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Mars Sample Return und die Angst vor den Viren aus dem All

Mars Sample Return Missionskonzept

Wenn man den Mars erforschen möchte, dann gibt es ganz unterschiedliche Wege, das zu tun. Man kann Simulationen und Berechnungen durchführen, ihn mit Teleskopen beobachten, mit einer Raumsonde an ihm vorbeifliegen, in einen Orbit eintreten, dort landen, seine Oberfläche mit Rovern befahren oder sogar mit einem Helikopter überfliegen. Das interessanteste und ambitionierteste Konzept ist jedoch Mars Sample Return, nun soll es womöglich endlich umgesetzt werden.

Was bedeutet Mars Sample Return?

Bei einer Sample Return Mission fliegt eine Sonde zu einem Himmelskörper, meist dem Mond oder einem Asteroiden. Dort landet sie oder nähert sich der Oberfläche bis auf wenige Meter an und sammelt robotisch Proben ein. Dann startet die Sonde wieder, bringt die Proben in einer Kapsel unter, die dann in die Erdatmosphäre eintritt.

Diese Proben können dann von Wissenschaftler*innen auf der Erde in Labors detailliert untersucht werden, viel detaillierter als in den mobilen Labors der Raumsonden. Bisher gab es Sample Return Missionen zum Mond, zu Asteroiden und in den interplanetaren Raum, von wo Partikel des Sonnenwindes zurückgebracht wurden.

Es gibt hingegen Ideen für künftige Sample Return Missionen zu Kometen und zum Marsmond Phobos. Und es gibt eben auch ein Konzept für die Rückführung von Proben von Mars, das heißt dann Mars Sample Return.

Frühere Konzepte

Eine solche Mission unterscheidet sich jedoch in verschiedenster Hinsicht von bisherigen Sample Return Missionen. Der Mars ist sehr weit weg, man kann also nicht genug Treibstoff mitführen, um eine Sonde im Alleingang zum Mars zu schicken und wieder zu starten. Zudem ist die Anziehungskraft des Mars deutlich höher als die des Mondes oder gar eines Asteroiden, was den Rückstart zur Erde erschwert.

Zu Zeit der Sowjetunion gab es bereits die Idee einer Mars Sample Return Mission, die geplante Mondrakete N1 wäre in der Lage gewesen, so viel Nutzlast zu transportieren, dass die Sonde hin- und zurückfliegen könnte. Der Erfolg blieb überschaubar: vier Flüge, vier Fehlstarts. Auch Russlands Versuch, Proben vom Marsmond Phobos zur Erde zu bringen, scheiterte.

Die ersten richtigen Sample Return Missionen waren tatsächlich die Apollo-Flüge, wo man Mondgestein zur Erde gebracht hat, erste robotische Erfolge konnten im Rahmen des Luna-Programms erzielt werden. Später brachten Stardust und Genesis Partikel aus dem interplanetaren Raum (Stardust sogar aus der Koma eines Kometen) und Hayabusa Proben von einem Asteroiden zur Erde. Derzeit laufend sind Hayabusa 2 und OSIRIS-REx, eine chinesische Sample Return Mission zum Mond ist geplant. Doch auch die Idee einer Mars Sample Return Mission lebt.

Der aktuelle Plan

Derzeit gibt es verschiedene Planungen für eine Mars Sample Return Mission, etwa in China, in Russland und natürlich auch bei der NASA. Ursprünglich war dies im Rahmen der ExoMars-Mission der NASA und der europäischen Raumfahrtorganisation ESA geplant, die NASA sollte den Mars Astrobiology Explorer-Cacher bauen, der die Proben zu dem Startpunkt in den Marsorbit bringt. Doch hier stieg die NASA aus, aktuell sieht der Plan wie folgt aus:

1.Marsrover Perseverance

Der erste Schritt von Mars Sample Return wird noch 12.020 HE starten, nämlich die Mars 2020 Mission, über die ich hier detailliert geschrieben habe. Diese soll das erste Fluggerät auf einem fremden Planeten, den Mars Helicopter Scout und einen neuen großen Marsrover, Perserverance, auf dem Roten Planeten absetzen. Dieser Marsrover wird im Jezero-Krater landen, einem ehemaligen Kratersee, in dem man sich Reste von Wasser oder Leben erhofft.

Mars Sample Return, Perseverance Rover
Der Marsrover Perseverance hinterlässt Proben mit Marsgestein.

