{"id":765,"date":"2013-07-29T11:04:58","date_gmt":"2013-07-29T09:04:58","guid":{"rendered":"http:\/\/www.wochenendrebell.de\/?p=765"},"modified":"2021-07-04T14:46:15","modified_gmt":"2021-07-04T12:46:15","slug":"daniel-wirtz","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/wochenendrebell.de\/daniel-wirtz\/das-beste-festival-aller-zeiten\/","title":{"rendered":"Daniel Wirtz-Ein Star ist ein Stern"},"content":{"rendered":"\n

Daniel Wirtz ist ein feiner Kerl. Er hat meiner Schwester eine Videobotschaft zur Hochzeit geschickt und man kann mit ihm herrlich \u00fcber abstruseste Themen, wie den Bau des Wirtz-Towers in Frankfurt diskutieren. Beim Besuch seines ersten Konzerts in M\u00fcnchen verliefen sich ca. 20 Leute und er zog knallhart durch, jedoch nicht ohne zwischendurch f\u00fcr ein Bierchen ins Publikum zu gehen. Mit Jason besuchte ich ihn beim Serengeti-Fesival.<\/p>\n\n\n

\u201eDieser verdammte Tag kann sich ficken\u201c<\/p>\n

Serengeti-Festival, 20.07.2013, 09:30. Ca. zehn Minuten nach dem Aufstehen. Sohn eskalierte. Die Stimmung war fr\u00fchzeitig auf verdammt hohem Niveau. Die Zahnb\u00fcrste war auf dem Weg zu den sanit\u00e4ren Anlagen ins Gras gefallen. Nicht mehr verwendbar. Undesinfizierbar. Darf aber nicht weggeschmissen werden.<\/p>\n

Manche Tage fangen eben bescheiden an und entwickeln sich dann ungl\u00fccklicherweise\u00a0 kontinuierlich abw\u00e4rts. Manchmal hilft aber auch die schnelle, pragmatische L\u00f6sung eines eigentlich riesigen und f\u00fcr den Sohn unl\u00f6sbaren Problems, um ihm einen Schub zu geben, der seine Laune auf hohes Niveau hebt. Wir fuhren also ungewaschen, ungeduscht und mit g\u00e4nzlich ungeb\u00fcrsteten Z\u00e4hnen nach Stukenbrock, um\u00a0 eine Zahnb\u00fcrste zu kaufen. Auf dem Weg erkl\u00e4rte ich ihm, dass seine alte Zahnb\u00fcrste nat\u00fcrlich zuk\u00fcnftig meine pers\u00f6nliche Festivalzahnb\u00fcrste sein wird.<\/p>\n

Aber was geschah am Vorabend?<\/p>\n

Der Kopfkrieg-Tag des Serengeti-Festivals endete mit einer unspektakul\u00e4ren Show von Skunk Anansie. Sohn w\u00fcrdigte die Dame im Glitzerfummel relativ wenig, da es ihr nicht einmal gelang einen Moshpit zu erzeugen. Die Moshpit-Intensit\u00e4t oder die Circle Pit Gr\u00f6\u00dfe\u00a0 schienen sich zu einem neuen Ma\u00dfstab zu entwickeln, was es f\u00fcr Helene Fischer, Tokio Hotel und Rihanna schwer machen d\u00fcrfte, das Herz des Sohns zu erobern. Ihm reichte sogar die jeweilige \u00dcbersetzung des Songtitels, ohne nach der n\u00e4heren Bedeutung des gesamten Songs zu fragen.<\/p>\n

Auf dem Campingplatz angekommen, packte ich den Sohn in den Schlafsack und wir setzten uns kurz vor Mitternacht an unser Tischlein, um rebellisch, wie wir sind, nach dem Z\u00e4hneputzen dem Konsum diverser Erzeugnisse der S\u00fc\u00dfwarenindustrie zu fr\u00f6nen. Gerne h\u00e4tte ich das Gespr\u00e4ch in Richtung Kopfkrieg Thema gelotst, aber in der unendlichen Stille genoss es der Sohn immer sehr, einfach in den Himmel zu den Sternen zu schauen und ein wenig aus seinem Weltraumrepertoire zu referieren.<\/p>\n

