{"id":686,"date":"2013-06-19T09:40:41","date_gmt":"2013-06-19T07:40:41","guid":{"rendered":"http:\/\/www.wochenendrebell.de\/?p=686"},"modified":"2021-01-09T17:52:23","modified_gmt":"2021-01-09T16:52:23","slug":"sightseeing-berlin","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/wochenendrebell.de\/sightseeing-berlin\/suche-lieblingsfussballverein\/","title":{"rendered":"Sightseeing Berlin"},"content":{"rendered":"

Hertha BSC-Energie Cottbus, 19.05.2013<\/h2>\n

Sightseeing Berlin und der letzte Spieltag der Fu\u00dfballbundesliga. Wir waren zu Gast bei der Berliner Hertha gegen Energie Cottbus<\/a>.<\/p>\n

Immer wenn ich auf unseren Reisen verunsichert bin ob, Sohnemann ein neues angek\u00fcndigtes Wagnis doch zu sehr besch\u00e4ftigt, ob ich ihn mit einer Neuerung oder einer bewusst kurzfristig geplanten Ver\u00e4nderung \u00fcberfordere und einen Overload riskiere, frage ich ihn, ob alles klar ist.<\/p>\n

Die oft erhaltene und bestm\u00f6gliche Reaktion ist dann immer wenn er mich schelmisch grinsend anschaut: \u201ePapsi, wie schaut es bei Dir aus? Kommst du klar damit?\u201c Er schreit mir auch schon einmal ins Gesicht, dass er nat\u00fcrlich klar kommt, was so ziemlich genau das Gegenteil bedeutet. Im Beisein von anderen nickt er auch schon einmal zustimmend, w\u00e4hrend seine Augen sagen: \u201eNicht gut!\u201c<\/p>\n

Mit der Zeit lernte ich zu erkennen, zu lesen, zu verstehen und mit mehr als den Ohren zuzuh\u00f6ren. 30 Jahre Lebenserfahrung, berufliche Mentoren, schulische Lehrer und wunderbare Eltern waren nicht in der Lage, mir beizubringen, was dieses kleine, manchmal nervt\u00f6tende Scheusal von wunderbarem Kind mich gelehrt hat.<\/p>\n

Dieser Teufelskerl hat mir in unserer gemeinsamen Zeit den Blick f\u00fcr das Wesentliche gesch\u00e4rft, simple Sch\u00f6nheit aufgezeigt und mir nahegelegt die gro\u00dfen Probleme meiner Welt zu relativieren. Sehr nahe.<\/p>\n

Das klingt seltsam, selbstverst\u00e4ndlich und zugleich logisch, auch weil das wohl jeder Papa \u00fcber sein Kind sagen w\u00fcrde, aber ich empfinde eine sehr gro\u00dfe, tiefe und aufrichtige Dankbarkeit, dass mein Sohn, so ist wie er ist. Kein aber.<\/p>\n

Nach der Bahnhofsbesichtigung endlich an der U-Bahnstation Birkenstra\u00dfe angekommen, erfragten wir den Weg zum Hotel Moa. Der nette Herr im heynckesken<\/span> sehr hohen Alter holte ein wenig aus, um uns zu erkl\u00e4ren, wie der Stadtteil Moabit zu seinem Namen gekommen ist (so behauptete er es zumindest, doch es war eine L\u00fcge), um uns nach ca. dreimin\u00fctigem Monolog mitzuteilen, dass sich das Hotel 200 Meter weiter geradeaus befinde.<\/p>\n

Nach Bezug des Hotels und dem unwirklich erscheinendem Studium des t\u00fcrkischen Bundesliga-Livetickers im Moabiter D\u00f6nerladen st\u00fcrzten wir uns mit der gesamten Family ins Get\u00fcmmel. Die Damen widmeten sich diversen Shoppingpal\u00e4sten, die es anscheinend nur in Berlin gibt (H&M, Pimkie, Esprit,\u2026), w\u00e4hrend mein Schwager und mein Dad in Anbetracht des guten Wetters gerne einfach bei einer Tasse Kaffee entspannen wollten.<\/p>\n