Dort wird Perseverance mit einem Bohrer Gesteinsproben aus dem Marsboden entnehmen und freilegen. Dann fährt er weiter und die Proben bleiben erstmal im Jezero-Krater liegen.

2.Sample Fetch Rover

Etwa fünf Jahre später soll ein weiterer kleiner Rover der ESA im Jezero-Krater landen, zu den Proben fahren und sie robotisch einsammeln. Anschließend wird der Rover den Ausgrabungsort der Marsproben wieder verlassen und weiter rollen.

Technische Details zum Sample Fetch Rover sind noch kaum bekannt, klar ist nur, dass es sich um einen kleinen Rover handeln soll, der vermutlich durch Solarzellen Energie generiert und die europäische Raumfahrtorganisation ESA für ihn zuständig ist. Er könnte in etwa dem Marsrover Opportunity ähneln.

3.Mars Sample Retrieval Lander

Noch im selben Jahr soll auch ein Lander der NASA namens Mars Sample Retrieval Lander in der Nähe des Jezero-Kraters landen. Genau diesen Lander wird der Sample Fetch Rover ansteuern. 12.028 HE wird der Sample Fetch Rover den Landeplatz des Mars Sample Retrieval Landers erreichen.

Der Rover wird dem Lander die Kapsel mit den Proben übergeben, dann wird das Mars Ascent Vehicle von dort aus in den Marsorbit geschossen – enthalten darin sind die Bodenproben aus dem Jezero-Krater. Sie sind hermetisch abgeriegelt, um nicht mit irdischen Bakterien verseucht zu werden, denn das würde die Proben verfälschen und die Suche nach Außerirdischen zerstören.

Vermutlich wird der Sample Fetch Rover sogar mit dem Mars Sample Retrieval Lander starten und sich erst auf der Marsoberfläche trennen.

4.Earth Return Orbiter

Im letzten Schritt der Mars Sample Return Mission übernehmen wieder die Europäer. Das Mars Ascent Vehicle samt der Proben wird so gestartet, dass es im Orbit des Mars auf den Earth Return Orbiter trifft. Das wird nicht einfach, schließlich ist das Mars Ascent Vehicle nur so groß wie ein Basketball und legt mehrere Kilometer pro Sekunde zurück. Diese Kapsel muss im Orbit aufgefangen werden.

Mars Sample Return, Kapsel im Marsorbit
Die Kapsel mit den Marsproben im Orbit des Roten Planeten

Dann verlässt der Orbiter den Mars wieder und begibt sich auf den Rückweg zur Erde, wo er 12.031 HE ankommt – zehn Jahre nach der Landung von Perseverance im Jezero-Krater. Die Proben werden in einer Kapsel auf die Erde niedergehen und geborgen. Anschließend werden sie zur Untersuchung in Labore auf der ganzen Welt geschickt.

Anschließend könnten weitere Mars Sample Return Missionen starten, China zieht seine Mission etwa schon für 2029 in Betracht, aber dann wird es auch nicht mehr lange sein, bis Menschen auf dem Mars landen – das soll in den frühen 2030ern passieren.

Mit welchen Raketen die Orbiter und Lander starten, ist noch ungewiss, sollte es rechtzeitig fertig werden, könnte es das neue Space Launch System werden oder aber eine kommerziell entwickelte Rakete.

Wissenschaftliche Ziele

Im Fokus steht bei einer Mars Sample Return Mission natürlich die Wissenschaft. Mittlerweile kann immer mehr Technologie miniaturisiert und komprimiert werden, die Marsrover untersuchen Proben beispielsweise direkt in einem internen Mini-Labor. Doch einen Biologen, der sich das Gestein unter dem Mikroskop ansieht, können sie nicht ersetzen, eine echte Chance auf den Fund außerirdischen Lebens haben wir wohl nur durch menschliche Untersuchung.

Die Ziele einer Mars Sample Return sind also primär folgende:

  • Die Suche nach außerirdischem Leben oder Fossilien im Marsgestein
  • Die Entnahme einer Gasprobe der Atmosphäre und die Analyse ihrer Inhaltsstoffe
  • Die Suche nach möglichen Elementen biologischer Herkunft in der Atmosphäre
  • Studie der klimatischen und geologischen Verhältnisse auf dem Mars als Vorbereitung auf eine bemannte Mission

Hier kann natürlich nur ein kleiner Teil des auf dem Mars vorhandenen Gesteins untersucht werden, wohl ungefähr fünf Kilogramm, eine bemannte Mission könnte anschließend deutlich mehr Proben an unterschiedlichen Orten auf dem Mars untersuchen.