Also hielt ich einfach mal meine Fresse und genoss es, mehr \u00fcber die Jupitermonde Io, Ganymed, Kallisto und wie sie alle hei\u00dfen zu erfahren. Nach wenigen Apfelringen, Gl\u00fchw\u00fcrmchen, Rollos, schokolierten Cashewkernen, Mambas, Salinos und Lakritzvampiren, schlummerte der Kopfkrieger friedlich ein und ich wuchtete ihn ins Zelt. Ein Schlachtplan f\u00fcr Tag zwei musste ausgearbeitet werden. Klar war, dass unser zweiter Festival Tag nicht von langer Dauer sein w\u00fcrde, wenn ich den Sohnemann bei erneut arabisch anmutenden Temperaturen \u00fcber das Festivalgel\u00e4nde schleppen darf.<\/p>\n

Ich machte mir die N\u00e4he des Safari-Parks zu Nutze und schlug beim Fr\u00fchst\u00fcck vor, dort ein wenig Zeit zu verbringen und erst am sp\u00e4ten Nachmittag zu \u201eFuneral for a friend\u201c auf dem Festivalgel\u00e4nde aufzuschlagen.\u00a0 So st\u00fcrzten wir durch den Park und ich konnte meine Schultern schonen. Sohn meidete dort Attraktionen, wie ein Kettenkarussel, welches aus fliegenden Elefanten besteht (Ist das deren Ernst?“), konsequent, nutzt aber gerne logische und n\u00e4her an der Realit\u00e4t liegende, aber vollkommen langweilige Fahrgesch\u00e4fte, wie stupide im Kreis fahrende Autos.<\/p>\n

Am fr\u00fchen Nachmittag fuhren wir zur\u00fcck zu unserem Campingplatz, ca. 500 m vom offiziellen Festival- und Campinggel\u00e4nde gelegen, aber mit menschenw\u00fcrdigen sanit\u00e4ren Einrichtungen ausgestattet und nur von sehr ruhigen, holl\u00e4ndischen Rentnerpaaren besucht, die tags\u00fcber Boules spielen und um 21:00 Uhr in ihrer Koje verschwinden. Beim Grillen brachte ich dem Sohn die grobe Planung f\u00fcr den restlichen Tag n\u00e4her. Neben ein paar Mittelklassebands erwartete ich voller Vorfreude das Zusammentreffen mit Daniel Wirtz. Musikalisch konnte der Sohn ihn schon begeistern und \u00fcber ein kleines Treffen und ein Foto mit einem Star w\u00fcrde er sich bestimmt freuen, insbesondere weil ihn das Thema „Star sein“ zu besch\u00e4ftigen schien und es nicht schaden k\u00f6nnte fr\u00fch zu verdeutlichen, dass es sich dabei in der Regel um Menschen wie du und ich handelt.<\/p>\n

Der Hype um die Stars und die Fans hatte ja nicht erst durch Suicidal Tendencies begonnen. Nach dem Spiel des VfB Stuttgart<\/a> gegen die SpVgg Greuther F\u00fcrth bekannte sich, die treuen Leser werden dies wissen, der Herr H.K. dazu, Fan des Sohns zu sein.\u00a0 Wie auch immer. Die Wochen nach dem damaligen Spiel brachten viel Licht in dunkle Seelenecken des Sohns. Die \u00fcbertriebene Art der eigenen Darstellung, dass er der gr\u00f6\u00dfte, beste, kl\u00fcgste Mensch auf der Welt sei, war und ist, und da h\u00e4tte man auch eher selbst darauf kommen k\u00f6nnen, nichts weiteres als das Schutzschild eines , doch an sich selbst oft zweifelnden kleinen Kerls ist, der immer h\u00e4ufiger verunsichert seine besondere Logik reflektiert.<\/p>\n

Nat\u00fcrlich hatte er Unterschiede zu anderen Kindern seines Alters bemerkt. Nat\u00fcrlich war ihm klar, dass es kein Zufall ist , dass er beim Fu\u00dfball in der Schule nie den Ball zugespielt bekommt und auch wenn ihm sehr viele seiner Eigenarten v\u00f6llig egal sind oder er zum Teil sogar stolz darauf ist, so ist er doch \u00f6fter verunsichert gewesen, ob man ihn so mag wie er ist. Es ist nicht so, dass er bereit w\u00e4re sein Verhalten auch nur im Minimalbereich deswegen zu \u00e4ndern, aber ein wenig Zuneigung tut ihm schon gut und vor allem sorgte mich sein Selbstbewusstsein und sein Auftreten.\u00a0 Jason hat seine St\u00e4rken sicherlich eher nicht im Erstkontakt.<\/p>\n

