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Svante Arrhenius

Wenn wir über das Versagen der Menschheit in der Vergangenheit bei der Bewältigung der Klimakatastrophe sprechen, dann tun wir häufig so, als ob wir erst seit kurzem von der drohenden Katastrophe wüssten und jetzt einfach unsere Zeit bräuchten, um unser Verhalten zu ändern. Möchte man dem etwas entgegnen, dann muss man sich mit Svante Arrhenius beschäftigen. Dieser Chemiker und Physiker gilt sagte die menschengemachte Erderwärmung vorher – und zwar im 19. Jahrhundert. In anderer Hinsicht hat er sich jedoch geirrt. Und bis heute ist er Gegenstand einiger unwissenschaftlicher Gerüchte…

Steckbrief: Svante Arrhenius

Vollständiger Name: Svante August Arrhenius

Geboren: 19. Februar 1859 bei Uppsala

Gestorben: 2. Oktober 1927 in Stockholm

Universität: Universität Uppsala; Universität Stockholm

Ehrungen: Nobelpreis für Chemie; Mitglied der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften in Uppsala; Mitglied der Königlichen Physiographischen Gesellschaft in Lund; Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften; Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen; Mitglied der Norwegischen Akademie der Wissenschaften; Mitglied der Königlich Dänischen Akademie der Wissenschaften; Mitglied der Königlichen Wissenschafts- und Literaturgesellschaft in Göteborg; Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaft; Mitglied der National Academy of Sciences; Mitglied der American Philosophical Society; Mitglied der American Academy of Arts an Sciences; Ehrenmitglied des Vereins Schwedischer Ärzte; Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie der Ingenieurswissenschaften; Davy-Medaille; korrespondierendes Mitglied der Académie des sciences; Ehrendoktorwürde der Medizinischen Fakultät der Ruprechts-Karls-Universität Heidelberg; Ehrendoktorwürden der Universitäten in Cambridge, Oxford, Greifswald, Leipzig, Groningen, Edinburgh und Birmingham; Benennung des Marskraters Arrhenius; Benennung des Mondkraters Arrhenius; Benennung des Hauptgürtel-Asteroiden (5697) Arrhenius; Benennung der Arrhenius-Plakette der Schwedischen Chemischen Gesellschaft

Werke: Recherches sur la conductibilité galvanique des électrolytesOn the influence of carbonic acid in the air upon the temperature of the ground.Lärobok i teoretisk elektrokemiLehrbuch der kosmischen Physik; Världarnas utveckling; ImmunochemistryTheories of SolutionsQuantitative Laws in Biological ChemistryKemien och det moderna livetErde und Weltall

Lebenslauf

1859: Geburt auf Gut Wik bei Uppsala

1962: Svante Arrhenius erweist sich als äußerst begabt, schon im Alter von drei Jahren lernte er Lesen.

1876: Ablegung des Abiturs und Beginn eines Studiums der Mathematik und Naturwissenschaften an der Universität Uppsala

1881: Wechsel an die Universität Stockholm

1884: Promotion mit der Doktorarbeit Recherches sur la conductibilité galvanique des électrolytes

1885: Svante Arrhenius geht mit seinem Kollegen Wilhelm Oswald nach Riga

1886: Arbeit mit Friedrich Kohlrausch in Würzburg

1887: Arbeit mit Ludwig Boltzmann in Graz

1888: Arbeit mit Jacobus Henricus van ’t Hoff in Amsterdam und wieder mit Wilhelm Oswald in Leipzig

1891: Annahme einer Stelle als Laborator der Physik an der Universität Stockholm

1896: Svante Arrhenius sagt die menschengemachte Erderwärmung voraus.

1903: Erhalt des Nobelpreises für Chemie

1906: Begründung der Panspermie durch Svante Arrhenius, nach das Leben aus dem Weltall kam und primitive Lebensformen über lange Strecken durchs All reisen

1927: Tod an einer Magen-Darm-Grippe in Stockholm

Zitate

„Wird die mittlere Temperatur des Bodens in irgendeiner Weise durch das Vorhandensein von wärmeabsorbierenden Gasen in der Atmosphäre beeinflusst?“

Svante Arrhenius

„Wir blasen unsere Kohleminen in die Luft… Es wäre leicht möglich, dass diese Veränderung den Planeten derart aufheizt, dass es jenseits aller menschlichen Erfahrung läge.“

Svante Arrhenius

„Die Menschheit steht vor dem großen Problem, neue Rohstoffe und neue Energiequellen zu finden, die niemals erschöpft sein werden. In der Zwischenzeit dürfen wir das, was wir haben, nicht verschwenden, sondern müssen den kommenden Generationen so viel wie möglich hinterlassen.“

Svante Arrhenius

Lebenswerk

Die Erde erwärmt sich etwa seit dem Jahr 1750, anfangs nur gering durch den Bau von Dampfmaschinen, dem Abholzen von Wäldern und der Verbrennung von Kohle, später dank der Industriellen Revolution viel schneller. Seit der Mitte des 19.Jahrhunderts gab es dann zuverlässige globale Temperaturmessungen, diese zeigten jedoch noch keinen eindeutigen oder gar besorgniserregenden Trend und überhaupt hatte niemand zu diesem Zeitpunkt den Gedanken, der Mensch könnte das Klima eines ganzen Planeten verändern. Der Sprung zu dieser Erkenntnis war schwierig, aber wichtig und er begann im Jahre 1896 mit dem Physiker und Chemiker Svante Arrhenius.

