Cassini, Enceladus, subglazialer Ozean
Die Geysire des Enceladus werden von einem verborgenen Ozean gespeist.

Tatsächlich durchflog Cassini genau so einen Geysir und fand zunächst noch keine direkten Spuren von Leben. Dennoch lieferte sie ernsthafte Anzeichen auf die Bewohnbarkeit des Ozeans, die Konzentration von Kohlendioxid, Wasserstoff und auch der pH-Wert sind deutlich erdähnlicher als vermutet. Auch komplexe organische Moleküle wurde gefunden. Vermutlich ermöglicht die Zusammensetzung sogar komplexeres Leben wie etwa Fische. Eine vorgeschlagene NASA-Mission namens Enceladus Life Finder könnte dem auf den Grund gehen. Die Möglichkeit von Leben auf Enceladus ist übrigens auch der Grund dafür, dass Cassini zum gezielten Absturz gebracht wird – würde sie im Orbit um den Saturn verbleiben, könnte sie in ferner Zukunft auf Enceladus stürzen und den Mond mit irdischen Keimen kontaminieren.

3. Die Saturnringe sind deutlich jünger als gedacht.

Die Ringe des Saturns sind nach dem potentiellen außerirdischen Leben um seine Monde wohl das größte Rätsel. Lange hatte man keine Ahnung, woraus sie bestehen, einige hielten sie gar für massive Objekte. Erst James Clerk Maxwell zeigte, dass solche Objekte mathematisch nicht existieren können, die Saturnringe mussten also aus zahlreichen kleinen einzelnen Partikeln bestehen. Wie sie entstanden sind und wie alt sie sind, war jedoch lange ein Rätsel. Zumindest über das Alter weiß man dank Cassini nun etwas mehr. Die vorherrschende Meinung war lange, die Saturnringe seien höchstens 100 Millionen Jahre alt, ein astronomisch sehr kurzer Zeitraum.

Doch mittlerweile sieht es danach aus, dass die Ringe fast genauso alt wie der Saturn sind, also mehrere Milliarden Jahre alt. Die Entstehung ist jedoch weiterhin ein Rätsel, möglich ist, dass sie mit dem Saturn zusammen entstanden oder die Überreste eines großen Mondes sind, der vom Saturn zerrissen wurde.

4. Es gibt noch unentdeckte Monde und Ringe.

Die romantische Vorstellung, dass man irgendwo hinfliegt und dort neue Dinge entdeckt, ist in der Astronomie eigentlich recht selten, normalerweise sind die meisten Dinge schon vorher mit Weltraumteleskopen entdeckt worden und werden dann näher erforscht. Doch Cassini entdeckte vor Ort tatsächlich auch einen neuen Mond, sein Name ist Daphnis und er hat einen Durchmesser von etwa 7,8 Kilometern. Daphnis besteht vor allem aus Wassereis, das führt zu seiner geringen Dichte – läge er in einem riesigen Ozean, würde er an der Oberfläche schwimmen.

Nicht nur einen neuen Mond hat Cassini entdeckt, auch einen neuen Ring fand er, und zwar am 17. September 12.006 HE. Es handelt sich dabei um einen schwachen kaum sichtbaren Staubring, der sich zwischen dem F-Ring und dem G-Ring befindet. Die Herkunft dieses Rings konnte Cassini nicht zweifelsfrei identifizieren, man vermutet allerdings, dass sie Fragmente von Meteoriten stammen, die auf den Monden Epimetheus und Janus einschlugen. Doch sicher gibt es noch viele unentdeckte Ringe und Monde um den Saturn und damit viele mögliche Entdeckungen zukünftiger Forscher.