Nach dem ersten Mobbingverdacht in der Schule versuchten wir mit unterschiedlichsten Ma\u00dfnahmen sein Selbstwertgef\u00fchl zu st\u00e4rken. Nur mit einem \u00fcppigem Selbstvertrauen ausgestattet wird es ihm m\u00f6glich sein, sich zur Wehr zu setzen. Es galt abzuw\u00e4gen, aber auch auf die Gefahr hin, dass der Sohn als Angeber in der Schule auch nicht everbodys darling wird, ist mir dies allemal lieber, als nur der blo\u00dfe Verdacht, Kinder stellen sich um ihn herum im Kreis, bespucken ihn und erkl\u00e4ren ihm es w\u00e4re ein Spiel.<\/p>\n

Nachhaltigkeit<\/a> ist ein schwieriges Thema in diesem Zusammenhang, weil man Ma\u00dfnahmen und Ans\u00e4tze nie bewusst planen kann, im Umkehrschluss aber meist ein Problem nachhaltig gel\u00f6st wird, wenn der Sohn seinen Umgang mit dem Ausl\u00f6ser reglementiert hat. Es kommen zwar meist Medusa \u00e4hnlich zwei neue Probleme auf ein gel\u00f6stes, aber mit ein wenig Gl\u00fcck sind diese kleiner als das vorherige.<\/p>\n

Er f\u00fchlte sich mittlerweile nun wie ein Star. Ein kleiner Star. Aber ein Star und Stars hatten eben manchmal Krieg im Kopf. Und dieses Gef\u00fchl galt es fortan zu erhalten und zu steigern. Daher r\u00fchrte auch seine Frage und das mein Herz zum zerbersten bringende Statement nach dem Song der Suicidal Tendencies.<\/p>\n

Ihn verwirrte es, dass Stars zum Teil eine h\u00f6here Pr\u00e4senz in den Medien haben. Stars werden in Zeitungen abgedruckt, im TV gezeigt oder stehen eben auf B\u00fchnen und die Menge jubelt Ihnen zu. Soweit hatte er es nicht gebracht, woraufhin ich ihm erkl\u00e4rte, wie viele gro\u00dfartige Stars es auf der Welt gibt und gab, die nie die Aufmerksamkeit von Film, Funk und Fernsehen genossen haben, die aber daf\u00fcr von vielen Menschen geliebt und gemocht wurden.<\/p>\n

Ich erhoffte mir eine Relativierung seiner Ansicht, wenn er mit Daniel Wirtz einen seiner und meiner Stars kennen lernte. Ich hatte dieses kurze Vergn\u00fcgen erstmals bei einem kleinen Konzert, vor viel zu wenig Zuh\u00f6rern, in M\u00fcnchen, vor einigen Jahren anl\u00e4sslich der 11 Zeugen-Tour und danach immer mal wieder sporadisch bei Festivals und Konzerten.\u00a0<\/p>\n

(Hier<\/a> geht`s zur Homepage. Hier<\/a> einer der etwas ruhigeren Songs und hier entlang zu etwas rockigeren<\/a> Kl\u00e4ngen.) Unfassbar geerdeter Typ. Nun gut. Der Sohn musste auf dieses Giganten-Startreffen vorbereitet werden und so trug sich folgende eigentlich als l\u00e4nger andauernd geplante Konversation zu.<\/p>\n

\u201eWenn alles klappt, treffen wir uns nach dem Konzert noch kurz mit Daniel. Soll ich dann mal fragen, wegen einem Autogramm?\u201c<\/p>\n

