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Voyager Golden Record: Unsere Spezies stellt sich vor.

Bild der Voyager Golden Record

Jede Kultur hat ihre Relikte hinterlassen, die noch existierten, lange nachdem sie untergegangen war. So gibt es noch heute die Pyramiden, die Akropolis und das Kolosseum als Andenken an die Leistung unserer Vorfahren. Doch es wird eine Hinterlassenschaft der Menschheit geben, die noch existieren wird, wenn selbst unsere Erde selbst Geschichte ist: Die Voyager Golden Record.

Alles begann in den 1960er Jahren. Ein Mathematiker namens Michael Minovitch stellte die Hypothese auf, Raumsonden könnten durch enge Vorbeiflüge an den Planeten an Geschwindigkeit gewinnen ohne Treibstoff zu verbrauchen. Er nannte dieses Phänomen Swing-by-Manöver. Damit sollte man sogar das äußere Sonnensystem erreichen können.

Eine Reise in die Unendlichkeit

Die Idee wurde konkreter als ein Ingenieur namens Gary Flandro berechnete, dass die äußeren Planeten in den 70er Jahren so stehen würden, dass eine Raumsonde alle vier in einem Flug erforschen und sich quasi von Planet zu Planet hangeln könnte – eine solche Sonde könnte innerhalb von 40 Jahren bis in den interstellaren Raum fliegen.

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Der Zeitdruck war hoch, denn diese Konstellation ergibt sich nur alle 176 Jahre. Es wurden verschiedenste Missionskonzepte entwickelt, letztlich gestartet wurden zwei Raumsonden, Voyager 1 und Voyager 2, von denen eine das Sonnensystem hinter dem Saturn in nördliche Richtung verlassen und eine weitere weiter zu Uranus und Neptun fliegen und das Sonnensystem danach in südliche Richtung verlassen sollte.

Das äußere Sonnensystem war damals absolutes Neuland, jenseits des Mars vermutete man einen dichten Asteroidengürtel, den womöglich keine Raumsonde passieren kann. Noch rätselhafter war jedoch die Region jenseits des Neptuns, doch niemand erwartete ernsthaft, dass die Sonde noch aus dieser Entfernung Daten schicken würde.

Eine Botschaft für die Ewigkeit

Schon lange vor dem Start der Sonden war man sich aber bewusst, dass sie eines fernen Tages unser Sonnensystem verlassen und in die Tiefen der Galaxis fliegen würden. Niemand wusste, auf was sie dort treffen und vor allem auf wen sie dort treffen. Damals konnte man noch schlechter einschätzen als heute wie wahrscheinlich intelligentes Leben anderswo im Universum ist.

Womöglich würden die Sonden eines Tages auf Außerirdische stoßen, dieser Gedanke faszinierte die Menschen und erhöhten die Begeisterung in der Bevölkerung für die ansonsten eher unspektakuläre robotische Raumfahrt. In zahlreichen Filmen kamen die Voyager-Sonden vor, in Futurama wird Voyager 1 etwa als Weltraumschrott von der Frontscheibe eines Raumschiffs entfernt, in Star Trek: Der Film entwickelt eine Voyager-Sonde ein Bewusstsein und in Mondbasis Alpha ist die Raumsonde mit einem fiktiven hochentwickelten Antrieb ausgestattet.

Wenn man also schon mal eine Sonde so weit hinaus ins Universum schickt, dann könnte man ja auch gleich eine Grußbotschaft an alle mitgeben, die da draußen leben – die Voyager Golden Record. Doch was will man Außerirdischen sagen und vor allem wie soll man es ihnen sagen? Mit dieser Frage wurde ein eigenes Forscherteam beauftragt.

Probleme außerirdischer Kommunikation

Bei der Entwicklung der Voyager Golden Record gab es natürlich viele Probleme: Kommunikation mit Außerirdischen ist nicht gerade einfach, denn man kann ihnen natürlich nicht einfach einen Text schicken, nur wir können zwischen Objekten und Buchstabenanordnungen ein Verhältnis herstellen – das nennen wir Sprache.

Wir betrachten Aliens meist sehr anthropozentrisch, wir stellen sie uns eigentlich wie Menschen vor, nur dass ihr Körper sich in kleinen Details unterscheidet. Doch vermutlich ist das ein Fehler, schließlich sind schon die Kulturen auf unserem Planeten sehr unterschiedlich. Wer weiß, wie es dann bei Außerirdischen ist?

