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Ist die JUICE-Mission ein Wendepunkt bei der Suche nach außerirdischem Leben?

Ganymed-Orbiter, JUICE

Am 13. April 2023 startet die europäische Weltraumorganisation ESA ihre Mission JUICE. Die Abkürzung steht für „Jupiter Icy Moons Explorer“ und ihr Ziel ist eines der vielversprechendsten Habitate für potentielles außerirdisches Leben: Die eisigen Monde des Riesenplaneten Jupiter. Die lebensfreundlichste Heimat wäre sicherlich Europa, doch gerade auf diesen Mond wird JUICE nur einen kurzen Blick werfen können. Selbst wenn dort Leben existiert, wäre JUICE dann überhaupt in der Lage, es zu finden?

Jupiter, der größte Planet unseres Sonnensystems, ist von zahlreichen Monden umgeben, von denen vier besonders interessant sind: Io, Europa, Ganymed und Kallisto. Im Fokus der JUICE-Mission stehen die drei letzteren, denn sie sind eisige Monde, die vermutlich subglaziale Ozeane unter ihrer Oberfläche haben.

Die eisigen Monde von Jupiter

Eine Mission zum Planeten Jupiter ist grundsätzlich nicht einfach. Das liegt vor allem an seinem Strahlungsgürtel, denn Jupiters starkes Magnetfeld zwingt Elektronen in einem Gürtel rund um den Planeten auf Spiralbahnen, was die härteste ionisierende Strahlung im ganzen Sonnensystem erzeugt.

Europa – Ein Kandidat für außerirdisches Leben

Querschnitt durch den Jupitermond Europa, Astrobiologie, JUICE
So sieht es wohl unter der eisigen Oberfläche des Jupitermonds Europa aus.

Europa ist der kleinste der drei Monde, die von JUICE untersucht werden. Er ist aber auch der vielversprechendste Kandidat für Leben außerhalb der Erde. Unter seiner Eiskruste verbirgt sich ein subglazialer Ozean, der vermutlich mehr als doppelt so viel Wasser enthält wie alle Ozeane auf der Erde zusammen. Dieser Ozean ist von einer kilometerdicken Eisschicht bedeckt, aber es gibt Hinweise darauf, dass es an einigen Stellen bis zu flüssigem Wasser an der Oberfläche kommen könnte. Diese Gegebenheiten machen Europa zu einem potenziellen Ort für Leben.

Besonders spannend: Der hochenergetische Teilchenschauer, der Europas Oberfläche trifft, könnten dort durch Abspaltung Sauerstoff produzieren. Die Oberfläche Europas zeigt, dass sie ständig erneuert wird und somit tektonisch aktiv ist. Dies bedeutet, dass der Sauerstoff von der Eiskruste ins Innere Europas, in den subglazialen Ozean transportiert werden könnte, sodass dieser hundertmal sauerstoffreicher sein könnte als zunächst vermutet.

Nach wenigen Millionen Jahren wäre sogar ein irdisches Niveau erreicht. Insgesamt würde der Sauerstoff in Europas Ozean dann genügen, um eine Biosphäre mit einer Biomasse von insgesamt drei Milliarden Kilogramm zu unterhalten. Das bedeutet, nicht nur Bakterien und andere Einzeller könnten in Europas Ozean leben, sondern auch große, mehrzellige Organismen, eventuell gar Fische.

Ganymed und Kallisto – Ziele für geologische Studien

Ganymed und Kallisto sind die größten Monde des Jupitersystems und haben ebenfalls vermutlich subglaziale Ozeane. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Leben auf diesen beiden Monden entwickelt hat, deutlich geringer als auf Europa, da die Eiskruste dicker ist und wir keine Hinweise auf energiespendende hydrothermale Quellen kennen, wie auf Europa. Auf der Erde waren diese Habitate vermutlich entscheidend für die Entstehung von Leben.

Ganymed und Kallisto sind hingegen interessant für geologische Studien. Ganymed besitzt beispielsweise einen starken Magnetfeld, während Kallisto durch Einschläge von Asteroiden geprägt wurde und dadurch Einblicke in die Frühzeit unseres Sonnensystems geben kann.