\u201eTraut der sich nicht alleine mich zu fragen?\u201c<\/p>\n

\u201e\u00c4h, doch. Nat\u00fcrlich.\u201c<\/p>\n

Die Fronten waren gekl\u00e4rt.<\/p>\n

Sohnemann hatte sein Starlevel, dem\u00fctig und bescheiden wie er ist, punktgenau eingesch\u00e4tzt und ich war heilfroh, dass ich Daniel nichts von Sohnemanns Situation berichtet habe.<\/p>\n

Es sieht vielleicht manchmal ein wenig bl\u00f6d oder mitleiderheischend aus, dabei geht es mir nur darum, dass niemand den Kurzen f\u00fcr einen schlechten Kerl h\u00e4lt, weil er zur Begr\u00fc\u00dfung nicht die Hand gibt oder eben mit diversen F\u00e4kalbegriffen um sich schmei\u00dft.<\/p>\n

Beim Treffen mit Daniel ergab sich das Problem nicht. Sie sch\u00fcttelten sich die H\u00e4nde und f\u00fcr den Sohn war es das normalste von der Welt. Stars unter sich eben. Ein Autogramm wollte Daniel dann nicht, was den Sohn aber in Anbetracht der Vorfreude auf die Broilers auch nicht st\u00f6rte.<\/p>\n

Ich war perplex, froh, dankbar und verwundert, was Daniel vermutlich dazu veranlasste, mich f\u00fcr einen ziemlich durchgeknallten Fanboy zu halten. Ich hatte vieles erwartet, aber dass Sohnemann pl\u00f6tzlich jemandem die Hand gibt, was er \u00fcbrigens sp\u00e4ter abgestritten hat, lie\u00df mich erstaunt und recht still bei Daniel stehen, wie bestellt und nicht abgeholt.<\/p>\n

Sohn verfolgte unser kurzes Gespr\u00e4ch extrem desinteressiert, um dann unnachahmlich reinzuplatzen:<\/p>\n

\u201eIch will einen anst\u00e4ndigen Platz bei den Broilers – Wann gehen wir?\u201c<\/p>\n

Die Broilers waren, warum auch immer, sein erkl\u00e4rtes Ziel. Schon bei der Auswahl des Festivals waren sie der ausschlaggebende Faktor, dass Sohnemann, entgegen seiner Regelung er wolle jedes Jahr ein anderes Festival besuchen, sich erneut f\u00fcr das Serengeti-Festival entschied.<\/p>\n

Nun galt es einen vern\u00fcnftigen Platz zu erobern, was sich auf Grund eines kleinen Zwischenfalls w\u00e4hrend des\u00a0 Danko Jones Auftritts, als schwierig erwies. Sohnemann war auf eine der Br\u00fcstungen geklettert und beim Runterspringen ungl\u00fccklich auf einer der Bodenstreben gelandet und umgeknickt. Der Kn\u00f6chel schwoll leicht an, aber au\u00dfer einem K\u00fchlakku von den wirklich sehr netten Sanit\u00e4tern, lie\u00df Sohnemann keine Hilfe zu. Damit der Sanit\u00e4ter sich den Fu\u00df \u00fcberhaupt anschauen durfte, musste Papsi wieder Federn lassen.<\/p>\n

Broilers mussten vor dem ersten Wellenbrecher begutachtet werden und er wolle noch ins Moshpit. Beidem stimmte ich zu, weil ich des Sanis Aussage brauchte, ob wir \u00fcberhaupt noch hier verweilen k\u00f6nnten. Wir sollten den Fu\u00df beobachten war dann nicht die extrem hilfreiche Aussage, die ich mir versprochen hatte, aber die Versprechen gegen\u00fcber dem Sohn wollten gehalten werden.<\/p>\n

Wir platzierten uns rechts von der B\u00fchne, mit bombastisch gutem Blick. Die Schultern schmerzten von einem sehr h\u00fcpflastigen Itchy Poopzkid und einem springstarken Danko Jones Auftritt des Sohnes.<\/p>\n

Jason war on fire.<\/p>\n

Alle Bands zuvor haben ihm gut gefallen und nun, mittlerweile viertel vor Elf am Abend, zahlten sich auch die ruhigeren, schattigen Stunden im Park aus.<\/p>\n

Die Anzahl an Kindern unter 10 Jahren war nun um 22:30 Uhr auch kleiner als zwei und die ver\u00e4chtlichen Blicke lagen, zumindest gef\u00fchlt, im niedrigen dreistelligen Bereich.<\/p>\n