Man muss also alles so selbstverständlich wie möglich machen, denn man kann natürlich nicht absehen, wie sich Außerirdische entwickelt haben – vielleicht haben sie gar keine Schrift, vielleicht kennen sie das Konzept der Zeit nicht und vielleicht beschreiben sie die Natur ganz anders als wir.

Doch ein Ass haben wir im Ärmel: Die Gesetze der Physik, denn die sind überall gleich. Die Schwingungsfrequenz eines Wasserstoffatoms ist in Hamburg genauso groß wie in der Andromedagalaxie. Solche Maßeinheiten können folglich die Grundlage für interstellare Kommunikation sein, zu dem Schluss kamen auch die Forscher.

Eine goldene Schallplatte

Hinzu kommt natürlich das Medium, es muss zum einen leicht zugänglich, aber auch stabil sein, denn bis zu den nächsten Sternen brauchen die Voyager-Sonden zehntausende, hunderttausende oder Millionen Jahre. Ein normales Schriftstück ist in dieser Zeit längst von kosmischer Strahlung zerstört und unlesbar, doch über digitale Speichermedien verfügte man damals noch nicht.

Man entschied sich schließlich für Datenplatten mit Kassette und Nadel zum Abspielen in einer Hülle. Auf dieser Hülle sind eine Anleitung zum Bau eines Plattenspielers und einige andere grundlegende Informationen über die Platte und ihre Herkunft aufgezeichnet.

Die vergoldete Platte ist wirklich robust und gut geschützt an der Seite der Voyager-Sonde angebracht. Man vermutet, dass sie mindestens 500 Millionen Jahre lesbar sein wird. Das ist selbst nach kosmischen Maßstäben wirklich lang, viel länger als für das Erreichen der nächsten Sterne nötig ist. In 500 Millionen Jahren wird das Leben auf der Erde enden, da die Sonne durch ihre Expansion die Ozeane verdampfen wird und vor 500 Millionen Jahren entstand auf der Erde mehrzelliges Leben.

Wenn es auf der Erde also schon kein Leben mehr geben wird, dann wird die Voyager Golden Record noch immer Zeugnis der Existenz der Erde und auch der Menschheit ablegen. Und die Voyager-Sonden selbst werden noch viel länger das galaktische Zentrum umkreisen, bis unsere Sonne erlischt und länger…

Dass sie mit einem Planeten kollidieren oder durch Staub gänzlich zerstört werden, ist sehr unwahrscheinlich, denn der Raum zwischen den Sternen ist im wesentlichen leer und selbst beim Flug durch die Oortsche Wolke, eine Kometenwolke am Rand des Sonnensystems müssten die Sonden schon großes Glück haben, auch nur einen einzigen Kometen zu passieren.

Das Golden Record Cover

Auf der Hülle sind wie gesagt nur die grundlegendsten Daten aufgezeichnet, die zum einen zeigen, dass es sich um eine irdische Botschaft handelt und zum anderen alle Informationen für die Entschlüsselung der restlichen Botschaft enthalten.

So muss die Platte etwa mit einer Frequenz von 16,75 Umdrehungen pro Minute abgespielt werden, doch mit Sekunden und Minuten werden Außerirdische wohl nichts anfangen können. Daher ist die Frequenz relativ zur charakteristischen Schwingungsfrequenz eines Wasserstoffatoms dargestellt und binär codiert.

Das Wasserstoffatom selbst ist als H2-Molekül dargestellt, Wasserstoff ist das leichteste und mit großem Abstand häufigste Element im Universum, aus ihm bestehen Sterne und Gaswolken, es bietet sich daher als Grundlage an, denn jede technische Zivilisation wird die Bedeutung von Wasserstoff und seine Schwingungsfrequenz kennen.

Zudem ist auf der Hülle die Herkunft der Voyager-Sonden, also die Position der Sonne zu sehen, natürlich nicht als Koordinaten, denn die haben wir Menschen erfunden. Stattdessen ist unsere Heimat in der Milchstraße in Relation zu 14 leuchtstarken Pulsaren und dem galaktischen Zentrum angegeben. Pulsare sind die Überreste massereicher Sterne, die als kosmische Leuchttürme fungieren, da sie große Mengen Strahlung abgeben.

