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Was hat es mit Tabbys Stern auf sich?

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Seit einigen Jahren geistert ein Stern (übrigens aus dem Kepler Input Catalog, über den ich hier schrieb) namens KIC 8462852, auch Tabbys Stern genannt, regelmäßig durch die Medien. Häufig als Grund aufgeführt: Außerirdische haben ein riesiges Kraftwerk um den Stern herum aufgebaut. Das klingt nach den üblichen haltlosen Spekulationen und wahrscheinlich ist es auch so. Dennoch sprechen viele vom „seltsamsten Stern der Milchstraße“. Was hat es nun wirklich mit Tabbys Stern auf sich?

Was ist mit Tabbys Stern?

Eigentlich ist Tabbys Stern stinknormal und langweilig, zumindest nicht besonders im Vergleich zu anderen Sternen: Ein junger Stern, etwas größer und heller als die Sonne in etwa 1.470 Lichtjahren Entfernung. Wären da nicht die massiven Veränderungen in der Helligkeit, die Astronom*innen seit langen beobachten.

Im Normalfall ist auch das nichts Besonderes, bzw. es ist eine gute Nachricht, denn in den meisten Fällen deutet das auf einen Planeten hin, der zwischen dem Stern und der Erde vorbeizieht und dabei ein Teil seines Lichts verdeckt. Doch Tabbys Stern veränderte sich ganz anders. Nicht nur, dass die Helligkeitsschwankungen enorm groß waren und keinem erkennbaren Muster folgten, die unterschiedlichen Wellenlängen veränderten sich unterschiedlich stark.

Hat auch Tabbys Stern eine Oortsche Wolke?

Planeten sind als Ursache also ausgeschlossen, doch eine ganze Wolke von Kometen wäre vielleicht denkbar. Diese Theorie hat zum einen den Vorteil, dass wir ein solches Phänomen bereits kennen, denn auch unser Sonnensystem ist vermutlich von einer Wolke aus Kometen umgeben, der sogenannten Oortschen Wolke. Dort draußen könnten Milliarden oder sogar Billionen Kometen ihre Bahnen ziehen und wenn es sowas bei uns gibt, dann vermutlich auch bei anderen Sternen. Da Kometen vor allem aus Eis und losem Gestein bestehen, können sie zu sehr unregelmäßigen Verdunklungen führen.

Kometen um Tabbys Stern
Eine mögliche Erklärung: Kometen um Tabbys Stern

Doch es gibt ein Problem. Zwar klingen Milliarden oder Billionen Kometen nach einer gigantischen Zahl und das sind sie natürlich auch, doch die Kometen verteilen sich über ein so großen Raum, dass man schon riesiges Glück haben müsste, nur einen einzigen Kometen zu sehen, wenn man sich durch die Oortsche Wolke bewegt.

Noch in den 50ern dachten einige, es sei nicht möglich, Raumsonden zu den äußeren Planeten zu schicken, da der Asteroidengürtel im Weg sei, den eine Sonde wohl kaum passieren könnte. Doch auch hier gilt, dass jeder Asteroid Millionen von Kilometer Platz hat. Eine Wolke um Tabbys Stern, die so dicht ist, dass sie die Helligkeitsschwankungen erklären kann, ist wirklich mehr als unwahrscheinlich.

Oder doch Planeten?

Womöglich könnten aber auch doch Planeten der Grund für die Abdunklungen sein. Zwar nicht, weil sie vor Tabbys Stern hinwegziehen, aber eventuell weil sie miteinander kollidieren. Wie bereits erwähnt, ist Tabbys Stern ein sehr junger Stern, sein potentielles Planetensystem wäre noch in der Entstehungsphase. Daher wird er derzeit vermutlich von viel Staub und Geröll und vielen Protoplaneten, also Planeten in der Entstehungsphase, umkreist. Als direkte Ursache lassen sich diese ausschließen, aber so eine Kollision ist in dieser Phase nichts außergewöhnliches, auch unsere Erde hat dies vermutlich schon erlebt.

Die Bruchstücke einer solchen Kollision könnten genügend Licht abdecken. Doch auch diese These gilt als unwahrscheinlich, denn weder konnte von irdischen Teleskopen eine Staubscheibe um Tabbys Stern gefunden werden, noch fanden Weltraumteleskope wie Spitzer oder WISE erhitzte Bruchstücke, die auf eine Kollision in kürzerer Vergangenheit hindeuten.