Dabei fing er natürlich auch nicht ganz von vorne an, er war nicht der erste, der herausfand, dass die Atmosphäre und auch ein erhöhter CO2-Gehalt die Oberflächentemperatur beeinflusst. Joseph Fourier erklärte den natürlichen Treibhauseffekt schon 1824, er fand heraus, dass unsere Atmosphäre für sichtbares Licht transparent ist, es also ungehindert passieren lässt, für Wärmestrahlung jedoch nicht, diese würde somit festgehalten. Das sollte erklären, warum die Erde viel wärmer ist als es ohne Atmosphäre zu erklären wäre – dann hätte die Erde eine Durchschnittstemperatur von -18°C, wäre also lebensfeindlich.

Fourier zog es auch durchaus in Erwägung, dass das Klima sich auf diese Weise verändern könnte, er meinte etwa, Wolken könnten Wärmestrahlung absorbieren und so für wärmere Nächte sorgen. Auch mögliche menschengemachte Veränderungen erwähnte er – allerdings nicht durch Treibhausgase, sondern durch eine Veränderung der Landschaft. Durch Asphaltböden könnte etwa mehr Sonnenlicht absorbiert werden, wodurch sie die Erde erwärmen würde. Diesen Effekt gibt es tatsächlich, er ist aber vernachlässigbar.

Joseph Fouriers erste Erkenntnisse der Klimaforschung wurden 1862 von John Tyndall erweitert. Er erkannte, das nur bestimmte Gase in der Atmosphäre wie Wasserdampf und CO2 Infrarotstrahlung blockiert und die Erde dadurch erwärmen. Dies wandte er dann vor allem auf vergangene Klimaschwankungen wie Eiszeiten an. Arrhenius konkretisierte das aber nun und berechnete, wie viel COdie Erde denn tatsächlich um wie viel Grad erwärmen könnte und kam dabei auf ein erschreckendes Resultat: Das Weltklima ist so fragil, dass selbst die durch den Menschen entstandenen Emissionen das Klima extrem verändern könnten. Damit postulierte er als erstes die menschengemachte Erderwärmung.

Sein vereinfachtes erstes Klimamodell berechnete er ohne maschinelle Hilfe, dabei kalkulierte er selbst Kipppunkte mit ein, derer Existenz sich die Öffentlichkeit erst jetzt langsam bewusst wird. Er kalkulierte ein, dass bereits eine geringe Erwärmung der Erde dazu führen würde, dass große Eismassen abschmelzen und das darunterliegende Grün zum Vorschein käme. Diese würde dann mehr Wärme absorbieren als das Eis und die Temperatur weiter in die Höhe treiben, wodurch noch mehr Eis abschmelzen würde – ein Teufelskreis, dem das Weltklima seine Instabilität verdankt. Dies führte zu den schockierenden Zahlen von Arrhenius.

Arrhenius bezog sich noch auf weitere dieser Effekte, so meinte er etwa, dass CO2 auch in den Ozeanen gelöst ist, nämlich in Form von Kohlensäure. Er übernahm dabei eine Schätzung des Meeresbiologen Cyrus F. Tolman, nach der in dieser Form 18-mal mehr COin Ozeanen gespeichert ist als in der gesamten Atmosphäre. Arrhenius erkannte das Problem, dass die Löslichkeit von CO2 in Wasser von der Temperatur des Wassers abhängig ist – wenn das Wasser wärmer wird, kann weniger davon gelöst werden und folglich muss es in die Atmosphäre und treibt dort die Temperatur noch oben.

Diese Gedankengänge waren für das 19.Jahrhundert wirklich revolutionär und zu diesem Zeitpunkt war sich die Wissenschaft anders als heute auch noch nicht einig, viele Forscher reagierten sehr skeptisch auf die Zahlen, die Arrhenius berechnete und das ist auch verständlich. Er berechnete, dass schon eine Verdopplung des CO2-Gehalts in der Atmosphäre die Erde um fünf bis sechs Grad Celsius erwärmen würde – richtig, aber damals wie heute kaum zu glauben. Eine Halbierung hingegen würde uns hingegen in eine neue Eiszeit stürzen. So genial seine Berechnungen auch waren, in anderlei Hinsicht irrte Arrhenius sich gewaltig.

