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Sind Planeten um Rote Zwerge sterilisierte Steinwüsten?

Die Euphorie war groß, als man um unseren Nachbarstern Proxima Centauri einen Planeten in der bewohnbaren Zone fand. Doch mittlerweile werden kritische Stimme laut: Planeten um solche Roten Zwerge könnten eher sterile verstrahlte Steinwüsten sein als zweite Erden.

Rote Zwerge sind sehr kleine und kühle Sterne, die tausende Male schwächer leuchten als die Sonne. Man könnte demnach meinen, die Sterne seinen sehr verträglich für die Entstehung von Leben. Doch dadurch, dass sie so klein sind, müssen Planeten sehr nah um den Stern kreisen, um flüssiges Wasser zu ermöglichen, viel näher als der Merkur um unseren Stern kreist. Das führt dazu, dass sich die Rotationsperiode des Planeten um sich selbst mit der um den Stern angleicht, man spricht von einer gebundenen Rotation.

Ewiger Tag und ewige Nacht

Das ist vergleichbar mit der Rotation des Mondes um die Erde. Der Mond benötigt für eine Umrundung der Erde genauso lange wie für eine Rotation um sich selbst, nämlich 27,3 Tage. Das führt auch dazu, dass der Mond uns immer dieselbe Seite zeigt.

Und genau so zeigen auch Planeten, die Rote Zwerge in großer Nähe umkreisen, ihrem Stern stets dieselbe Seite. Das führt dazu, dass auf der einen Seite des Planeten ewiger Tag herrscht und die Sonnenstrahlung ununterbrochen die Oberfläche verbrutzelt. Die andere Seite jedoch sieht niemals einen Sonnenstrahl.

Das ist natürlich ein Problem, denn dadurch wäre es auf der einen Seite zu heiß und auf der anderen Seite zu kalt für flüssiges Wasser. Nur in einer kleinen Dämmerzone würden milde Temperaturen herrschen, nur hier könnte es Leben geben. Das ist zwar auch eine faszinierende Vorstellung, schränkt die Lebensfreundlichkeit Roter Zwerge aber dennoch massiv ein.

Ein Hoffnungsschimmer sind lediglich Simulationen, die zeigen, dass eine große Atmosphäre die Wärme durch Winde so verteilen könnten, dass eine relativ einheitliche Temperatur entsteht. Dennoch gäbe es in der Dämmerzone sicherlich riesige Stürme, wo kalte und warme Luft aufeinander treffen.

Wenn Sterne Wutausbrüche haben…

Doch ein anderes Problem könnte schwieriger werden. Rote Zwerge sind die langlebigsten Sterne überhaupt, sie können viel länger leben als das Universum bisher alt ist. Das ist natürlich in erster Linie positiv, denn Lebewesen haben dadurch viel mehr Zeit, sich zu entwickeln.

Doch die Langlebigkeit liegt daran, dass die sogenannte Konvektionszone, also die Zone, in der Wasserstoff durch Plasmaströme gleichmäßig verteilt wird, fast den gesamten Stern umfasst. Daher reichert sich kein Helium im Kern an und fast der gesamte Wasserstoff kann effektiv fusioniert werden.

Doch diese heftige Konvektion hat auch Nachteile, sie erzeugt etwa ein extrem starkes Magnetfeld. Normalerweise sind die Feldlinien geschlossen und schließen das energiereiche Plasma in einer Art Magnetkäfig ein, doch an machen Stellen werden die Linien undurchlässig. Dann entweicht das Plasma in einer riesigen Eruption – die Teils durch das ganze Sonnensystem reichen und potentielle Planeten grillen kann. Planeten um Rote Zwerge könnten demnach verstrahlte Wüstenplaneten sein und eher dem Mars als der Erde gleichen.

Flarestern in unserer Nachbarschaft

Besonders betroffen dürfte leider unser nächster Stern Proxima Centauri sein, er ist ein starker Flarestern. Normalerweise leuchtet er als Roter Zwerg so schwach, dass er hundert Mal heller sein müsste, um auch nur unauffällig mit bloßem Auge sichtbar zu sein.

Doch während des letzten starken Flares war er für einige Minuten von der Erde mit bloßem Auge sichtbar. Im Abstand von einigen Monaten strahlte Proxima Centauri 1.000 Mal mehr Mikrowellenstrahlung ab als normalerweise. Alleine in den letzten zwei Jahren wurden 23 starke Ausbrüche beobachtet, die letzten waren jedoch zehnmal stärker als alle bisher beobachteten.

