{"id":1206,"date":"2013-12-17T10:00:26","date_gmt":"2013-12-17T09:00:26","guid":{"rendered":"http:\/\/www.wochenendrebell.de\/?p=1206"},"modified":"2021-07-11T08:59:06","modified_gmt":"2021-07-11T06:59:06","slug":"rudolf-harbig-stadion","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/wochenendrebell.de\/rudolf-harbig-stadion\/suche-lieblingsfussballverein\/","title":{"rendered":"Rudolf Harbig Stadion"},"content":{"rendered":"

Ich bin ja bekanntlich niemand, der oft oder gerne Klischees zu bedienen versucht, au\u00dfer vielleicht wenn es um die Anh\u00e4nger des 1.FC K\u00f6ln (Schlafen unter Br\u00fccken), um Fans von Eintracht Braunschweig (alles Nazis), um die Unterst\u00fctzer des FC Buyern M\u00fcnchen (alles Kunden) oder um die gut aussehenden Supporter der Fortuna aus D\u00fcsseldorf (k\u00f6nnen alles) geht.<\/p>\n

So fuhr ich demnach auch nicht mit der Erwartung nach Dresden, dort einen im Rudolf Harbig Stadion gegen den 1.FC Kaiserslautern einen Haufen homophober Regionalnationalisten in Latschenkiefer-gr\u00fcn-rot und durchweg gewaltbereite Nazihools in schwarz-gelb vorzufinden und, um es vorweg zu nehmen: Ich wurde auch nicht entt\u00e4uscht.<\/p>\n

Dem Sohn und mir standen etwas \u00fcber 12 Stunden Zugfahrt bevor um dann bei herrlichstem Fu\u00dfballwetter\u2026<\/p>\n

Lassen wir das. Morgens um 4:00 Uhr, nach gef\u00fchlt 2 Stunden Schlaf, kommen automatisch Zweifel hoch, wie sinnvoll diese Tour wohl werden kann. Machen wir uns nichts vor. Die Wahrscheinlichkeit, dass er Dynamo-Dresden-Fan wird, ist relativ gering, und nach einem 0-2 des eigenen Vereins gegen den Karlsruher SC<\/a> und real nur 4 Stunden Schlaf fehlt ein wenig die Lust auf einen Trip gen Osten.<\/p>\n

Wir sicherten uns Pl\u00e4tze im Block B1 Reihe 1 hinter dem Tor neben der G\u00e4stekurve. Frontal gegen\u00fcber der Heimgeraden und auf H\u00f6he der G\u00e4steecke versprach ich uns einen relativ guten Eindruck von der Stimmung, gleich von welchen Farben diese ausging und unabh\u00e4ngig davon, wohin der ber\u00fchmte Funke sprang. Dieser Funke. Er besch\u00e4ftigt mich seit geraumer Zeit. Im Nachgang zum Besuch von Union Berlin<\/a> dachte ich etwas intensiver \u00fcber diesen Funken nach, dem manche ja irrerweise auch den Sprung von den R\u00e4ngen auf den Platz zutrauen.<\/p>\n

Verzeihung, aber dies halte ich f\u00fcr ziemlichen Unsinn. Der Sprung des Funkens geschieht wenn, dann nur in umgekehrter Richtung, und ist extrem spielverlaufsabh\u00e4ngig. Nicht auszudenken, wir h\u00e4tten die Eisernen erleben d\u00fcrfen, wie sie einen 0-1 R\u00fcckstand kurz vor Schluss egalisieren und dann das Tor der Karlsruher best\u00fcrmen.<\/p>\n

Diesen Funken kann es aber in jedem halbwegs gef\u00fcllten Stadion geben. Er ist nicht zu einhundert Prozent von einer lautstarken Fanszene abh\u00e4ngig, auch wenn es mit einer sehr aktiven Mange nat\u00fcrlich leichter ist.<\/p>\n

Entscheidend ist eigentlich eher der Funkenspringzeitpunkt. Der Funkenspringzeitpunkt? Man nehme die Attraktivit\u00e4t der ersten Offensivszene (A) und multipliziere diese mit der Stimmungswilligkeit der Fans (B), addiere die Lautst\u00e4rke der ersten aktiven Fans sowie die Intensit\u00e4t der Mimik und ber\u00fccksichtige \u00fcber die gesamte Arena hinweg zus\u00e4tzlich den Gleichm\u00e4\u00dfigkeitsverteilungsfaktor extrem stark gestikulierender Supporter. Simsalabim. Der Funke entsteht. Der Unterschied zwischen einzelnen Teams ist eventuell in der Ursache des Funkens zu verorten.<\/p>\n

