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Wochenendrebellen

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Warum gab es überhaupt Wochenendrebellen-Lesungen?

Warum gab es überhaupt Wochenendrebellen-Lesungen?

Ich weiß nicht warum bei uns so oft Ideen und Ansätze so extrem entwickeln, ich weiß nicht einmal ob die Lesereise mit unserem Buch „Wir Wochenendrebellen“ das schönste Eskalationsprojekt ist, aber es war und ist noch immer mit dem besten Ergebnis verbunden. Dem Bau von mehreren Brunnen für Menschen in Äthiopien. Die Idee Wochenendrebellen-Lesungen anzubieten kam wie alle guten Ideen nicht von mir. Angefangen hat es relativ harmlos mit einer kleinen Blog-Lesung, die ich ohne Jason im Rahmen des 11mm Fußballfilmfestivals in Berlin geben durfte. Einer der Organisatoren ist ein guter Freund und wir vereinbarten das mit Jason gemeinsam vielleicht einmal zu wiederholen, sobald das Buch erschienen ist. Das taten wir dann im Dezember 2017 im Haus der Fussballkulturen in Berlin mit dem Ziel im Anschluss noch zwei bis drei weitere Städte zu besuchen um Spenden für die Neven Subotic Stiftung zu sammeln.

Jason erinnerte mich einige Wochen zuvor an ein weiteres Versprechen, dass ich ihm einst gab, ausgelöst durch ein Gespräch über den Tod und seine Erkenntnis, das auch Mami und Papsi wohl nicht ewig leben werden. Wir sprachen wie immer sachlich über das Thema, es glich eher einem Gespräch über die Inhalte der letzten Physik-Schulstunde und weniger einer Unterhaltung über ein Szenario, welches Traurigkeit hervorruft. Er sorgte sich mehr um die zukünftige Erfüllung der Funktionen, die Mami und Papsi für ihn ganz persönlich erfüllen und schien sich weniger darüber zu sorgen, dass meine Frau und ich dann eben nicht mehr da sind. Nachdem ich ihm den Zahn zog, dass seine Schwester die Funktionslücke schließen würde sah man ihm die Sorge an, was selten ist, immer aber auch gleichbedeutend ist mit dem Verlangen nach einer Lösung, weil es ihn sonst keine Ruhe lässt und der Krieg in seinem Kopf wieder beginnt. 

Wir saßen auf der Terrasse und das Gespräch war lange und intensiv. Das hatten wir sonst nur auf Reisen, die Dauer ermöglichte aber gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Jason schilderte, dass es jetzt schon so viele Dinge auf dieser Erde gibt, die ihn ermüden, die ihn schaffen, die ihn wütend machen und die ihn verzweifeln lassen und konnte erstmals selbst in Worte fassen wie wichtig ihm seine Autismus bedingten Routinen sind, die in vielen Fällen für Außenstehende wie Handlungen von Helicopter-Eltern oder wie Nachgiebigkeit und Inkonsequenz gegenüber einem schlecht erzogenem Jungen wirken. Selbst mit diesen Routinen ist ihm die Welt zu chaotisch, zu schlecht und wie soll er das dann erst aushalten, wenn ihm niemand mehr die richtige Garderobe herauslegt, der Tee korrekt temperiert zum Frühstück bereit steht oder jemand die Speisereste verspeist.

Ich versuchte ihn zu beruhigen. Die Welt wäre über die letzten Jahre auf so vielen Ebenen eine bessere geworden. „Früher war alles besser“ ist eine unsinnige Aussage und die Welt würde bevor Mami und Papsi mal nicht mehr da sind sicherlich eine noch bessere werden. Er vergewisserte sich in dem er mich bat mir das auf die rechte Hand zu versprechen, was ich tat, weil ich auch davon überzeugt war, dass es so kommen wird. Das war 2014 und es lief nicht nur dank Donald, Viktor und Co. nicht ausgesprochen gut im Hinblick auf meine Prognose, so dass Jason sich drei Jahre später vergewissern wollte ob ich auch sehen würde, dass die Welt sich völlig konträr zu meinem Versprechen entwickelt. Ich hatte den Mund zu voll genommen und all die Scheiße, die passierte war nicht zu leugnen, doch meine Beichte, dass ich mich vielleicht geirrt habe wurde nicht akzeptiert und Jason forderte in bewährter Manier, dass diese Welt dann eben von uns persönlich besser gemacht werden muss.

„Jason, wir können die Welt nicht einfach besser machen“

„Papsi, wenn nicht wir wer dann?“

Da stehst du natürlich erst einmal und schaust dumm aus der Wäsche. Der Junge, dem du als Vater Werte vermitteln sollst, dem du wichtige Charaktereigenschaften mitgeben möchtest, gleichzeitig aber auch der Junge, dem prognostiziert wurde, dass es sehr vieles auf der Welt geben würde, dass er nicht schaffen kann, will die Welt besser machen und versucht dich dazu zu motivieren. Die Entscheidung war schnell getroffen eine kleine Benefiz-Lesereise in drei Städten durchzuführen, dort um Spenden zu bitten und diese eben der Neven Subotic Stiftung zukommen zu lassen. So begann es mit Wochenendrebellen-Lesungen und ich habe keine Ahnung, wo es endet.

 

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