Jede hochentwickelte Zivilisation muss zumindest in der Lage sein, Objekte im Kosmos zu lokalisieren, besonders Pulsare. Die Position der Erde sollte daher recht einfach erkenntlich sein. Damit sind alle Informationen, die für das Verständnis der weiteren Inhalte nötig sind, überliefert.

Bilder auf der Voyager Golden Record

Insgesamt enthält die Platte 116 Bilder, das war damals Spitzentechnologie, wobei die meisten Bilder aus Kapazitätsgründen schwarz-weiß sind. Das erste Bild zeigt lediglich einen Kreis zur Kalibrierung, anschließend zeigen verschiedene Bilder unsere Welt, unser Sonnensystem, unsere Wissenschaft und unsere Kultur.

Dabei beginnt es zunächst recht unromantisch, unsere Mathematik wird vorgestellt, denn sie ist Menschenwerk und kein Bestandteil der Natur. Wir zeigen, dass wir eine bestimmten Menge an Objekten Zeichen, nämlich Ziffern zuordnen und damit auch rechnen.

Auch Zehnterpotenzen sind dargestellt, so lassen sich extrem große Zahlen, etwa kosmische Distanzen einfach darstellen. Letztlich zeigen wir auch Bruchrechnungen, die sind besonders schwer zu veranschaulichen, denn in der Natur gibt es keine Bruchmengen, sie sind eine rein menschliche Erfindung. Außerirdische würden zwar dieselben Naturgesetze kennen, aber sie wohl ganz anders beschreiben.

Unsere Mathematik beruht etwa auf dem Dezimalsystem, also einem Zehnerzahlensystem. Dies resultiert jedoch historisch daraus, dass wir zehn Finger haben und überhaupt kennen wir Zahlen erst, seitdem wir Handel treiben. Außerirdische kennen unsere Zahlen daher nicht, falls sie überhaupt mit Zahlen arbeiten.

Es folgen einige weitere mathematische und physikalische Gesetzmäßigkeiten, dann wird es etwas spektakulärer mit Bildern der Himmelskörper des Sonnensystems, natürlich auch der Erde, unseres Heimatplaneten. Auch der Durchmesser der Erde ist angegeben, die Einheit Kilometer lässt sich aus den vorherigen Informationen herleiten.

Gesellschaft | Voyager Golden Record: Unsere Spezies stellt sich vor. | 300px Voyager golden record 12 earth

Die Bilder des Sonnensystems kommen von der NASA, Uranus und Neptun sind logischerweise noch nicht auf der Voyager Golden Record abgebildet, denn von denen haben wir ja erst mit den Voyager-Sonden scharfe Bilder bekommen. Die Größe der anderen abgebildeten Planeten ist auch in Relation zur Erde angegeben. Ein weiteres Bild von der Erde wurde aus dem niedrigen Erdorbit aufgenommen, dort sind der Sinai und der Nil detailliert zu sehen.

Auch eine Skizze der menschlichen Geschlechtsorgane und das Bild einer Geburt sind dabei, was damals heftige und kontroverse Diskussionen auslöste. Zudem ist die menschliche Technologie der damaligen Zeit abgebildet, etwa die Titan, die Rakete, mit der Voyager 1 und Voyager 2 und mit ihnen die Voyager Golden Records gestartet sind.

Aber wir wollten auch zeigen, dass wir nicht nur Roboter wie die Voyager-Sonden ins All schicken, sondern auch Menschen. So enthält die Voyager Golden Record ein Bild vom Astronauten Edward White bei einem Weltraumspaziergang im Erdorbit, der Astronaut starb bei der Katastrophe von Apollo 1 den Feuertod.

Voyager golden record 112 astronaut.gif

Ich habe hier nur wenige der gezeigten Bilder erwähnt, eine vollständige Liste der Bilder befindet sich auf Wikipedia. Die Bilder sind jedoch nur der erste Teil der Botschaft.

Grußbotschaften auf der Voyager Golden Record

Der zweite Abschnitt der Voyager Golden Record besteht aus Grußbotschaften in insgesamt 55 verschiedenen Sprachen. Dabei wurden auch sehr ausgefallene Sprachen ausgewählt, so ist etwa eine Botschaft auf Sumerisch, einer Sprache die von nur 200 Spezialist*innen gesprochen wird, enthalten, die lautet:

„Silima kheme“

Das bedeutet so viel wie:

„Mögen alle gesund sein.“

Aber auch populärere Sprachen wie Mandarin sind vertreten:

各位都好吧?我们都很想念你们,有空请到这来玩.