Sohn hatte andere Pl\u00e4ne. Sightseeing war angesagt. Das Brandenburger Tor<\/a>, die Mauer<\/a>, das Hotel Adlon<\/a>, der Reichstag<\/a>, sein Sightseeing-Highlight, die U-Bahnstrecke zwischen Hbf und Bundestag<\/a> und die Siegess\u00e4ule wollten begutachtet werden.<\/p>\n

Wir st\u00fcrzten uns also in einen der Sightseeing-Busse und rauschten durch Berlin. Der Stadtf\u00fchrer versorgte uns fachm\u00e4nnisch und routiniert mit den entscheidenden Informationen rund um die Historie der Hauptstadt, sodass Sohnemann nun auch bildlich die Geschehnisse zum Mauerfall etwas besser einordnen konnte.<\/p>\n

Seine Zusammenfassung der historischen Ereignisse: \u201eDie fanden die Mauer nicht gut, also haben sie die weg gehauen. Warum haben die so lange damit gewartet? Oder haben die so lange daf\u00fcr gebraucht? Aber egal. Hauptsache die Mauer ist weg.\u201c<\/p>\n

Die Thematik besch\u00e4ftigte Ihn aber auch noch in der S-Bahn auf dem Weg ins Hotel. \u201ePapsi, hast du auch: \u201aDie Mauer muss weg! Die Mauer muss weg!\u2018 geschrien?\u201c Ich erkl\u00e4rte ihm mein damaliges Alter und meine pers\u00f6nliche Situation, aber er schien trotzdem etwas emp\u00f6rt, dass ich nicht wenigstens diese Mauer mit weggeh\u00e4mmert habe. Wir hockten etwas platt im Untergeschoss des Bahnhofs Zoo auf unsere Bahn wartend als Sohnemann fragte, wie wir eigentlich morgen zu dem Radisson Blu Hotel kommen w\u00fcrden.<\/p>\n

Ich hatte, obwohl wir bereits einmal das dortige Sealife wegen des Aufzugs ansteuerten, ein wenig verdr\u00e4ngt wo wir \u00fcberhaupt hin m\u00fcssen und antwortete ihm daher, dass ich dies noch in Erfahrung bringen m\u00fcsse, weil ich es vergessen habe. \u201eWo wollense hin?\u201c fragte die Dame, die bez\u00fcglich ihres Alters nicht ganz Jupps Frau sein k\u00f6nnte, aber nah dran lag.<\/p>\n

Ich erkl\u00e4rte ihr, dass wir zum Sealife wollen, womit sie nicht sofort etwas anfangen konnte. Als ich Ihr dann von der Anbindung zum Radisson Blu Hotel und dem dortigen Aquarienaufzug berichtete, wusste sie dies besser zuzuordnen, und kl\u00e4rte mich auf. Ich erspare allen die Wegbeschreibung, die lediglich zehn Prozent des Monologs in Anspruch nahm, einhergehend mit der Geschichte<\/a> Berlins, gef\u00fchlt von 1871 bis heute. Aber!<\/p>\n

Sehr, sehr nett und seltsamerweise hing Sohnemann an ihren Lippen und lauschte ihren Worten. Ich war mehr als erstaunt.<\/p>\n

Aus kleineren Ortschaften, wo man um Hilfe bat, war ich Entgegenkommen gewohnt. Die aktive Hilfsbereitschaft, die uns hier in DER Gro\u00dfstadt entgegen gebracht wurde, konnte Zufall gewesen sein, passte aber bis dato ins au\u00dferordentlich charmante Bild, welches ich von Berlin gewinnen durfte. Berlin, ick mag Dir.<\/p>\n

