{"id":1927,"date":"2014-11-18T11:55:26","date_gmt":"2014-11-18T10:55:26","guid":{"rendered":"http:\/\/www.wochenendrebell.de\/?p=1927"},"modified":"2021-11-20T21:42:38","modified_gmt":"2021-11-20T20:42:38","slug":"43-jens-liebt-borussia-dortmund","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/wochenendrebell.de\/43-jens-liebt-borussia-dortmund\/fankurve\/","title":{"rendered":"#43 Jens liebt Borussia Dortmund"},"content":{"rendered":"

Mmh, alles was ich \u00fcber Jens sagen k\u00f6nnte w\u00e4re mit dem Ver\u00f6ffentlichen von Interna aus meinem Privtatnachrichten-Fach auf Twitter verbunden. Das m\u00f6chte niemand. Ich denke aber er ist ein sehr netter Kerl, also dieses eine „nett“, nicht das andere. Menschen, die „p\u00f6hlen“ schreiben m\u00fcssen gute Menschen sein. \u00a0Vielen Dank f\u00fcr den Brief, der hier im Rahmen unseres Projekts<\/a> in einer Reihe mit einigen Liebesbriefen von Fu\u00dfballfans erscheint, um meinem Sohn die Wahl seines Lieblingsvereins zu vereinfachen.\u00a0<\/em><\/p>\n

Hey Jayjay,<\/p>\n

ich bin Jens, f\u00fcr manche auch „Hose“ (@Baumwollhose<\/a>), f\u00fcr wenige „Neusser“, und ich komme aus Neuss. Neuss ist eine kleine Gro\u00dfstadt direkt bei D\u00fcsseldorf, im so genannten „Speckg\u00fcrtel“ und auf der richtigen Rheinseite, nicht auf der Sch\u00e4l Sick. Wir haben uns schon mal kurz nach dem Relegationsspiel zwischen Fortuna K\u00f6ln und Bayern II in einer Kneipe getroffen, falls du dich erinnerst. Ich war der b\u00e4rtige Typ in dem coolen Drehstuhl, nicht der lange Lulatsch, der sich deine Klatschpappe geliehen hat.<\/p>\n

Papsi m\u00f6chte dich bei deiner Suche nach dem richtigen Verein unterst\u00fctzen und hat daher gefragt, welchen Verein wir lieben und vor allem wieso. \"Simbolo_Borussia_Dortmund\"Ich finde das eine sehr interessante Fragestellung und m\u00f6chte versuchen, dir hier f\u00fcr mich eine m\u00f6glichst umfangreiche und treffende Antwort zu geben. Ich liebe Borussia Dortmund.<\/p>\n

