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Die meisten bisher entdeckten Planeten befinden sich in unserer direkten kosmischen Nachbarschaft. Einige wenige entdeckte Planeten befinden sich auch in den entfernten Gegenden unserer Galaxis, doch außerhalb der Milchstraße lassen Planetenfunde bisher auf sich warten. Das könnte sich nun geändert haben.
Grundsätzlich gibt es natürlich keine Gründe, wieso Planeten in anderen Galaxien, sogenannte extragalaktische Planeten, nicht existieren sollten. Doch die Entdeckung solcher hielt man lange für unmöglich. Die Distanzen zwischen den Sternen einer Galaxie sind schon unvorstellbar hoch, doch zwischen den Galaxien liegt noch viel, viel mehr eigentlich komplett leerer Raum, das sogenannte intergalaktische Medium.
Die nächste richtig große Galaxie ist die Andromeda-Galaxie, sie ist das entfernteste Objekt, das wir mit bloßem Auge am Nachthimmel sehen können. Doch sie ist ganze 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt, mit normalen Methoden kann man Planeten dort oder sogar in noch weiter entfernten Galaxien nicht entdecken.
Extragalaktische Planeten – Kosmische Glücksfälle
Dennoch gelangen in den letzten Jahren mehrere Entdeckungen, die zumindest in diese Richtung gehen. Schon 11.995 HE las man in den Medien von der Entdeckung eines extragalaktischen Planeten, doch hier handelte es sich lediglich um ein Missverständnis. Die Beobachtungen ließen sich zwar auch durch mehrere Körper der insgesamt dreifachen Erdmasse erklären, in der Originalveröffentlichung war jedoch nie von Planeten die Rede, geschweige denn von einer Entdeckung.
12.009 HE gab es jedoch tatsächlich Anzeichen für die Entdeckung eines Planeten mit ungefähr sechs bis sieben Jupitermassen in der Andromeda-Galaxie. Sicher bestätigt werden konnte er jedoch nicht. Zudem vermutet man beim heute „nur“ etwa 2.000 Lichtjahre entfernten Exoplaneten HIP 13044 b eine extragalaktische Herkunft aus einer von der Milchstraße verschlungenen Zwerggalaxie. Der Planet konnte jedoch bei weiteren Beobachtungen des Sterns nicht mehr bestätigt werden, sodass er vielleicht gar nicht existiert.
Entdeckung mit Gravitationslinseneffekt
Nun schob sich zufällig eine massereiche Galaxie zwischen die Erde und den Quasar RX J1131-1231. Quasare sind aktive Galaxienkerne, also Schwarze Löcher, in deren Umgebung enorme Strahlenmengen emittiert werden. Die Entfernung der Galaxie zur Erde beträgt ganze 3,8 Milliarden Lichtjahre! Durch ihre starke Gravitationskraft lenkte die Galaxie gemäß Einsteins Relativitätstheorie das Licht des Quasars ab, es folgte der gekrümmten Raumzeit, sodass wir den dahinter liegenden Quasar auf der Erde vierfach sehen konnten. Dieses Phänomen nennt man Gravitationslinseneffekt – die Galaxie wirkt durch ihre Gravitation wie eine gigantische Linse.
Das Röntgenteleskop Chandra fand verdächtige Spuren in der sogenannten Eisen-K-Linie des Quasars, bestimmte Wellenlängen des Lichtes konnten also nicht „passieren“, weil sie vermutlich durch Objekte in der Galaxie geschluckt wurden. Das klingt nach Planeten!
Vagabundenplaneten
Man vermutet etwa 2.000 Objekte zwischen der Masse des Mondes und des Jupiters – und zwar pro Hauptreihenstern in der Galaxie! Diese Planeten umkreisen keinen Stern, sondern bewegen sich als Planemos frei durchs All. Diese neue Kategorie umfasst alle Objekte planetarer Masse, die keinen Stern umkreisen und daher gemäß Definition offiziell nicht zu den Planeten zählen. Vermutlich waren sie aber früher mal solche und wurden durch eine Verkettung unglücklicher Umstände aus ihrem Sternsystem geschleudert. Man nennt sie daher auch Waisenplaneten.