Ich musste sofort an die Story von dem netten, alten Typen denken, der uns die Geschichte vom Drachen Moa auftischte. Angeblich stand dieser Drache Pate f\u00fcr die Namensgebung des Stadtteils Moabit. Eine Geschichte, die sich nicht wirklich belegen l\u00e4sst<\/span> der Vogel ziemlich exklusiv hatte. Trotzdem. Berlin, ick mag Dir.<\/p>\n

Der Sonntag begann mit der klaren Aufteilung in zwei nach Geschlecht sortierten Gruppen. W\u00e4hrend die Damen in den Zoo fuhren, wollten die M\u00e4nner der Sippe das letzte Saisonspiel der Berliner Hertha gegen Energie Cottbus<\/a> genie\u00dfen<\/span> sehen.<\/p>\n

Mein Gott. Was f\u00fcr ein Stadionumfeld. Eventuell trugen das fantastische Wetter und die auf den Wiesen verstreuten, sich sonnenden Menschen, sowie der bereits feststehende Aufstieg der Hertha in die erste Liga einen Teil zur Atmosph\u00e4re bei, aber bei Anblick der altehrw\u00fcrdigen Sportst\u00e4tten im Umfeld und der Wirkung, die sie zumindest bei mir erzielten, war mir erstmals klar, warum diese Diskussion um einen anderen Finalspielort f\u00fcr das DFB-Pokalfinale nie wirklich chancenreich war. Nat\u00fcrlich immer unter der Voraussetzung, dass man sich des historischen Kontext bewusst ist.<\/p>\n

Unfassbar intensiv. Ein echter Kraftplatz.<\/p>\n

Weil mein Herr Papa ja auch nicht mehr so jut kieken kann, hatte ich Pl\u00e4tze in den untersten Reihen der Gegentrib\u00fcne geordert, was uns einen tollen Blick ins gesamte Rund und auf die Geschehnisse des Platzes erm\u00f6glichte. Die Berliner Fans feierten sich und ihre Mannschaft mit einer Choreografie und lautstarken Sprechch\u00f6ren schon vor Beginn des Spiels.<\/p>\n

Lediglich beim angestimmten Chant: \u201eCottbus! Cottbus! 2 .Liga! Oh ist das sch\u00f6n, euch nie wieder zu sehen\u201c war es verd\u00e4chtig ruhig, vielleicht auch in der weisen Voraussicht, dass so eine Bundesligasaison recht schnell rumgehen k\u00f6nnte und man dann selbst auch wieder im Unterhaus kicken darf.<\/span><\/p>\n

Das Spiel ist schnell zusammengefasst. Ich hoffe f\u00fcr die Berliner Hertha, dass der Auftritt der fehlenden Motivation und den heftigen Feierlichkeiten geschuldet war. Ich habe nicht viel gesehen, was mich glauben l\u00e4sst, dass sich eine Mannschaft in \u00e4hnlicher Konstellation l\u00e4nger als ein Jahr im Oberhaus halten kann und ich halte auch wenig von dem Hauptstadt-muss-Bundesliga-Geheule und \u00e4hnlich sehen dies vermutlich 17 weitere Bundesligavereine.<\/p>\n

Aber als ich bei den Aufstellungen den Namen Kobiashwilli h\u00f6rte pochte mein kleines Fu\u00dfballer-Herzchen janz, janz dolle in Anbetracht der Spielernamen, die mir pl\u00f6tzlich auf den Schirm gerieten.<\/p>\n

Ali Daei f\u00fcr den FC Bayern M\u00fcnchen<\/p>\n

Olaf Thon f\u00fcr Schalke 04<\/a><\/p>\n

Wolfgang Feiersinger f\u00fcr Borussia Dortmund<\/a><\/p>\n

Rade Bogdanovic f\u00fcr Werder Bremen<\/p>\n

Jonathan Akpoborie f\u00fcr den VfB Stuttgart<\/a><\/p>\n

J\u00fcrgen Rische f\u00fcr den 1.FC Kaiserslautern<\/p>\n

Maurizio Gaudino f\u00fcr den VfL Bochum<\/a><\/p>\n

Ansgar Brinkmann f\u00fcr Eintracht Frankfurt<\/p>\n

Und dies sind nur einige der Helden, die sich mit dem gef\u00fchlt seit 30 Jahren aktiven Lewan in einer Saison das Spielfeld teilen durften.<\/p>\n