Das bedeutet in etwa:

„Hoffen, Euch allen geht es gut. Wir denken an Euch alle. Bitte, kommt hierher und besucht uns, wenn Ihr Zeit habt!“

Etwas persönlicher waren die Schwed*innen, deren Botschaft lautet:

„Hälsningar från en dataprogrammerare i den lilla universitatsstaden Ithaca på planeten jorden.“

Das bedeutet:

„Grüße von einer Computerprogrammiererin in der kleinen Universitätsstadt Ithaca auf dem Planeten Erde.“

Auch Latein ist vertreten:

„Salvete quicumque estis; bonam erga vos voluntatem habemus, et pacem per astra ferimus.“

Das bedeutet:

„Grüße an Euch, wer immer Ihr seid: Wir sind Euch wohlgesinnt und bringen Frieden zu den Sternen.“

Auf Hebräisch wiederum wurde nur ein Wort mitgegeben:

„Schalom“

Das bedeutet einfach „Frieden“. Natürlich ist auch die Weltsprache Englisch auf der Voyager Golden Record. Nicolas Sagan, der Sohn des am Voyager-Programm beteiligten Astrophysikers Carl Sagan sprach als siebenjähriger Junge:

„Hello from the children of the planet Earth.“

Also:

„Hallo von den Kindern des Planeten Erde.“

Auch Deutsch ist auf der Voyager Golden Record vertreten, hier war die Sprecherin jedoch etwas zurückhaltender:

„Herzliche Grüße an alle.“

Die Sprecher waren keine Wissenschaftler*innen, es wurden einfach möglichst viele Muttersprachler*innen aufgesucht, denen völlig frei überlassen war, was sie aufsprechen. Aber auch der Präsident der USA, Jimmy Carter, kam zu Wort:

„Diese Voyager-Raumkapsel wurde von den Vereinigten Staaten von Amerika gebaut. Wir sind eine Gemeinschaft von 240 Millionen Menschen unter den über 4 Milliarden, die den Planeten Erde bewohnen. Wir Menschen sind noch in nationalen Staaten unterteilt, aber diese Staaten werden bald eine einzige, globale Zivilisation sein.

Wir schicken diese Botschaft ins Weltall. Wahrscheinlich wird sie auch noch 1 Milliarde Jahre nach uns leben, wenn unsere Zivilisation sich zutiefst verändert und die Oberfläche der Erde sich weitgehend verwandelt haben wird. Von den 200 Millionen Sternen der Milchstraße haben vielleicht einige – eventuell viele – bewohnte Planeten und der Raumfahrt kundige Zivilisationen. Sollte eine solche Zivilisation die Voyager-Kapsel auffangen und diese auf eine Bild-Ton-Platte aufgenommene Botschaft verstehen, so lautet sie folgendermaßen:

Dies ist ein Geschenk von einer kleinen, fernen Welt, ein Zeugnis unserer Geräusche, unserer Wissenschaft, unserer Bilder, unserer Musik, unseres Denkens und unseres Fühlens. Wir versuchen, unsere Zeit zu überleben, so daß wir in eurer leben können. Wir hoffen, nach der Lösung unserer gegenwärtigen Probleme einmal einer Gemeinschaft von Milchstraßen-Zivilisationen beizutreten. Diese Platte soll für unsere Hoffnung unsere Entschlossenheit sprechen sowie für unsere Bereitwilligkeit inmitten eines unermeßlichen, ehrfurchtgebietenden Universums.“

Auch Kurt Waldheim, der Generalsekretär der Vereinten Nationen zeichnete eine Botschaft auf:

„Als Generalsekretär der Vereinten Nationen, einer Organisation mit 147 Mitgliedsstaaten, die fast alle Bewohner des Planeten Erde repräsentieren, sende ich Grüße im Namen der Menschen unseres Planeten. Wir treten aus unserem Sonnensystem in das Weltall und suchen nur Frieden und Freundschaft, um zu lehren, wenn man sich an uns wendet, und zu lernen, wenn es das Glück will. Wir wissen sehr wohl, daß unser Planet und all seine Bewohner nur ein kleiner Teil des unermeßlichen Weltraums sind, der uns umgibt, und wir unternehmen diesen Schritt in Demut und Hoffnung.“

Vermutlich wären die Aliens nicht in der Lage, die Botschaften zu entschlüsseln, aber darum ging es hierbei auch gar nicht. Jede*r Sprecher*in hörte in einem Büro auch die Botschaften der anderen Sprecher*innen, das förderte die Freundschaft zwischen den Nationen – womöglich machen wir die ganze Voyager Golden Record gar nicht für die Aliens, sondern einfach für uns selbst.