Und Kallisto hat eine weitere Besonderheit: Als einziger der erforschten Monde liegt sie außerhalb des starken Strahlungsgürtels. Das könnte sie in ferner Zukunft zu einem interessanten Zufluchtsort für Menschen im äußeren Sonnensystem machen, die dort vor der Strahlung sicher wären. Auch das Vorkommen von Wassereis und die fehlenden tektonischen Aktivitäten sind dafür vorteilhaft. Eine Studie der NASA namens Revolutionary Concepts for Human Outer Planet Exploration kam zum Schluss, dass solche Missionen ab dem Jahr 12.045 HE möglich seien – unter der Voraussetzung, dass ab etwa 12.025 HE mit einer intensiven robotischen Erforschung der Kallisto begonnen wird.

Die Suche nach subglazialen Ozeanen und Leben

Einer der Hauptgründe für die JUICE-Mission ist die Suche nach subglazialen Ozeanen und der Möglichkeit von Leben auf den Eismonden. Die Raumsonde wird mit verschiedenen wissenschaftlichen Instrumenten ausgestattet sein, um diese Suche durchzuführen.

Die wissenschaftlichen Instrumente der JUICE-Mission

Die JUICE-Raumsonde wird mit einer Vielzahl von Instrumenten ausgestattet sein, um das Jupitersystem und seine Monde zu untersuchen. Dazu gehören unter anderem:

  • Ein Radar-System, um die Struktur der Eisoberflächen zu kartieren und nach Anzeichen für subglaziale Ozeane zu suchen.
  • Ein Magnetometer, um das Magnetfeld des Jupiters und seiner Monde zu messen und zu verstehen.
  • Ein Instrument zur Bestimmung der Oberflächenzusammensetzung durch Spektroskopie.
  • Ein Instrument zur Messung von Atmosphärenkomponenten und -eigenschaften.
  • Ein Instrument zur Untersuchung von Plasma- und Magnetfeldern.

Mit Hilfe dieser Instrumente wird die JUICE-Mission versuchen, subglaziale Ozeane und andere Merkmale auf den Eismonden von Jupiter zu identifizieren, die auf das Vorhandensein von Leben hinweisen könnten.

Die JUICE-Mission wird von einer Ariane-5-Rakete vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guyana gestartet. Die Raumsonde wird voraussichtlich im Jahr 12.030 HE in das Jupitersystem eintreten und dort mindestens drei Jahre lang arbeiten. Während dieser Zeit wird die Sonde zahlreiche Vorbeiflüge an den eisigen Monden von Jupiter durchführen, um sie aus der Nähe zu untersuchen.

Unterwegs soll JUICE zudem die Venus passieren und mit ihren Instrumenten eine seit Jahren diskutierte Frage endgültig klären: Enthält die Venus-Atmosphäre wirklich den Stoff Phosphin, ein mögliches Stoffwechselprodukt außerirdischer Lebensformen?

Missionsziele der JUICE-Mission

Die JUICE-Mission hat mehrere wissenschaftliche Ziele, darunter:

  • Die Bewertung der Lebensfreundlichkeit von Jupiters Eismonden
  • Die Untersuchung der subglazialen Ozeane und anderer geologischer Merkmale auf den eisigen Monden von Jupiter.
  • Die Untersuchung der Atmosphären und Magnetfelder von Jupiter und seinen Monden.
  • Die Identifizierung von möglichen Standorten für zukünftige Landemissionen.

Doch kann JUICE diese Ziele auch erfüllen? Zumindest in Bezug auf die Entdeckung außerirdischen Lebens sind Zweifel angemessen. Denn der interessanteste Kandidat, Europa, liegt mitten innerhalb des Strahlungsgürtels und obwohl die Sonde mit einem Gehäuse aus Blei ausgestattet ist, um die wissenschaftlichen Instrumente zu schützen, kann sie diese Strahlungsintensität nicht lang genug tolerieren, um den Mond präziser zu erforschen. Zum Vergleich: Einen Menschen würde die Strahlung an Europas Oberfläche innerhalb eines Tages töten.