Planetenschredder als Erklärung?

Vielleicht ist die Lösung aber auch um einiges brutaler. Tabbys Stern könnte derzeit auch sein eigenes Planetensystem auseinandernehmen. Es ist mittlerweile erwiesen, dass Planeten des öfteren durch ihr System wandern, nur so lässt sich erklären, dass Gasplaneten in extremer Nähe zu ihrem Stern beobachtet wurden. Man spricht von planetarer Migration.

Nun könnte sich ein Planet Tabbys Stern auch so weit annähern, dass er von ihm verschluckt oder zunächst auseinander gezerrt würde, das ist von dessen Dichte abhängig. Wäre dies in den letzten 1.000 Jahren passiert, würden dessen Fragmente den Stern nun abdunkeln und die durch die Kollision freiwerdende Strahlung ihn heller leuchten lassen. 

Bisher haben wir ein solches Ereignis etwa bei weißen Zwergen, also ausgebrannten sonnenähnlichen Sternen, beobachtet.

Super-Saturn

Eine noch faszinierendere Möglichkeit wäre eine Art „Super-Saturn“ im Orbit des Sterns, also ein Planet mit einem gigantischen Ringsystem, hunderte Male größer als das des Saturns. Das mag vielleicht unwahrscheinlich klingen, doch tatsächlich ist ein solcher Planet schon bekannt, er trägt den Namen J1407b. Seine Ringe sind etwa 200-mal größer als die Saturnringe und erstrecken sich über 120 Millionen Kilometer, das entspricht der 300-fachen Distanz zwischen Erde und Mond. Die Ringe enthalten etwa hundert Mal mehr Masse als der Erdmond, womöglich umrunden den Planeten einzelne Monde so groß wie die Erde. 

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Ein solcher Planet hätte auch sogenannte Trojaner, also Himmelskörper, die Tabbys Stern auf demselben Orbit umkreisen wie der Planet, ihm auf der Umlaufbahn jedoch immer 60° voraus sind oder 60° hinter ihm stehen. Die Verdunklungen wären theoretisch durch die Existenz eines solchen Super-Saturns mit Ringsystem und Trojanern um Tabbys Stern erklärbar. Möglich wären aber auch interstellarer Staub oder natürliche Helligkeitsschwankungen innerhalb des Sterns.

Künstlicher Ursprung unwahrscheinlich

Als weitgehend ausgeschlossen gilt jedoch ein künstlicher Ursprung der Verdunklung. Anfangs tauchte recht schnell die Hypothese auf, eine sogenannte Dyson-Sphäre könnte sie erklären. Dabei handelt es sich um eine Art Kraftwerk, das kugelförmig um einen Stern errichtet werden könnte. Eine weit fortgeschrittene Zivilisation könnte eine solche Dyson-Sphäre nutzen, um die Energie des Sterns zu gewinnen.

Das Sternenlicht selbst würde dadurch weitgehend verdunkelt, ähnlich wie es bei Tabbys Stern der Fall ist. Doch laut Energieerhaltungssatz müsste die Energie nach der Nutzung durch die Zivilisation in Form von Infrarotstrahlung auch wieder abgegeben werden – so wie es bei uns auf der Erde auch geschieht. Eine solche Strahlungsquelle ist bei Tabbys Stern jedoch nicht zu beobachten.

Des weiteren ist Tabbys Stern vermutlich zu jung, damit hochentwickeltes Leben auf seinen Planeten entstehen konnte. Zudem würde sich die Dyson-Sphäre vermutlich in einem Abstand von etwa 39 Millionen Kilometer befinden, was sie massiv aufheizen würde. Die Alien-Hypothese ist also erstmal aus dem Spiel, im wahrsten Sinne des Wortes zu Staub zerfallen.

Denn Staub gilt weiterhin als wahrscheinlichster Grund, doch auch hier sind nicht alle Einwände ausgeräumt. Der Stern wird also auch weiterhin Schlagzeilen machen – aber leider wohl nicht als Heimatort intelligenten Lebens. Naja, Staub ist auch cool.

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