Auch eine vollständige Liste der Grußbotschaften findet sich auf Wikipedia.

The sounds of earth

Aber auch andere Geräusche sind an Bord der Voyager Golden Record, insgesamt 50 verschiedene Geräusche mit einer Länge von zusammen zwölf Minuten sind codiert. Dabei stellen die Geräusche in gewisser Weise die Geschichte der Erde dar:

Ganz am Anfang ertönt ein Wirbel von Tönen, die sogenannte Sphärenmusik. Dabei erzeugt jeder Planet einen Ton, je näher an der Sonne, desto höher ist der Ton. Diese verwirrenden Töne sollen den Anfang der Welt darstellen. Anschließend ertönen Erdbeben, Vulkane und Donner, welche die feurige Entstehung und die Frühzeit der Erde darstellen.

Als drittes sind gurgelnde Geräusche zu hören, eine Art Schlammtümpel der vor sich hinblubbert – er könnte die Entstehung des Lebens in der Ursuppe symbolisieren. Nach Regen und Wind, die Ozeane und Berge formten, ertönen schließlich Frösche und Grillen, also komplexere Lebewesen. Mit Vögeln, Hyänen und Elefanten ertönen anschließend immer mehr Geräusche, welche die sich rasch entwickelnde Artenvielfalt andeuten.

Anschließend erhebt sich die Stimme des ersten Primaten, ein wilder Hund bellt und schließlich hört man die Schritte, das Lachen und das Herzklopfen von Menschen. Sprache und das Knistern von Feuer ertönt, anschließend das Geräusch zweier Feuersteine. Dann bellt ein zahmer Hund, um zu zeigen, dass die Menschen Tierarten domestiziert haben.

Anschließend ist die schnell voranschreitende menschliche Zivilisation dargestellt, erst ertönen Schafherden, Sägen und ein Morsecode, anschließend Schiffe, Eisenbahnen, ein Überschallflugzeug und zum Schluss der Start einer Saturn V. Es folgen ein Kuss, das Schreien eines Babys und die Beruhigung der Mutter, menschliche Lebenszeichen und zum Schluss das Geräusch eines 600 Lichtjahre entfernten Pulsars.

Eine vollständige Liste der Töne auf der Voyager Golden Record ist auf Wikipedia zu finden.

Musik auf der Voyager Golden Record

Aber auch die Kunst und somit die Musik gehört natürlich zur Menschheit, daher ist im letzten Teil der Platte auch Musik auf der Voyager Golden Record untergebracht. Insgesamt sind es 27 Musikstücke mit einer Gesamtlänge von einer Stunde, 27 Minuten und 16 Sekunden.

Natürlich sind zahlreiche deutsche Stücke auf der Voyager Golden Record, etwa das Zweite Brandenburgische Konzert von Johann Sebastian Bach, ein weiteres Stück von Bach und zwei Stücke von Ludwig van Beethoven. Auch eine Arie aus Die Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart interpretiert von der Bayerischen Staatsoper in München fliegt auf der Voyager Golden Record zu den Sternen.

Aber natürlich möchte man einen möglichst großen Teil der Musikkultur der Menschheit zeigen, alle Musikrichtungen zu vertreten, ist mit dem verfügbaren Speicherplatz kaum möglich. So sind auch Volksmusik aus der Georgischen SSR, Trommeln aus Peru, Panflöten von den Salomonen-Inseln und Gesang aus Neuguinea enthalten.

Aber noch viel mehr Länder und Kulturen sind vertreten, ebenfalls auf der Voyager Golden Record enthalten ist etwa Fließende Bäche aus China, Kranichnest aus Japan, Lieder der australischen Ureinwohner*innen und Stücke aus Bulgarien und dem Senegal, aber auch modernere Stücke, etwa Jazz und Rock ’n’ Roll.

Auf Wikipedia findet sich eine vollständige Liste der Musikstücke an Bord der Voyager Golden Record.

Wohin fliegen die Voyager-Sonden?