Wo wir aber gerade bei einem Brasilianer, wenn auch einem wei\u00dfen, stehen geblieben sind.<\/p>\n

Sohn freute sich aber heute am meisten auf das einzige<\/span> gro\u00dfe Highlight eines jeden Hertha-Spiels.<\/p>\n

Dieses optische Ideal eines brasilianischen Steuerberaters, der allerdings \u00fcber einen Fu\u00df verf\u00fcgt, den der liebe Gott bei der Verteilung seinerzeit nur \u00fcbrig hatte, weil es vermutlich in Brasilien so wenig Pferde gab, die man damit h\u00e4tte ausstatten k\u00f6nnen.<\/p>\n

Sohn hatte die klare, logische und selbstverst\u00e4ndliche Erwartungshaltung, dass die Kree-Legat-Roberto-Carlos-Mischung der Copacabana mindestens ein Freisto\u00dftor schie\u00dft. In den zwei oder drei Situationen, in denen der s\u00fcdamerikanische Klon Thors in Strafraumn\u00e4he zum Freisto\u00df kam, stieg beim Sohn die Anspannung sp\u00fcrbar an.<\/p>\n

Die Entt\u00e4uschung danach war aber auch gro\u00df, nachdem das Freisto\u00dfmonster mit den Geheimratsecken bis zu den Schulterbl\u00e4ttern den ersten Strahl noch aufs Tor brachte, bei den anderen Freist\u00f6\u00dfen aber eher kl\u00e4glich scheiterte.<\/p>\n

Wir diskutierten und ich versuchte Sohnemann der Illusion zu berauben, dass ein Freisto\u00df, selbst wenn er von der Dampframme unter Zicos Erben getreten wird, eben kein Elfmeter nur aus anderer Entfernung, aber mit der gleichen Ergebniswahrscheinlichkeit, ist.<\/p>\n

\u201eEr steht nicht mittig zum Tor und die Mauer verdeckt zwei Drittel des Tores\u201c, ersuchte ich den Sohn um Verst\u00e4ndnis f\u00fcr die brasilianische Wuchtbrumme. Ohne Erfolg.<\/p>\n

Viel mehr bezog sich des Sohnes Groll nun auf das Berliner Publikum.<\/p>\n

\u201eDie m\u00fcssen das machen wie damals \u2013<\/p>\n

Die Mauer muss weg!<\/p>\n

Die Mauer muss weg!\u201c<\/p>\n

Diese pointierte \u00c4u\u00dferung des Sohns hatte etwas ganz besonderes. Er hatte diese bewusst gemacht und sauber platziert. Die meisten lustigen \u00c4u\u00dferungen haut Sohnemann eher zuf\u00e4llig raus, wobei er dann auch sehr empfindlich reagiert, wenn ich beim Lachen nicht unmittelbar aufkl\u00e4re, dass ich ihn nicht auslache, sondern seinen Witz super fand.<\/p>\n

Ich sah sein erwartungsvolles Gesicht. Entweder er hoffte ich w\u00fcrde lachen oder er war sich nicht sicher, ob sein alter Herr den Witz verstanden hatte. Sein alter Herr hatte aber einige Sekunden erst einmal mit der Verwunderung zu k\u00e4mpfen, die dieser meines Erachtens nach recht sportliche Gedankentransfer von Sohnemann so ausl\u00f6ste.<\/p>\n

Nat\u00fcrlich b\u00f6lkte ich dann vor Lachen, klopfte die Schenkel und prustete laut los, auch wenn dies bei meinem Dad wiederum Sorge ausl\u00f6ste, ob es gut ist(w\u00e4re), mich so direkt in der prallen Sonne sitzen zu lassen.<\/p>\n