5. Es gibt Blitze auf dem Saturn.

Cassini entdeckte auch Blitze auf dem Saturn, doch das hat nicht wirklich viel mit dem zutun, woran wir denken, wenn wir von Blitzen hören. Denn die Blitze auf dem Saturn leuchten 10.000-mal stärker als die stärksten Blitze auf der Erde. Im wesentlichen entstehen Blitze auf dem Saturn jedoch durch dieselben Phänomene wie auf der Erde. Leichte Gase in der Atmosphäre des Planeten strömen nach oben und bilden riesige Wolkentürme. Die verschiedenen Seiten der Wolke werden elektrisch aufgeladen, die eine Seite positiv, die andere negativ. Kommt es zur Entladung, beobachten wir einen heftigen Blitz. Auf dem Saturn sind die Wolkentürme einfach noch viel gigantischer als auf der Erde.

Sie sind so heftig, dass Cassini sie sogar aus der Umlaufbahn als hellen blauen Punkt fotografieren konnte, sogar auf der Tagseite des Planeten. Die fotografierten Blitze waren mehrere hundert Kilometer lang und hatten eine Leistung von mehreren Milliarden Watt pro Sekunde!

6. Hyperion ist zum Großteil hohl.

Hyperion ist allgemein ein sehr interessanter Mond. Optisch ähnelt er einem Schwamm und hat eine sehr poröse Struktur. Seine Größe kann sich sehen lassen, allerdings ist er dafür sehr unregelmäßig geformt, er hat Maße von 360 × 280 × 225 Kilometern. Doch seine Masse ist dahingegen sehr gering, das führt zu einer Dichte die nur etwas mehr als die Hälfte der Dichte von Wasser beträgt.

Die einzige Erklärung dafür ist, dass der Mond zu einem großen Teil hohl ist und eingeschlossene Vakuumkammern beinhaltet. Das wiederum führt zu einer sehr geringen Gravitation, was auch die Oberfläche entscheidend formte, denn Einschlagskörper verdichteten eher das Material der Oberfläche als es zur Seite zu schieben. Wird Material in die Luft geschleudert, ist die Gravitationskraft so schwach, dass es häufig nie wieder zur Oberfläche zurückfällt. Über Hyperion gäbe es aber noch sehr viele andere Dinge zu erzählen, so lädt er sich etwa regelmäßig elektrisch auf und hat eine chaotische Rotation, darüber habe ich hier etwas mehr geschrieben.

7. Mimas ähnelt optisch dem Todesstern.

Wenn wir schon bei seltsam aussehenden Monden sind, können wir gleich zu Mimas kommen, denn genau wie Hyperion wurde er von Cassini sehr genau ins Visier genommen. Geprägt wird Mimas durch einen riesigen Krater namens Herrschel. Mimas ist weitgehend rund, er ist der kleinste Körper im Sonnensystem, der noch groß genug ist, um durch seine eigene Gravitation in eine Kugelform gepresst zu werden, man spricht vom hydrostatischen Gleichgewicht. Doch Herrschel ist so groß, dass die Kollision, die ihn verursacht hat, Mimas fast komplett zerstört haben muss.

Die Ausmaße des Kraters sind wirklich ungeheuerlich: Seine Wälle ragen fünf Kilometer in die Höhe, der Kraterboden liegt zehn Kilometer unter dem umliegenden Terrain und der Zentralberg im Innern des Kraters hat eine Höhe von sechs Kilometern. Mal zum Vergleich: Hätte die Erde einen solchen Krater, wären seine Kraterwände 200 Kilometer hoch, würden also weit bis ins Weltall reichen, sein Zentralberg würde mit 300 Kilometern Höhe beinahe die ISS berühren. Durch Herrschel kann man beim Blick auf Mimas eigentlich gar nicht anders, als an den Todesstern aus Star Wars zu denken – dieser trat jedoch bereits vor der Entdeckung von Herrschel das erste Mal auf.