Doch wohin fliegt die Voyager Golden Record und könnten sich entlang ihrer Flugbahn außerirdische Intelligenzen befinden? Derzeit befinden sich sowohl Voyager 1, als auch Voyager 2 im interstellaren Raum weit jenseits der Planeten und des Kuipergürtels. Voyager 1 wird 2024 ein Lichttag von der Sonne entfernt sein – wirklich sehr beeindruckend.

Doch in kosmischen Maßstäben sind die Voyager-Sonden und mit ihnen die Voyager Golden Records noch nicht weit gekommen, erst in einigen hundert Jahren werden sie Oortsche Wolke passieren. Das ist dann wirklich die äußerste Region des Sonnensystems und dahinter liegen auch schon fast die nächsten Sterne. Bis sie die Oortsche Wolke hinter sich haben, werden die Sonden noch zehntausende Jahre fliegen.

Voyager 1 verlässt das Sonnensystem nördlich zur Bahnebene der Planeten, in 40.000 Jahren wird sie den Stern Gliese 445 passieren. Das ist ein durchaus interessanter Stern, es handelt sich um einen sogenannten Roten Zwerg, einen sehr kleinen, dunklen und langlebigen Stern, das ist die dominante Sternklasse in der Milchstraße.

Gliese 445 bewegt sich mit hoher Geschwindigkeit auf unsere Sonne zu, in 40.000 Jahren wird der Stern nur noch 3,45 Lichtjahre von der Sonne entfernt sein. Planeten haben wir dort noch nicht entdeckt, aber wir können es auch nicht ausschließen. Wo die Reise danach hingeht, kann man derzeit noch nicht absehen.

Voyager 2 fliegt südlich von der Ebene der Planeten weg und wird ebenfalls in etwa 40.000 Jahren auf den Stern Ross 248 treffen, ebenfalls ein Roter Zwerg. Dieser Stern gehört jedoch zu den sogenannten UV-Ceti-Sternen, er unterliegt also extremen Helligkeitsschwankungen und bombardiert seine Umgebung mit tödlichen Mengen kosmischer Strahlung – für potentielle Außerirdische nicht von Vorteil.

Überhaupt bestätigten sich die Vermutungen, dass Ross 248 von Planeten umkreist wird nicht, selbst das Hubble-Weltraumteleskop fand nichts – aber man kann nie wissen. Nach der Passage bei Ross 248 wird Voyager 2 weiterfliegen und in 300.000 Jahren das Doppelsternsystem Sirius erreichen. Das sind zwei ganz andere Typen von Sternen…

Sirius A ist der hellste Stern am Nachthimmel und leuchtet bläulich-weiß, Sirius B hingegen ist ein weißer Zwerg, der ultradichte und alte Kern eines sonnenähnlichen Sterns – das und die enorme Helligkeit macht Sirius zu dem vielleicht wichtigsten Stern in der menschlichen Kultur. Die Entfernung zwischen Sonne und Sirius wurde sogar zu einer Maßeinheit, dem Siriometer.

Um Sirius A vermutet man seit längerem eine dritte Komponente des Systems, aber auch Planeten werden dort nicht ausgeschlossen. Schon auf der näheren Flugbahn der Voyager-Sonden liegen also einige interessante Objekte.

Der lange Weg zu den Aliens

Doch wir müssen uns nichts vormachen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Voyager Golden Record je von Aliens abgespielt wird, ist sehr gering. Denn selbst wenn um einen der Sterne, die passiert werden, Planeten kreisen und diese Planeten lebesnfreundlich sind, Leben entstanden ist und es sogar Intelligenz entwickelt hat, müsste man die kosmische Flaschenpost auch erstmal finden.

Das Problem ist, dass man sich eine Passage nicht so vorstellen kann, dass die Sonden direkt an den Sternen vorbei und durch deren Planetensysteme fliegen, Gliese 445 wird etwa in einer Entfernung von 1,6 Lichtjahren passiert. Das ist wirklich eine enorme Entfernung, wir Menschen hätten nicht den Hauch einer Ahnung davon, würde eine Raumsonde die Sonne in dieser Distanz passieren.

In 1,6 Lichtjahren könnten sich sogar zahlreiche Planeten befinden, ohne dass wir etwas davon wissen, eine wenige Meter große Sonde müsste schon genau durch das Sonnensystem fliegen und selbst dann würden wir sie vermutlich als Asteroiden klassifizieren. Sprich: Entweder muss die Raumsonde den Aliens wirklich auf den Kopf fallen oder sie müssen deutlich fortschrittlicher sein als wir.