Und trotzdem war ich erstaunt. Nicht das erste Mal. Aber das erste Mal so nachhaltig.<\/p>\n

Die erste Halbzeit pl\u00e4tscherte dahin. Mit der gl\u00fccklichen Situation der zus\u00e4tzlichen Begleitung ausgestattet, beschloss ich zur Umgehung des \u00fcblichen Getr\u00e4nkehol-Desasters in der Halbzeit diesmal etwas fr\u00fcher aufzubrechen. Sohnemann k\u00f6nnte bei seinem Opa verbleiben und in der Hitze gleich sicher ein k\u00fchles Getr\u00e4nk vertragen.<\/p>\n

In der 40. Spielminute brach ich auf. Der einzige Getr\u00e4nkestand war gl\u00fccklicherweise noch nicht sonderlich stark frequentiert. Zu dem sah ich drei Personen auf engstem Raum hektisch agieren. Umso verwunderter war ich, dass bei Ankunft noch kein einziges Getr\u00e4nk vorgezapft war. Die Stimmung schien auch schon leicht gereizt. Die Bierzapfanlage war defekt.<\/p>\n

Haha! Ich wollte Wasser<\/a>.<\/p>\n

\u201eEntschuldigung, ich h\u00e4tte gerne ein Wasser.\u201c<\/p>\n

\u201eUnsere Bierzapfanlage funktioniert nicht\u201c, antwortete die junge Dame noch nett.<\/p>\n

Ich verstand das Problem nicht sofort.<\/p>\n

Mir fiel aber ein, dass ich seit Jahren in Stadien kein Bier mehr getrunken habe, mehrfach aber von der d\u00fcnnen, w\u00e4ssrigen Pl\u00f6rre h\u00f6rte (geh\u00f6rt hatte), die mittlerweile angeblich ausgeschenkt wurde. Sollte diese Entwicklung so weit vorangeschritten sein, dass der Ausfall der Bieranlage automatisch zu einem Wasserverkaufsstopp f\u00fchrte, weil beides ein und dasselbe ist?<\/p>\n

Ich murmelte in mich hinein : \u201eUnfassbar.\u201c<\/p>\n

Anscheinend nicht leise genug, denn die Dame neben mir sieht dies als Aufforderung, mir zu erkl\u00e4ren, dass die Damen nichts daf\u00fcr k\u00f6nnen und ich mich doch einfach mal gedulden solle. Ich k\u00f6nnte mich ja mal in die Situation versetzen, wie unangenehm das dann sei f\u00fcr die Damen. Sie arbeite schlie\u00dflich auch in der Gastronomie.<\/p>\n

\u201eIch m\u00f6chte doch nur ein Wasser.\u201c<\/p>\n

\u201eWir brauchen noch einen Moment, wir haben Probleme mit der Bierzapfanlage.\u201c<\/p>\n

\u201eHey, kein Problem. Ich warte. Gerne. Bis zum Anpfiff. Entweder bis zum Anpfiff der zweiten Halbzeit. Oder bis zum Anpfiff der neuen Saison\u201c, h\u00e4tte ich gerne gesagt.<\/p>\n

Ich hatte eigentlich keine Lust, dies mit der Dame zu diskutieren. Die \u00dcberforderung stand allen dreien ins Gesicht geschrieben. Eine bewegte immer wieder den Zapfhahn, begleitet von diversen F\u00e4kalausdr\u00fccken, hin und her, die Zweite hielt sich an der offenen Geldschublade fest und teilte immer mit, dass sie wegen des Geldes nicht weg k\u00f6nne, die dritte machte das Chaos<\/a> perfekt, indem sie v\u00f6llig grundlos leere, aber benutzte Becher stapelte und neben die sauberen stellte.<\/p>\n