Noch schlimmer macht es der nahe vulkanisch aktive Mond Io, der in gigantischen Eruptionen Partikel bis ins All schleudert, die ebenfalls von Jupiters Mond eingefangen werden. Die Strahlungsintensität erhöht sich dadurch auf jene, die im Epizentrum einer Atombombenexplosion herrscht. Eine Raumsonde wie JUICE könnte es maximal einige Monate schaffen, denn auch die Energieversorgung über Solarzellen, in einer so großen Entfernung von der Sonne sowieso problematisch, wird erschwert. Die Strahlung beschädigt die Solarzellen, wodurch ihre Leistungsfähigkeit schnell sinken wird und im Gegensatz zu den wissenschaftlichen Instrumenten sind die Solarzellen nicht geschützt.

Jupitermond Kallisto, JUICE
Inaktiv und vermutlich tot, dafür aber außerhalb das Strahlungsgürtels und eine geologische Schatztruhe: Der Jupitermond Kallisto.

Aus diesem Grund wird Europa nur im Vorbeiflug passiert und am Ende der Mission, etwa um das Jahr 12.034 HE, stattdessen Kallisto umkreist, sodass hier die Chance für genauere Untersuchungen aus dem Orbit besteht. Damit wird zum ersten Mond eines anderen Planeten, der von einer Raumsonde umkreist wird. Doch auf die Entdeckung von Leben werden wir wohl noch länger warten müssen.

„Für JUICE sehe ich keine Chance, Leben nachzuweisen. (.. .) Aber natürlich ist die Mission wichtig, um Landestellen für spätere Raumfahrzeuge auszukundschaften.“

Hauke Hussmann, Physiker

Selbst wenn aber im subglazialen Ozean der Europa Leben existiert, könnte es also gut sein, dass JUICE es einfach übersieht. Lediglich falls biologisch relevante Moleküle wie Stoffwechselprodukte durch Geysire nach Außen befördert werden, besteht eine geringe Chance, dass JUICE sie nachweisen könnte. Im Fall von Europa wäre das eine Möglichkeit, doch für Ganymed ist nicht einmal klar, ob solche Geysire existieren, geschweige denn, ob sie mit einem subglazialen Ozean in Verbindung stehen. Immerhin das könnte JUICE herausfinden.

Für die Entdeckung von Leben müsste dann in fernerer Zukunft eine resistentere Raumsonde aufbrechen, die eventuell sogar auf der Oberfläche der Europa landen oder gar die Eiskruste durchbrechen und in den Ozean eindringen könnte.

Ausblick – Die Suche nach außerirdischem Leben

Auch die vermutlich bald folgende Mission Europa Clipper der NASA kann dies nicht leisten, sie sieht sich mit denselben Schwierigkeiten konfrontiert wie JUICE und kann Europa daher nicht dauerhaft umkreisen. Um dies zu ermöglichen, bräuchte es einen noch stärkeren und damit auch schwereren Strahlenschutz und größere Solarpanele. Dies wiederum erschwert es, die Raumsonde überhaupt von der Erde aus zu starten. Doch mit der neuen Schwerlastrakete SLS rückt dies in den Bereich des Möglichen. Zudem müsste eine Landeeinheit vollkommen steril sein, um keine Gefahr für mögliches außerirdisches Lebens darzustellen.

Die JUICE-Mission fungiert insofern vorbereitend für eine solche Landung, dass mögliche Landeplätze identifiziert werden können. Es ist nämlich gut möglich, dass Europas Oberfläche durch die tektonische Aktivität bedeckt von scharfen Kanten und Spitzen aus Eis ist. Ihre Technik ebnet zudem auch den Weg für weitere Missionen tief ins äußere Sonnensystemen, etwa den geplanten Orbiter für den Planeten Uranaus.

Auch wenn JUICE selbst also vermutlich nicht in der Lage ist, Leben zu finden, in etwa einem Jahrzehnt können wir uns auf einen sprunghaften Anstieg unseres Wissens über Jupiter und seine Monde freuen: Zur Raumsonde Juno, die den Jupiter schon aktuell umkreist, kommen dann JUICE und Europa Clipper mit einer neuen Generation wissenschaftlicher Instrumente. Noch nie in der Raumfahrtgeschichte wurde Jupiter derart intensiv erforscht. Und noch nie standen die Chancen besser, geeignete Orte für die Existenz außerirdischen Lebens zu finden.

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