Rote Zwerge, Exoplanet
So stellen es sich einige Astronom*innen auf dem Exoplaneten Kepler-1649c vor – doch die Ozeane im Hintergrund könnten längst abgetragen sein.

Wäre die Erde anstelle von Proxima Centauri b, glich sie vermutlich einer Strahlenwüste ohne jegliches Leben. In nur fünf Jahren wäre die Ozonschicht weitgehend zerstört, dann würde die Strahlung ungehindert bis zum Boden durchdringen. Nach wenigen hunderttausend Jahren wäre praktisch keine Atmosphäre mehr da. Ist der Planet also ähnlich beschaffen wie die Erde, dürfte er längst keine Atmosphäre mehr haben und dem Mars gleichen. Doch unter besonderen Umständen könnte Proxima Centauri b dennoch bewohnbar sein.

Magnetfeld und Atmosphäre wichtig

Sogenannte Supererden könnten der Strahlenflut widerstehen, denn sie könnten durch ihre größere Masse eine viel dickere Lufthülle haben, welche die Strahlung weitgehend abschirmt. Größere Planeten könnten auch ein stärkeres Magnetfeld erzeugen, das einen zusätzlichen Schutz gewährleisten würde. Und zudem geht man davon aus, dass viele Supererden sogenannte Ozeanplaneten sind, also Planeten, die von einem einzigen globalen Ozean umgeben sind. Dies könnte beispielsweise für einige Planeten um den Roten Zwerg TRAPPIST-1 gelten.

Diese kann man jedoch nicht mit den irdischen Meeren vergleichen, denn auf Ozeanplaneten wären die Ozeane hunderte Kilometer tief und der Druck am Boden so groß, dass exotische Formen von Wasser existieren könnten. Unter hundert Kilometern Wasser, einer dicken Atmosphäre und einem Magnetfeld könnte Leben den Strahlenduschen Roter Zwerge widerstehen. Ich bin mir recht sicher, dass diese Gegebenheiten durchaus an einigen Orten vorhanden sind, in der Milchstraße vielleicht sogar an tausenden. Dennoch wäre es eine große Ernüchterung.

Eine philosophische Frage

Die Frage, ob Rote Zwerge bewohnte Planeten haben könnten ist nämlich keine astronomische Nischenfrage, es ist eine absolut grundlegende philosophische Frage, die unsere Rolle im Universum bestimmt. Denn aufgrund der enormen Langlebigkeit sind fast 80% der Sterne in der Milchstraße Rote Zwerge.

Das bedeutet, wenn Rote Zwerge bewohnbare Planeten haben können, erhöht sich die Anzahl der bewohnbaren Planeten in er Milchstraße drastisch, sie könnte regelrecht einem kosmischen Zoo gleichen. Doch wenn 80% der Sterne auf der Suche nach außerirdischem Leben wegfallen, könnte es tatsächlich sehr selten sein und wir etwas Besonderes.

Für diese Frage ist es völlig egal, ob es ein paar tausend Planeten gibt, die den Strahlen widerstehen, die meisten täten es sicher nicht. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, wir gehen schließlich immer von der Erde aus und die letzten Jahre haben uns gezeigt, dass das meist ein Fehler ist, Exoplaneten sind häufig so seltsam, dass wir sie uns nicht einmal vorstellen können.

Vielleicht sind Supererden mit globalen Ozeanen ja die Norm oder viele Rote Zwerge sind weniger aktiv als wir denken. Und selbst wenn die Strahlenbelastung die Toleranz der widerstandsfähigsten irdischen Lebewesen um das 100-fache übertrifft, wer weiß, ob Leben woanders nicht Wege gefunden hat, sich diesen widrigen Umgebung anzupassen?

Um die Frage zu beantworten, braucht es mehr als Modelle und Simulationen, es braucht Beobachtungen und Messungen an realen Exoplaneten, die Rote Zwerge umkreisen. Wir müssen die Zusammensetzung ihrer Atmosphäre bestimmen, um ihre Habitabilität festzustellen. Noch können wir das in den meisten Fällen nicht, aber die Technologie wird in wenigen Jahren mit dem Start des James Webb Space Telescopes vorhanden sein.

12.021 HE soll es starten und mittels moderner Technologie die Atmosphären fremder Welten erforschen. Dabei kann nicht nur festgestellt werden, ob die Planeten bewohnbar sind, findet man Stoffe, die vor allem durch biologische Aktivitäten entstehen, sogenannte Biomarker, kann man direkt auf Außerirdisches Leben schließen. Dann werden wir auch erforschen können, ob Planeten um Rote Zwerge bewohnbar sein können oder ob sie lediglich lebensfeindliche Wüstenplaneten haben.

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