Ich murmelte mein tr\u00f6lftes \u201eunfassbar\u201c, w\u00e4hrend die Dame mit den vielen F\u00e4kalw\u00f6rtern den Eindruck vermitteln wollte, man m\u00fcsse diesen Zapfhahn nur vierzigtrillionen Mal hin- und herbewegen und es fl\u00f6sse pl\u00f6tzlich wieder Bier heraus. Ich entdeckte 0,5 l Flaschen mit Apfelschorle und Wasser direkt neben Frau IchhaltedieKassefest auf dem Boden der Getr\u00e4nkebutze.<\/p>\n

\u201eEntschuldigen Sie. Reichen Sie mir doch bitte einfach zwei von den Flaschen da aus der Kiste. Ich schmei\u00dfe Ihnen das Geld direkt in die Kasse.\u201c<\/p>\n

\u201eWir d\u00fcrfen in Flaschen nichts verkaufen.\u201c<\/p>\n

Das Spiel wird wieder angepfiffen.<\/p>\n

Die Stimmung geriet nicht ins Wanken. Die Stimmung war vollends gekippt. Mittlerweile hatten sich die M\u00e4dels auch verquatscht, dass sich wohl niemand wirklich um die Ursache des Problems k\u00fcmmerte.<\/p>\n

Frau Gastroexpertin neben mir schimpfte mittlerweile wie ein Rohrspatz, w\u00e4hrend ich dem Treiben nur noch genie\u00dfend zusah.<\/p>\n

Ein letzter Versuch.<\/p>\n

\u201eWenn Sie der Wasserkiste mit Ihrem rechten Fu\u00df einen kleinen Schubser geben (w\u00fcrden), w\u00fcrde ich mir hier zwei Becher aus den Kisten nehmen, der Kiste zwei Wasserflaschen entnehmen, diese selber einschenken und Ihnen das Geld passend geben.\u201c<\/p>\n

\u201eNein, gedulden Sie sich bitte einen Moment. Wir haben Probleme mit der Bierzapfanlage.\u201c, erfuhr ich, w\u00e4hrend sie weiter die Kasse festh\u00e4lt. Produktiv wie der Berliner Flughafen im Mai 2013.<\/p>\n

Die zwischenzeitlich imposante Schlange wurde mittlerweile deutlich k\u00fcrzer. Nur der gar nicht mehr durstig dreinblickende Herthaner neben mir d\u00fcrfte in etwa auf meinem Pulslevel gelegen haben.<\/p>\n

\u201eWeeste- wenn dat unsa gr\u00f6\u00dfte Problem is n\u00e4chstet Jahr-dann is auch jut.\u201c<\/p>\n

Recht hat er. Ich wartete, genoss die Sonne und die Tatsache, dass Sohnemann in guten H\u00e4nden war. Mein Warten sollte belohnt werden. Und nach ca. 30 Minuten Wartezeit tr\u00e4gt man dann auch zwei Euro Pfand f\u00fcr einen Plastikbecher mit Fassung. Ich kehrte zu meinem Platz zur\u00fcck.<\/p>\n

Es lief die 60. Spielminute.<\/p>\n

Bis auf eine rote Karte schien ich nicht sonderlich viel verpasst zu haben. Nach kurzer Lagebesprechung mit Sohnemann entschied dieser, auch noch die feierliche \u00dcbergabe der Zweitliga-Meisterschale sehen zu wollen, auch wenn es ihm nicht einleuchten wollte, dass es diese Schale \u00fcberhaupt gibt.<\/p>\n

Und so standen wir dann da, im herrlichsten Sonnenschein, die Schale wurde \u00fcbergeben und der brasilianische Steuerberater spielte auf der Wiese mit seinen Kids als g\u00e4be es nichts wichtigeres auf der Welt. Immer mehr wurde mir das Kuriosum dieses zuf\u00e4llig so gew\u00e4hlten Saisonabschlusses bewusst.<\/p>\n

Ich stehe einen Tag nach dem Abstieg meiner D\u00fcsseldorfer Fortuna im Berliner Olympiastadion und freue mich ein klein wenig mit dem s\u00fcdamerikanischen Raketenfu\u00df, w\u00e4hrend mir gleichzeitig klar wird, dass die Rebellen im kommenden Jahr montags nicht losziehen k\u00f6nnen, wegen der Schule, aber k\u00f6nnten, weil die Fortuna sicherlich mindestens einmal im Monat Montags-Topspiel sein wird.<\/p>\n