Gefahr einer Rückwärts-Kontamination?

Doch es gibt auch Kritik an einer Mars Sample Return Mission, denn sie könnte Gefahren beinhalten. Eindrucksvoll vor Augen führt uns das der SciFi-Horrorfilm Life. Hier werden die Proben einer Mars Sample Return Mission namens Mars Pilgrim 7 Mission zur Untersuchung vorsichtshalber zunächst auf die Internationale Raumstation ISS gebracht, was dem Seuchenschutz dient.

Bei der Untersuchung im Weltraum finden die Astronauten tatsächlich ein außerirdisches Fossil, welches nach der Verabreichung von Glucose und einem Luftgemisch reanimiert wird. Bald entwickelt es sich rasend schnell und scheint sogar intelligent und gefährlich zu sein. Der Versuch, den Organismus zu eliminieren, scheitert und zum Schluss gelingt es ihm sogar, auf die Erde zu kommen.

Das ist so in dieser Form natürlich extrem unwahrscheinlich, eigentlich unmöglich, doch die Idee ist durchaus relevant und gefährlich. Der Transport großer Mengen Material zwischen den Planeten mit einer verhältnismäßig kurzen Flugzeit und einer sanften Landung ist eigentlich nicht vorgesehen.

Schicken wir Raumsonden zu Himmelskörpern, die womöglich bewohnt sind, könnten wir durch nicht sterile Raumsonden irdische Mikroben einschleppen. Die Außerirdischen wären gegen sie völlig wehrlos, sie wären genetisch vermutlich ganz anders beschaffen und vollkommen isoliert, sodass sie wohl verdrängt und ausgerottet würden – man spricht von Vorwärts-Kontamination.

Um das zu vermeiden, unterliegen Raumsonden, die zu möglicherweise bewohnten Zielen wie dem Mars oder dem Jupitermond Europa fliegen, strengsten Hygieneauflagen. Das Gegenteil, also die Verseuchung der Erde durch außerirdische Mikroben, wäre eine Rückwärts-Kontamination wie sie bei einer Mars Sample Return Mission vorkommen könnte.

Das wäre wirklich fatal, außerirdische Mikroben könnten eine Pandemie nie dagewesenen Ausmaßes verursachen, die Entwicklung eines Impfstoffes oder gar das Erzeugen von Antikörpern wäre unmöglich, da die Erreger einen ganz anderen genetischen Grundaufbau hätten. Selbst die Apollo-Astronauten mussten zur Sicherheit erstmal in Quarantäne, da man außerirdisches Leben auf dem Mond damals zumindest noch nicht völlig ausschließen konnte.

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Vorsichtsmaßnahmen dagegen werden als Planetarer Schutz bezeichnet, man teilt die Missionen hier häufig in fünf Kategorien ein:

  • Kategorie I: Keine Gefahr, das Ziel ist definitiv unbewohnt, etwa die Sonne oder der Merkur.
  • Kategorie II: Sorgfältige Dokumentierung, Leben sehr unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen, etwa bei Missionen zur Venus oder zum Mond.
  • Kategorie III: Mission zu potentiell bewohntem Ziel, sorgfältige Auswahl des Einschlagsorts, Beobachtung und Dokumentierung des Einschlags.
  • Kategorie IV: Landung auf potentiell bewohntem Ziel, sorgfältige Sterilisierung der gesamten Landeeinheit.
  • Kategorie V: Rückführung von Proben von potentiell bewohntem Ziel auf die Erde, alle Objekte, die mit der Sonde in Kontakt kommen, müssen sterilisiert werden, Untersuchung unter höchsten Hygieneauflagen.

Eine Mars Sample Return Mission wäre die erste Mission der Kategorie V, aber es wäre auch eine der spannendsten Missionen in der Raumfahrtgeschichte. Letztlich wird es auch technologisch die Vorbereitung für eine erste astronautische Mission zum Mars sein und vielleicht werden die Astronaut*innen dann ja auf der Marsoberfläche herumfahren und alte Raumfahrzeuge bergen – auch die Überreste von Mars Sample Return.

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