Warum ist eine gute Frage. Mein Vater kommt aus Duisburg, hat meine Familie aber verlassen, als ich noch sehr klein war. Oft ist es so, dass man von seinen Eltern und besonders von seinem Vater erz\u00e4hlt bekommt, welchen Verein er toll findet und welchen Verein man toll finden soll. Dein Papsi macht das nicht und mein Vater hat das bei mir auch nicht gemacht. Ich konnte mir das also frei aussuchen.
\nOft sagen Leute, dass sie Erfolgsfans doof finden. Ich glaube aber, dass wir alle mehr oder weniger Erfolgsfans sind. Nur ganz selten verliebt sich jemand in etwas oder jemanden, den er nicht toll findet. Und schlechten Fu\u00dfball findet eigentlich niemand toll, oder? Und so spielt auch bei mir der Erfolg der Mannschaft eine entscheidende Rolle: Als ich sieben bzw. acht Jahre alt war, wurde Borussia Dortmund zwei mal deutscher Meister. Das fand ich nat\u00fcrlich ziemlich cool.
\nEs ist aber mit Sicherheit nicht der einzige Grund f\u00fcr meine anf\u00e4ngliche Liebe und auch ganz sicher nicht der letzte Grund f\u00fcr meine jetzige gro\u00dfe Liebe. Es waren auch ganz kleine Dinge, die dazu f\u00fchrten, dass ich BVB-Fan wurde: All meine Freunde in und um Neuss herum waren entweder Bayern-, M\u00f6nchengladbach-, Fortuna- oder K\u00f6ln-Fans, dazu noch ein oder zwei Bremer. Ich wollte anders sein, wollte nicht genau das Gleiche machen wie die anderen, auch wenn Fortuna sicher deutlich n\u00e4her gewesen w\u00e4re und M’Gladbach und K\u00f6ln erst danach zu „Fahrstuhlmannschaften“ wurden. Au\ufb02erdem wurde die deutsche Nationalmannschaft 1996 Europameister und der beste Spieler – Matthias Sammer – spielte damals f\u00fcr den
BVB<\/a>. Ich habe ihn sehr bewundert, fand ihn und seinen vorbildlichen Einsatz und seine Spielweise einfach toll, hatte Poster von ihm an den W\u00e4nden. Und zuletzt spielte vermutlich auch eine Rolle, dass man die gelben Trikots damals im Fernsehen am besten erkennen konnte! Das, was heute Sky ist, war fr\u00fcher Premiere und man musste schon damals bezahlen, um die Spiele live zu sehen. Anders als heute konnte man das verschl\u00fcsselte Signal aber damals auch auf Fernsehern ohne extra Receiver sehen, das Bild war nur sehr, sehr stark verzerrt (Papsi zeigt dir sicher mal ein Bild). Da konnte man die gelben Trikots immer am deutlichsten sehen, sodass ich mir am liebsten die verschl\u00fcsselten Spiele von Borussia Dortmund ansah. Au\u00dferdem konnte ich zumindest die Spiele in der Champions League damals, wenn es meine Mutter erlaubte, sehen, was bei Fortuna, K\u00f6ln oder M’Gladbach eben nicht ging.
\nSo bekam ich zu Weihnachten im Jahr 1996 dann mein erstes Trikot und es war ein neongelbes Trikot mit schwarzen Streifen und ohne Spielernamen, da sich mein Patenonkel, der es mir geschenkt hatte, zwar sicher war, dass ich den BVB toll fand, aber nicht wusste wer mein Lieblingsspieler war. Und als ich dann sp\u00e4ter endlich zum ersten Mal in einem Stadion war, weil mich mein Onkel mit zu den Duisburger Zebras nahm, gab es nach dem Spiel eine Aufnahme von der Trib\u00fcne und den Fans in der Sportschau und man sah unter lauter blau und wei\u00df einen einzigen gelben Punkt, weil ich selbst beim Spiel MSV Duisburg gegen M\u00f6nchengladbach nicht auf mein BVB-Trikot verzichten wollte.
\nDas alles war aber nur meine kindliche Schw\u00e4rmerei. Nat\u00fcrlich verfolgte ich den BVB weiter im Fernsehen so gut es ging, trug im Sportunterricht nichts anderes als BVB-Trikots und selbstverst\u00e4ndlich wollte ich beim P\u00f6hlen auf dem Bolzplatz immer den BVB vertreten. Aber trotzdem schlief meine Liebe in den Jahren meiner Pubert\u00e4t und der sportlichen Talfahrt am Ende des letzten Jahrtausends ein wenig ein. Ich fand zeitweise einfach andere Sachen cooler als Fu\u00dfball, spielte lieber „Die Siedler II“ am PC eines Freundes oder baute das ferngesteuerte Auto mit Verbrennungsmotor eines anderen Kumpels zusammen.
\nWieder war es der Erfolg, der mich zur\u00fcckholte, der mich in seinen Bann zog und den BVB in mein Leben zur\u00fcckkatapultierte. Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich mit meinen damaligen Freunden bei einem Kumpel in der Wohnung sa\u00df, weil sein Vater Premiere hatte und wir so die Konferenz des letzten Spieltags 2001\/02 gucken konnten. Ich sa\u00df ziemlich bedr\u00f6ppelt auf der Eckledercouch, als Bremen in F\u00fchrung ging und der BVB wohl doch nicht Meister zu werden drohte. Aber durch Tore von Jan Koller und Henrique Ewerthon drehte Borussia das Spiel noch und wurde erneut deutscher Meister. Es war die erste Meisterschaft, die ich wirklich, wirklich bewusst wahrnahm und an die ich mich auch heute noch erinnern kann.
\nVon da an sollte mich der BVB nicht mehr loslassen und auch ich w\u00fcrde den BVB nicht mehr loslassen. Ich kaufte mir regelm\u00e4\u00dfig den Kicker und das Bundesliga-Sonderheft, wir bekamen zuhause den ersten Internetzugang und so konnte ich endlich auf dem Laufenden bleiben, wenn es um den BVB ging, weil in den Zeitungen, die man so in Neuss kaufen kann, eigentlich nur was \u00fcber Fortuna, K\u00f6ln oder M\u00f6nchengladbach steht. Ein knappes Jahr sp\u00e4ter war es dann auch endlich so weit und ich besuchte zum ersten Mal das wundervolle Westfalenstadion – ohne Mama, Papa oder Onkel. Nur ich, ein guter Freund und 83.000 andere Fans, die dem BVB gegen den
SC Freiburg<\/a> beim Siegen zusahen.
\nSeit der Saison 2004\/05 bin ich Eigent\u00fcmer einer Dauerkarte auf der S\u00fcdtrib\u00fcne. Der BVB durchlebte damals eine finanziell sehr schwierige Lage und ich fuhr, teilweise sogar allein, weil mein Freund nicht sofort eine Dauerkarte bekam, zu jedem Heimspiel. Und obwohl ich allein war und auch allein im Zug sa\u00df, war ich auf der S\u00fcdtrib\u00fcne sehr schnell nicht mehr allein. Ich suchte mir einen Platz, stellte mich neben jemanden, der mir komplett fremd war, unterhielt mich mit ihm \u00fcber Fu\u00dfball und den BVB und merkte erst nach f\u00fcnf oder sechs Spielen, dass dieser „Fremde“, mit dem ich jedes Heimspiel sah, genau wie ich den Vornamen „Jens“ tr\u00e4gt.
\nDiese riesige Trib\u00fcne mit fast 25.000 Leuten war recht schnell zu meinem zweiten Zuhause geworden und ich freute mich jede zweite Woche mehr auf den Stadionbesuch als auf Parties oder Schulferien. Auch wenn ich im Stadion quasi niemanden kannte, hatten wir alle das gemeinsame Interesse Borussia Dortmund und auch das gemeinsame Ziel, dass unsere Mannschaft und unser Verein m\u00f6glichst erfolgreich ist. Gerade in der schwierigen Situation rund um die damalige Fast-Pleite hat uns das sehr eng verbunden und ich lernte viele tolle Menschen und enge Freunde kennen, die ich sonst vermutlich nicht so kennengelernt h\u00e4tte.
\nUnd genau das ist dann auch der Grund, weshalb ich Borussia Dortmund auch heute noch liebe. Klar finde ich die gelben Trikots heute immer noch viel sch\u00f6ner als rote oder blaue, selbstverst\u00e4ndlich macht es mir richtig viel Spa\ufb02, den aktuell sehr guten Fu\u00dfball des BVB mitanzusehen, doch den gr\u00f6\u00dften Anteil an meiner unsterblichen Liebe haben die Leute, die diesen Verein ausmachen, die Mitglieder und Fans, die ihre Zeit, ihr Geld und ihr Herzblut in Treffen, Reisen und Projekte stecken, die den Verein unterst\u00fctzen und kritisieren. Egal ob es Ultras sind, denen ich mal recht nahe stand, egal ob es die wundervollen und wirklich tollen Menschen hinter
schwatzgelb.de<\/a> sind, egal ob es meine Jungs und M\u00e4dels aus Neuss sind, mit denen ich schon so manche Fahrt und Tour erlebt habe: Borussia verbindet Generationen, M\u00e4nner und Frauen, alle Nationen. Ich habe beim Fu\u00dfball viele tolle Momente erlebt, viele tolle Dinge gesehen und vor allem sehr viele Freunde gefunden. Nat\u00fcrlich gab es auch Streit, miese Tage und herzzerrei\u00dfende Niederlagen (wie z.B. in Wembley oder Berlin), aber am Ende haben diese unfassbar tollen Leute auf und neben dem Platz es immer geschafft, mir ein L\u00e4cheln auf die Lippen zu zaubern oder mein Herz wieder mit Gl\u00fcck zu f\u00fcllen. Und genau daf\u00fcr liebe ich Borussia Dortmund.<\/p>\n