Mein Freude h\u00e4lt sich in Grenzen, w\u00e4hrend Sohnemann das Treiben auf dem Spielfeld betrachtet und ich ein wenig die Twittertimeline der letzten Stunde nachscrolle.<\/p>\n

Ich finde einen Tweet, der zu einem Blogpost verlinkt. Ich lese, schaue aber w\u00e4hrend des Lesens immer mal wieder kurz auf, weniger weil mich das Geschehen auf dem Rasen interessiert, sondern weil ich den gerade gelesenen Satz auch erst einmal verarbeiten muss. Und den n\u00e4chsten auch. Und den darauf folgenden.<\/p>\n

Der Ramba-Samba-Freisto\u00dfspezialist wird jetzt auf der gro\u00dfen Videowall gezeigt. Er liegt auf dem Rasen, w\u00e4hrend er seine Tochter durch die Luft wirbelte. Mir bleibt ein Klo\u00df im Hals stecken. Ich weine nicht, aber ein klitzekleines bisschen ber\u00fchrt bin ich schon.<\/p>\n

Nicht wegen des Zuckerhut-Donnerfu\u00dfes, sondern wegen dieses Blogposts. W\u00e4hrend ich noch gar nicht realisiert hatte, dass die Fortuna abgestiegen ist, sind andere schon wieder einen Schritt weiter. Wow!<\/p>\n

Ich versuchte Sohn meine Gef\u00fchlslage zu erkl\u00e4ren.<\/p>\n

\u201eSoll ich Dir mal vorlesen, was die Nick hier<\/a> \u00fcber die Fortuna schreibt?\u201c<\/p>\n

\u201ePapsi, lass mich mit Deiner Fortuna in Ruhe. Ich will jetzt die Siegerehrung sehen.\u201c<\/p>\n

Die Sieger. Da war er wieder. Dieser Klo\u00df.<\/p>\n

Am n\u00e4chsten Tag, nach Sealife und Co., fahren Sohn und ich alleine zur\u00fcck mit dem Zug, w\u00e4hrend der Rest der Family mit Autos den Heimweg antritt.<\/p>\n

Recht unvermittelt beginnt Sohn folgendes Gespr\u00e4ch:<\/p>\n

Sohn: \u201eIch wei\u00df jetzt wie du das meinst mit dem Fan sein.\u201c<\/p>\n

Ich: \u201eIch wei\u00df nicht was du meinst.\u201c<\/p>\n

Sohn: \u201eDu hast mir doch gestern versucht zu erkl\u00e4ren, warum du D\u00fcsseldorf-Fan bist, obwohl die immer verlieren.\u201c<\/p>\n

Ich: \u201eJa und?\u201c<\/p>\n

Sohn: \u201eUnd du hast mir vor ein paar Wochen erkl\u00e4rt warum du kein richtiger Bayernfan mehr bist.\u201c<\/p>\n

Ich: \u201eJa?\u201c<\/p>\n

Sohn: \u201eWei\u00dft du noch als ich beim Aa machen so Schmerzen hatte?\u201c<\/p>\n

Ich: \u201eJa, warum?\u201c<\/p>\n

Sohn: \u201eDu hast mir sp\u00e4ter gesagt, dass ich jetzt einmal wei\u00df wie gut es ist, wenn man manche Dinge ohne Schmerzen machen kann, und dass ich da immer dran denken soll.\u201c<\/p>\n

Ich: \u201eRichtig, du sollst nicht alles als selbstverst\u00e4ndlich ansehen.\u201c<\/p>\n

Sohn: \u201eSo ist das auch mit dem Fan sein und mit der Gewinnerei der Mannschaft, von der man Fan ist.\u201c<\/p>\n