Es gibt in dieser Galaxie also viel mehr Waisenplaneten ohne Stern als Sterne selber – in der Milchstraße vermutlich auch! Sollte sich diese Entdeckung bestätigen, wären das also nicht nur extragalaktische Planeten, sondern auch auf einen Schlag mehr Planeten als jemals zuvor entdeckt wurden, darunter vermutlich kleine Gesteinsplaneten. Alle zuvor entdeckten Waisenplaneten waren Gasriesen.
200 der in der Galaxie vermuteten Objekte hätten aber mindestens die Größe des Mars – das wären ohne Zweifel Gesteinsplaneten.
Wie unwichtig wir sind
Natürlich vermutet man schon seit langer Zeit, dass es extragalaktische Planeten gibt, schließlich sind die Bedingungen in anderen Galaxien nicht wesentlich anders als hier, sodass grundlegende Prozesse ähnlich ablaufen sollten.
Doch eine finale Bestätigung für extragalaktische Planeten würde auch unser Weltbild erweitern. Die Entdeckung, dass es extragalaktische Planeten gibt, hat schließlich auch eine philosophische Seite. Je mehr wir das Universum erforschen, desto unbedeutender wird unsere Rolle in ihm. Von der Erkenntnis, dass die Erde nicht der Mittelpunkt des Universums ist, über die Einsicht, dass unsere Sonne nur ein normaler Stern ist und dass auch andere Sterne Planeten haben sind wir nun zu dem Schluss gekommen, dass auch unsere Galaxie nicht weiter besonders ist.
Wir sind nur ein x-beliebiger Planet, der um einen x-beliebigen Stern in einer x-beliebigen Galaxie kreist, mehr nicht. Und wenn auch andere Galaxien Planeten haben, von denen es im Universum übrigens mindestens zwei Billionen gibt, dann bedeutet das wohl auch, dass es in unserem Universum deutlich mehr bewohnte Planeten – und, bereits bei einer winzigen Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von Intelligenz pro Planet, auch zahlreiche intelligente Zivilisationen gibt.
Doch noch ist Vorsicht geboten, es könnte sich theoretisch auch um andere Himmelskörper handeln, etwa um Braune Zwerge, eine Zwischenstufe zwischen Stern und Planet. Das wäre auch cool, aber eben nicht ganz so cool wie extragalaktische Planeten. Von einer wirklichen „Entdeckung“ kann also noch keine Rede sein.
Zukünftige Entdeckungen extragalaktischer Planeten
Noch wird die Entdeckung von Planeten außerhalb der Milchstraße eine Ausnahme bleiben, wenn sie denn überhaupt gelingt, denn wir sind auf solch kosmische Glücksfälle wie den Gravitationslinseneffekt angewiesen. Doch schon in wenigen Jahren könnten wir uns im großen Stil auf die Suche nach Planeten jenseits unserer Galaxis machen.
So könnte man etwa auch Gravitationswellen suchen, das sind durch die Gravitation verursachte Erschütterungen der Raumzeit, die 12.015 HE das erste Mal detektiert wurden. Dafür würde man allerdings ein eigenes Observatorium für Gravitationswellen benötigen, und zwar im Weltraum stationiert.
Zum Glück ist so etwas geplant, und zwar von der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA. Der Gravitationswellendetektor LISA soll aus drei Satelliten bestehen, die ein Dreieck mit einer Seitenlänge von 2,5 Millionen Kilometer bilden. Es könnte 12.034 HE starten und in der Lage sein, extragalaktische Planeten ab 50 Erdmassen in den benachbarten Magellanschen Wolken zu entdecken. Am günstigsten wären Planeten um weiße Zwerge, kleine ausgebrannte Sternleichen. Umkreisen sie den weißen Zwerg nur nah genug, wären lebensfreundliche Temperaturen möglich.
Als Einstein den Gravitationslinseneffekt vorhersagte, merkte er pessimistisch an, man werde ihn vermutlich nie beobachten können und heute nutzen wir ihn, um Planeten von der Größe des Mondes in fernen Galaxien zu entdecken – was für eine Zeit zu leben!