In den Jahrtausenden vor der Industrialisierung war der CO2-Gehalt leicht rückläufig, zur Zeit von Arrhenius stieg er jedoch schon leicht und lag bei etwas unter 300 ppm. Das konnte man jedoch noch nicht messen und auch nicht spüren und daher malten sich die Menschen – Arrhenius eingeschlossen – eine wärmere Welt als eine bessere Welt aus:

„Der Anstieg des CO2 wird zukünftigen Menschen erlauben, unter einem wärmeren Himmel zu leben.“

Svante Arrhenius

Nicht nur das, Arrhenius prognostizierte auch, dass die Ernteerträge durch das wärmere Klima um ein Vielfaches steigen werden und überhaupt ganz neue Pflanzen in Europa angebaut werden könnten. Man war so optimistisch, dass ein Zeitgenosse von Arrhenius, der Chemie-Nobelpreisträger Walther Hermann Nernst vorschlug, gezielt nicht wirtschaftlich zugängliche in Brand zu stecken, um die Temperatur der Erde zu erhöhen – aus heutiger Sicht absolut desaströs. Die Venus, die in Wahrheit eine 400°C heiße Gluthölle ist, malte sich Arrhenius als tropisches Paradies mit Sümpfen und Mooren aus, das etwa 30°C wärmer ist als die Erde.

Des Weiteren schätzte Arrhenius, dass mit einer messbaren Erwärmung der Erde erst in einigen hundert Jahren zu rechnen sei und dass seine prognostizierte Erwärmung um fünf bis sechs Grad Celsius erst in frühestens 3.000 Jahren eintreten würde.

Zugegeben, Anlass zur Sorge bestand am Ende des 19.Jahrhunderts tatsächlich noch nicht, denn nimmt man den damaligen jährlichen Ausstoß von Treibhausgasen, dann passt die Schätzung von Arrhenius plötzlich wieder ziemlich gut. Niemand konnte wissen, dass die Menschheit in den kommenden Jahrzehnten viel mehr Treibhausgase produzieren würde. Trotz all dessen erkannte Arrhenius, dass die Verbrennung fossiler Brennstoffe langfristig zum Problem werden wird, nicht nur aufgrund der Auswirkungen auf das Klima, sondern auch wegen ihrer Begrenztheit.

Heute ist Svante Arrhenius wenn überhaupt meist als Vordenker der Klimaforschung bekannt, er hat jedoch auch noch sehr viele andere Dinge getan, er war ein regelrechter Universalgelehrter. Arrhenius stellte eine Theorie zur Herkunft der Polarlichter auf, er begründete die Panspermie, die besagt, dass Mikroben eingefroren mit Kometen und Asteroiden durchs Weltall fliegen und dabei von Planet zu Planet verteilt werden, er verfasste ein Werk über die Chemie des menschlichen Immunsystems, er erkannte, dass manche Elektrolyte bei höherer Temperatur an Leitfähigkeit einbüßen, dafür dass er erkannte, dass in Wasser gelöste Salze zum Großteil Ionen sind, erhielt er auch den Nobelpreis für Chemie.

Trotz seiner bedeutenden wissenschaftlichen Verdienste genießt Svante Arrhenius leider keine große Aufmerksamkeit. Und wenn jemand den Namen kennt, dann leider in einem total unwissenschaftlichen Kontext. Klimaleugner*innen haben im Netz gegen die Klimabewegung gehetzt, indem sie in einem Facebook-Post behaupteten, Svante Arrhenius, laut ihnen der „Erfinder des Klimawandels“, sei der Urgroßvater der Klimaaktivistin Greta Thunberg. Das stimmt nicht, denn Svante Arrhenius hat den Klimawandel nicht erfunden (genauso wenig wie Darwin die Evolution und Newton die Schwerkraft „erfunden“ hat), er hat ihn nicht einmal entdeckt, sondern wie bereits erwähnt lediglich postuliert, dass die Freisetzung von CO2 durch den Menschen die Oberflächentemperatur der Erde deutlich erhöhen wird und berechnet wie stark sie das tun wird.

Urgroßvater von Greta Thunberg ist Svante Arrhenius ebenfalls nicht, laut ihrem Vater besteht lediglich eine entfernte Verwandtschaft, Svante Arrhenius sei vermutlich ein Cousin seiner Urgroßmutter gewesen. Das ist aber natürlich auch für die Sache auch völlig irrelevant und lenkt nur ab, denn es ändert nichts daran, dass beide wohl auf die ein oder andere Art Vordenker der Klimakatastrophe waren und sind und es ändert nichts an den verheerenden Zahlen, die schon Arrhenius berechnete und die heute aktueller denn je sind.

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