Mir fiel es wie Schuppen von den Augen und ich muss ziemlich d\u00e4mlich dreingeschaut haben in Anbetracht der philosophisch tiefgr\u00fcndigen Leistung, die Sohnemann so raus haute.<\/p>\n

Sohn: \u201eHihi, du meinst, Bayernfan sein ist wie Aa machen ohne Schmerzen. Man nimmt es hin und sp\u00fcrt es nur, wenn es dann doch einmal wehtut?\u201c<\/p>\n

Ich platzte vor Stolz. Unser Projekt schien eine epische Wendung zu nehmen.<\/p>\n

Sohn: \u201eNein, ich verstehe nur nicht wie man D\u00fcsseldorf-Fan sein kann. Das ist ja dann so als wenn es immer schmerzen w\u00fcrde beim Aa machen, und man dann trotzdem jedem sagt, es w\u00e4re toll. Dabei ist es eigentlich schei\u00dfe.\u201c<\/p>\n

Ich breche die weitere Darstellung des F\u00e4kalinterviews an dieser Stelle einmal ab. Am Ende der Argumentationskette stand wie immer ein Verlierer.<\/p>\n

Das Gespr\u00e4ch wechselte nochmals in diverse Richtungen, mit unterschiedlichen Blickwinkeln und Perspektiven.<\/p>\n

Unumst\u00f6\u00dflich bleibt:<\/p>\n

Der Sohn und die Fortuna.<\/p>\n

Das wird nix.<\/p>\n

Ich kann es vielleicht verhindern, dass er ein Erfolgsfan wird und beim falschen Verein dann h\u00e4ngen bleibt, aber so ganz ohne Erfolg ist es schwer ihn zum Fortuna D\u00fcsseldorf<\/a> Fan zu bekehren<\/span> auf den rechten Pfad zu geleiten. Berlin. Wir kommen wieder. Mindestens noch zwei Mal. Und das sicherlich nicht nur zum Sightseeing Berlin.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Hertha BSC-Energie Cottbus, 19.05.2013 Sightseeing Berlin und der letzte Spieltag der Fu\u00dfballbundesliga. Wir waren zu Gast bei der Berliner Hertha gegen Energie Cottbus. Immer wenn ich auf unseren Reisen verunsichert bin ob, Sohnemann ein neues angek\u00fcndigtes Wagnis doch zu sehr besch\u00e4ftigt, ob ich ihn mit einer Neuerung oder einer bewusst kurzfristig geplanten Ver\u00e4nderung \u00fcberfordere und einen Overload riskiere, frage ich ihn, ob alles klar ist. Die oft erhaltene und bestm\u00f6gliche Reaktion ist dann immer wenn er mich schelmisch grinsend anschaut: \u201ePapsi, wie schaut es bei Dir aus? Kommst du klar damit?\u201c Er schreit mir auch schon einmal ins Gesicht, dass er nat\u00fcrlich klar kommt, was so ziemlich genau das Gegenteil bedeutet. Im Beisein von anderen nickt er auch schon einmal zustimmend, w\u00e4hrend seine Augen sagen: \u201eNicht gut!\u201c Mit der Zeit lernte ich zu erkennen, zu lesen, zu verstehen und mit mehr als den Ohren zuzuh\u00f6ren. 30 Jahre Lebenserfahrung, berufliche Mentoren, schulische Lehrer und wunderbare Eltern waren nicht in der Lage, mir beizubringen, was dieses kleine, manchmal nervt\u00f6tende Scheusal von wunderbarem Kind mich gelehrt hat. Dieser Teufelskerl hat mir in unserer gemeinsamen Zeit den Blick f\u00fcr das Wesentliche gesch\u00e4rft, simple Sch\u00f6nheit aufgezeigt und mir nahegelegt die gro\u00dfen Probleme meiner Welt zu …<\/p>\n","protected":false},"author":221,"featured_media":6602,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[2590],"tags":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/686"}],"collection":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/221"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=686"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/686\/revisions"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/media\/6602"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=686"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=686"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=686"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}