Heute in Dresden reichten ein, zwei nette Offensivszenen, \u00a0in Dortmund reicht manchmal auch ein Gegentor, um reflexartig das Team in voller G\u00e4nze zu supporten. In anderen Stadien wiederum funkt’s vielleicht erst nach dem 3-0 oder nur nach ganz besonderen Situationen oder in ganz besonderen Spielen. Heute funkte es nur kurz.<\/p>\n

Dann brannte es lichterloh. Der Support, den ich aus dem mir wie gesagt frontal gegen\u00fcberliegenden Dresdener Block akustisch und optisch sehr gut wahrnehmen konnte, war \u00fcber die R\u00e4nge hinweg fast fl\u00e4chendeckend, und so war es dann in Verbindung mit dem Spielverlauf nat\u00fcrlich auch leichter, die Haupt- und die Gegentrib\u00fcne zum Mitmachen zu animieren. Bez\u00fcglich der Stimmung allererste G\u00fcteklasse. Mir fallen keine zwei Erstligabegegnungen ein, bei denen wir eine so gute Stimmung erleben durften. Auch wenn dies sicherlich dem geradezu perfekten Spielverlauf und den ebenso intensiv singenden Kaiserslauterner Fans geschuldet war. Man k\u00f6nnte fast sagen, dass es bez\u00fcglich der Stimmung perfekt war. Fast?<\/p>\n

Ich nehme es niemandem \u00fcbel, dass schon in der ersten Viertelstunde der Ruf aus dem Dresdener Block laut wird, ob man denn das Gest\u00f6hne der Lauterer S\u00f6hne von M\u00fcttern aus dem Horizontalgewerbe h\u00f6rt, und auch Spruchb\u00e4nder, auf denen Worte wie \u201eKinderf\u2026..\u201c angedeutet sind, st\u00f6ren mich nur wenig, haben aber vielleicht sogar thematisch ihre Daseinsberechtigung. Was mich wirklich nervte war die Abschlusshumba, auf die wir einen fantastischen Blick hatten, und bei der der Capo es f\u00fcr notwendig hielt, mehrfach ein: \u201eGebt mir ein Scheiss Kaiserslautern\u201c von seiner Wand einzufordern. Unn\u00f6tig und unsouver\u00e4n.<\/p>\n

Da hatte das \u201eDer Betze flennt\u201c-Banner mehr Stil. Am meisten mag ich aber, wenn Kurven ihre Mannschaft feiern und wenig Wert auf die Denunzierung und Dem\u00fctigung des Gegners legen, oder es ihnen zumindest gelingt, auch den neutralen Fan zum schmunzeln zu bringen, so wie es zum Beispiel den Bayern-Fans gegen die Borussia aus Dortmund mit der \u201eNoch auf der Suche\u201c-Choreo<\/a> gelungen ist.<\/p>\n

Was mich ebenfalls nervt, auch auf die Gefahr hin, dass mich der ein oder andere nun als paranoiden Nestbeschmutzer bezeichnet, ist dieses stupide ‚Sieg! Sieg! Sieg!‘-Gebr\u00fcll, welches unter dumpfem Getrommel meines Erachtens nach sogar noch p\u00fcnktlich in der 88. Minute begann. Sorry, aber da sch\u00fcttelts mich ein wenig. Ausserhalb dieser beiden Fauxpas, sofern man sie so beurteilen m\u00f6chte, machte Dynamo viel richtig.<\/p>\n

Ein Maskottchen wurde, wenn es \u00fcberhaupt eines gab, gut versteckt und die vom Sohn ebenfalls verhassten Halbzeitspiele waren wiederum so albern, dass der Sohn es schon wieder lustig fand. Das dann noch ein 4-j\u00e4hriger Namensvetter, also drei oder vier Jahre j\u00fcnger als Jason, zum Schuss in die M\u00fclltonne vorm Dresdener Tor ansetzen durfte, und lautstark unter Nennung seines Namens vom gesamten Block im Rudolf HArbig Stadion gefeiert wurde, gefiel Jason sichtlich gut. Zumindest so lange, bis ich mit den Getr\u00e4nken um die Ecke kam und er mich sah.<\/p>\n

Der Sohn hatte \u00fcberhaupt eine Menge Spass. Ulf, ein Dynamit-Typ unter den Dynamofans, stellte sich immer auf den Sitz neben dem Sohn, um w\u00e4hrend des Telefonierens seinem Herrn Papa zuzuwinken, der wohl einen Sitzplatz auf einer der Geraden hatte.<\/p>\n

\u201eVaddiiiiiii! Hier bin ich!\u201c (winkt aufgeregt)<\/p>\n

\u201eHier, siehst Du mich?\u201c (winkt aufgeregter)<\/p>\n

\u201eHier, jetzt direkt auf Ballh\u00f6he! (winkt so schnell, dass ich Blutstau in den Fingerkuppen bef\u00fcrchte)<\/p>\n