P.S.: Das Faszinierende daran ist, dass ich mir sicher bin, es bei fast jedem anderen Verein genau so h\u00e4tte erleben zu k\u00f6nnen. Klar, vielleicht nicht diese Erfolge und nicht diesen guten Fu\u00dfball, aber ich bin mir sicher, dass dir auch Fans der Blauen, aus Bremen, N\u00fcrnberg oder Hamburg tolle Geschichten von gemeinsamen Touren erz\u00e4hlen k\u00f6nnen. Und genau deshalb liebe ich und du und so viele andere Menschen den Fu\u00dfball. Und das ist eigentlich ziemlich cool, oder?<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Mmh, alles was ich \u00fcber Jens sagen k\u00f6nnte w\u00e4re mit dem Ver\u00f6ffentlichen von Interna aus meinem Privtatnachrichten-Fach auf Twitter verbunden. Das m\u00f6chte niemand. Ich denke aber er ist ein sehr netter Kerl, also dieses eine „nett“, nicht das andere. Menschen, die „p\u00f6hlen“ schreiben m\u00fcssen gute Menschen sein. \u00a0Vielen Dank f\u00fcr den Brief, der hier im Rahmen unseres Projekts in einer Reihe mit einigen Liebesbriefen von Fu\u00dfballfans erscheint, um meinem Sohn die Wahl seines Lieblingsvereins zu vereinfachen.\u00a0 Hey Jayjay, ich bin Jens, f\u00fcr manche auch „Hose“ (@Baumwollhose), f\u00fcr wenige „Neusser“, und ich komme aus Neuss. Neuss ist eine kleine Gro\u00dfstadt direkt bei D\u00fcsseldorf, im so genannten „Speckg\u00fcrtel“ und auf der richtigen Rheinseite, nicht auf der Sch\u00e4l Sick. Wir haben uns schon mal kurz nach dem Relegationsspiel zwischen Fortuna K\u00f6ln und Bayern II in einer Kneipe getroffen, falls du dich erinnerst. Ich war der b\u00e4rtige Typ in dem coolen Drehstuhl, nicht der lange Lulatsch, der sich deine Klatschpappe geliehen hat.<\/p>\n","protected":false},"author":225,"featured_media":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[267],"tags":[4221],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/1927"}],"collection":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/225"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=1927"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/1927\/revisions"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=1927"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=1927"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=1927"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}