8. Schäfermonde halten die Saturnringe stabil.

Unter Schäfermonden kann man sich vielleicht wenig vorstellen, ich habe hier bereits etwas mehr darüber geschrieben. Schäfermonde haben ihren Namen, weil sie die Partikel der Ringe auf ihren Bahnen halten wie ein Schäferhund eine Schafherde. Dies funktioniert, indem der Mond den Partikeln entweder Bahnenergie entzieht und sie somit nach Innen gezogen werden oder ihnen Bahnenergie verleiht und sie nach Außen schleudert. Dadurch entsteht eine Lücke zwischen zwei Ringen. Cassini konnte zahlreiche solcher Schäfermonde ausmachen, auch der von ihr entdeckte Daphnis ist einer.

Die auffälligste und bekannteste Lücke zwischen den Ringen ist die sogenannte Cassinische Teilung. Sie ist allerdings nicht nach der Raumsonde Cassini benannt, sondern nach dem Astronomen Giovanni Cassini, der sie 11.675 HE entdeckte und nach dem auch die Sonde benannt ist.

9. Tethys und Dione sind geologisch aktiv.

12.007 HE fand Cassini heraus, dass die Saturnmonde Tethys und Dione eine geologische Aktivität aufweisen müssen, vorher dachte man stets, sie seinen lediglich tote Kugeln aus Eis. Cassini ermittelte dies, indem sie große Mengen an Gasen in den Ringen Saturns zurückverfolgte. Die Ursprünge dieser Gase mussten Tethys und Dione sein, dementsprechend muss dort eine Form geologischer Aktivität vorliegen, eventuell gibt es dort sogar Vulkane.

Auch hier ist es nicht klar, wie es zu dieser Aktivität kommt, denn beide Himmelskörper sind verhältnismäßig klein, bei Tethys ist es nicht einmal sicher, ob er ein differenzierter Himmelskörper ist, also aus einer Kruste, einem Mantel und einem Kern besteht. Gezeitenkräfte sind auch hier eine Möglichkeit.

10. Auf dem Titan gibt es Seen, Flüsse, Regen und Eisberge.

Die wohl bahnbrechendste Entdeckung jedoch machte nicht Cassini selbst, sondern der kleine Lander Huygens, der an Bord und für eine Landung auf dem größten Saturnmond Titan ausgelegt war. So oder so war es ein bemerkenswertes Vorhaben. Noch nie zuvor ist man auf dem Mond eines fremden Himmelskörpers gelandet und noch nie zuvor gab es eine Landung in so großer Entfernung zur Sonne. Doch als Huygens in die Atmosphäre des Titan eintauchte, trauten die Forscher ihren Augen nicht: Titan ist eine erdähnliche Welt, es gibt hunderte Kilometer große Seen, Flüsse, Regen, Schnee, Eisberge, Karstlandschaften, Höhlen und sogar Blasenteppiche. Aufgrund der geringen Temperaturen können diese Phänomene allerdings nicht aus Wasser bestehen, denn das ist bei diesen Temperaturen fest.

Cassini-Aufnahme von einem See Titans
Huygens-Aufnahme der Küste eines Methansees auf dem Titan

Methan, das auf der Erde gasförmig ist, geht bei diesen Temperaturen jedoch in den flüssigen Zustand über. Daher besteht der Flüssigkeitskreislauf des Titans aus Methan, statt aus Wasser. Diese fremdartige Chemie könnte vollkommen seltsame Lebensformen ermöglichen.

Es gäbe noch so viel mehr über den Saturn, die Cassini-Mission und den Titan zu erzählen, doch für diese Übersicht genügt das. Klar ist, dass Cassini unglaublich erfolgreich war – so erfolgreich, dass die NASA längst eine Nachfolgemission auf den Weg gebracht hat. Dragonfly ist eine Drohne, die Titan ab 12.034 HE fliegend erforschen und auch nach Vorstufen von Leben in den Methanmeeren suchen soll. Und wenn wir uns heute vorerst vom Saturn verabschieden, dann tun wir das in der Gewissheit, dass wir bald wiederkommen werden.

 

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