Jason konnte sich kaum noch beherrschen. W\u00e4hrend er sich aber haupts\u00e4chlich \u00fcber das \u201eVaddiiiiiii\u201c belustigte, was mir in Anbetracht von \u201ePapsiiiiiii\u201c nicht verg\u00f6nnt war, so musste ich doch \u00fcber die seltsame Positionsbeschreibung schmunzeln. \u00dcber das gesamte Telefonat hinweg beschrieb er seinem Vater, immer auf Basis der aktuellen Ballposition, wo er sich gerade befand.<\/p>\n

\u201eJetzt von Dir aus gesehen direkt hinter dem Ball –\u00a0jetzt von Dir aus gesehen direkt schr\u00e4g vor dem Ball!\u201c<\/p>\n

Ein einfaches \u201eDer Winkende direkt hinter Kirsten am rechten Pfosten\u201c h\u00e4tte vollkommen ausgereicht. Das Telefonat h\u00e4tte dann aber vermutlich auch keine zehn Minuten verschlungen. Machen wir es kurz. Ulf war nicht das hellste Licht am Dresdner Fansternhimmel.<\/p>\n

Dynamo h\u00e4tte an dem Tag vermutlich machen k\u00f6nnen, was es wollte. F\u00fcr des Sohns Herz reicht es wohl nicht, aber wir hatten eine Menge Spa\u00df. Trotz erneuter Marketingberieselung aus der H\u00f6lle: \u201eDynamische Geschenkideen im Fanshop\u201c, das Produkt mit dem \u201efan-tastischen Fan-Taste\u201c oder auch \u201eKorch-Brat sie dir, die Wurst\u201c und ein unfassbar schlechter Halbzeitspot f\u00fcr Nudeln aus Riesa konnten uns nicht verschrecken.<\/p>\n

Zwei spannende Dinge, die dem Sohn aufgefallen sind: Torh\u00fcter Kirsten bedankt sich immer, wenn er von den Balljungen den Ball bekommt. Ehrmann bockt Sippel nach dem Spiel noch auf dem Platz vom Allerfeinsten auf. Tats\u00e4chlich beides Erlebnisse, die ich so auch noch nicht wahrgenommen habe. Dynamo Dresden – kann man mal machen. Und das nicht nur weil wir hier im Rudolf Harbig Stadion die beste Stimmung unserer gesamten bisherigen Tour erlebten.<\/p>\n

Von diesem Ausflug haben wir keine eigenen Bilder.<\/em><\/p>\n

Bildcredits: Anh Tuan Phan<\/em><\/p>\n


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Ich bin ja bekanntlich niemand, der oft oder gerne Klischees zu bedienen versucht, au\u00dfer vielleicht wenn es um die Anh\u00e4nger des 1.FC K\u00f6ln (Schlafen unter Br\u00fccken), um Fans von Eintracht Braunschweig (alles Nazis), um die Unterst\u00fctzer des FC Buyern M\u00fcnchen (alles Kunden) oder um die gut aussehenden Supporter der Fortuna aus D\u00fcsseldorf (k\u00f6nnen alles) geht. So fuhr ich demnach auch nicht mit der Erwartung nach Dresden, dort einen im Rudolf Harbig Stadion gegen den 1.FC Kaiserslautern einen Haufen homophober Regionalnationalisten in Latschenkiefer-gr\u00fcn-rot und durchweg gewaltbereite Nazihools in schwarz-gelb vorzufinden und, um es vorweg zu nehmen: Ich wurde auch nicht entt\u00e4uscht. Dem Sohn und mir standen etwas \u00fcber 12 Stunden Zugfahrt bevor um dann bei herrlichstem Fu\u00dfballwetter\u2026 Lassen wir das. Morgens um 4:00 Uhr, nach gef\u00fchlt 2 Stunden Schlaf, kommen automatisch Zweifel hoch, wie sinnvoll diese Tour wohl werden kann. Machen wir uns nichts vor. Die Wahrscheinlichkeit, dass er Dynamo-Dresden-Fan wird, ist relativ gering, und nach einem 0-2 des eigenen Vereins gegen den Karlsruher SC und real nur 4 Stunden Schlaf fehlt ein wenig die Lust auf einen Trip gen Osten. Wir sicherten uns Pl\u00e4tze im Block B1 Reihe 1 hinter dem Tor neben der G\u00e4stekurve. Frontal gegen\u00fcber der Heimgeraden und …<\/p>\n","protected":false},"author":221,"featured_media":13359,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[2590],"tags":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/1206"}],"collection":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/221"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=1206"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/1206\/revisions"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/media\/13359"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=1206"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=1206"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=1206"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}