Da wir aber kaum einschätzen können, wie häufig Intelligenz im Universum ist, können wir auch nicht sagen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit wirklich ist, dass die Voyager Golden Record jemals abgespielt wird.

Nur ein Wunschtraum?

Vielleicht ist das auch besser so, denken sich einige. So behaupten viele, die Voyager Golden Record sei verlorgen, da sie sehr einseitig ist. Schließlich zeigen wir uns von unserer besten Seite, als Zivilisation, die zusammenhält, der Herkunft und Ethnie egal ist, die ins Weltall fliegt, über ausgeklügelte Medizin verfügt und Friedensbotschaften ins All sendet.

Doch auf der Voyager Golden Record sind keine Geräusche von sterbenden Walen, keine Bilder von hungernden Kindern, Naziaufmärschen und Atombombenexplosionen. Solange wir dies nicht auch in eine Botschaft integrieren, ist sie vielleicht kein Andenken an die damalige Gesellschaft, sondern ein Andenken daran, wie die Menschen der damaligen Gesellschaft sich gesehen haben oder gerne gesehen hätten.

Wenn wir mit Aliens kommunizieren, dann sollten wir ihnen auch die Wahrheit sagen, und zwar die volle Wahrheit. Vor allem aber sollten wir uns selbst die Wahrheit sagen, denn das war doch der wahre Zweck der Voyager Golden Record. Traurigerweise sind wir dem Ideal auf der Voyager Golden Record in den letzten Jahren nicht wirklich näher gekommen – das sollte uns zu denken geben.

Der stille Wald?

Aber auch ein anderer Aspekt der Voyager Golden Record wird immer wieder kritisiert. Durch die Wegbeschreibung mit den Pulsaren auf der Hülle der Platte schicken wir unsere Position in der Milchstraße raus ins Universum – sodass absolut jede*r sie sehen kann.

Überlegt mal, würdet ihr als Alien wollen, dass Geschöpfe mit der Grausamkeit der Menschheit euch auffinden können? Womöglich leben wir in einem Universum voller Zivilisationen, die zum Teil auch voneinander wissen, aber sich möglichst unauffällig verhalten, um nicht selbst entdeckt zu werden. Diese Theorie wird der Dunkle Wald genannt, demnach wäre das Universum ein sehr gefährlicher Ort.

Und was machen wir Menschen? Wir versenden die Position der Erde extra in dem Format, in dem auch der dümmste Alien sie entschlüsseln kann, zeigen ihnen durch analog gespeicherte schwarz-weiß-Bilder, dass wir vermutlich für sie nicht viel mehr als Ameisen sind, stellen ihnen unseren wertvollen Planeten vor und hängen dann so Botschaften in den Anhang wie:

„Freunde im Weltraum, wie geht es Euch allen? Habt Ihr schon gegessen? Kommt und besucht uns, wenn Ihr Zeit habt.“

Sollte unser Universum wirklich ein Dunkler Wald sein, dann könnte es etwa so enden wie in The Big Bang Theory. Sheldon und seine Freunde arbeiten hier an einer Botschaft an Außerirdische:

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Vorhut der Menschheit

Die Wahrheit ist, wir wissen es nicht. Wir wissen nicht, ob wir in einem Dunklen Wald leben und somit kosmische Amateur*innen sind, ob wir eines Tages wirklich einer „Gemeinschaft von Milchstraßen-Zivilisationen“ beitreten oder vielleicht auch alleine in unserer Galaxis sind. Es ist sehr unwahrscheinlich, aber wer weiß, ob sich nicht eines Tages wirklich Außerirdische bei irdischer Jazz-Musik in den Strahlen ihres Roten Zwergsterns sonnen?

Letztlich hat uns die Voyager Golden Record aber auf jeden Fall eines gebracht: Wir sind einen Schritt zurückgegangen und haben über uns und unsere Welt nachgedacht, was uns ausmacht, was uns wichtig ist und wie wir uns sehen. Vor allem aber haben wir darüber nachgedacht, was wir sein wollen und wir haben uns zum ersten Mal als gesamte Menschheit „denen da draußen“ vorgestellt.

In wenigen Jahren wird der Kontakt zu den Voyager-Sonden abbrechen, doch als stumme Botschafter der Menschheit werden sie weiterfliegen und die Nachricht der Existenz der Menschheit in ferne und für uns auf ewig unerreichbare Welten bringen – auf der Voyager Golden Record.

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