Es galt nun, ein wenig dem Starkult zu fr\u00f6nen und da sich Sohnemann nach dem Abschluss von \u201eFuneral for a friend\u201c erkl\u00e4ren lie\u00df, warum die Band im Graben noch die Fans abklatschte, wir noch gute 15 Minuten Zeit hatten und ich nach dem Kn\u00f6chelunfall einfach das Bed\u00fcrfnis hatte, ihm den Rest des Abends vom Star zum Superstar zu transformieren, zogen wir los.<\/p>\n

Wir ritten durch die Reihen, der Sohn die Pommesgabel reckend, forderte ich Besucher zum High Five mit dem Sohn auf \u2013 was der Sohn erst nicht raffte (oder nicht wollte), ihn dann aber immens begl\u00fcckte und weiter seine Flosse High Five bereit durch die Massen gleiten lie\u00df.<\/p>\n

Bei besonders imposanten Erscheinungen blieben wir stehen, um zum Mini-Moshpit einzuladen, was der Sohn zun\u00e4chst nur auf meiner Schulter und dann sp\u00e4ter, bei einem besonders \u00fcppig mit Fleisch bepackten Typen, dann auch, mehr oder weniger einbeinig, im direkten Fight von Angesicht zu Angesicht. Es war spannend zu beobachten, wie Sohnemann in der Euphorie pl\u00f6tzlich eigene Regeln \u00fcber den Haufen wirft. Wildfremde, v\u00f6llig verschwitzte Menschen in seltsamsten Kost\u00fcmierungen klatschten den Sohn ab und er fand es total super. Wir drehten eine komplette Runde durch den hinteren Zuschauerbereich, um uns dann auf dem R\u00fcckweg, an den unz\u00e4hligen Fressbuden vorbei, wieder auf unseren Platz zu k\u00e4mpfen. Die Meute der Fotografen wartete gerade darauf am B\u00fchnenrand Einlass zum Graben zu erhalten. Ich bat den Sohn um eine kurze Verschnaufpause, nahm Ihn von meinen mittlerweile doch arg l\u00e4dierten Schultern und ging zum Fotografenpulk. Ich fragte eine der beiden Damen, ob ich Sie um einen Gefallen bitten und sie meinen Sohn fotografieren k\u00f6nnte. Die Fotos k\u00f6nnen Sie ja danach einfach l\u00f6schen. Sie willigte ein.<\/p>\n

Ich erkl\u00e4rte dem Sohn, dass mich die Fotografen angesprochen haben, ob sie vielleicht ein Foto machen d\u00fcrfen. Auf dem gesamten Festivalgel\u00e4nde w\u00fcrde man ja nur noch von ihm sprechen. Sohn platzte vor Stolz und willigte ein. Das Posen m\u00fcssen wir vielleicht noch \u00fcben, er bevorzugte eine eher sch\u00fcchterne Haltung, aber das war in Ordnung.<\/p>\n

Die Broilers begannen. Ich richtete des Sohns Ohrst\u00f6psel erneut und platzierte ihn dort, wo meine Schultern sein sollten. Ich hatte keine Ahnung, was er an der Truppe so mochte. Es ist ja nicht so, dass ich die schlecht finde, aber es scheint mir tats\u00e4chlich so, als w\u00fcrde sich die Broilers zu einer Lieblingsband entwickeln. Aber nun gut, es h\u00e4tte schlimmer kommen k\u00f6nnen. Viel schlimmer.<\/p>\n

Am Abend vor unserer Anreise trat McFitty hier auf. Der VFL Wolfsburg<\/a> des Musikbusinesses. Be\u00e4ngstigender Gedanke, sich einmal ein volles Konzert von dem Typen anschauen zu m\u00fcssen. Auch nachdem ich beim Lieblingssong des Sohns korrigierend eingreifen musste, \u00e4nderte er seine Meinung nicht. Er hatte aus dem Song: \u201eMeine Sache, mein Problem\u201c kurzerhand: \u201eMeine Sache, dein Problem\u201c gemacht, was ich schon recht am\u00fcsant fand.<\/p>\n

Ein Freudscher Verh\u00f6rer par excellence.<\/p>\n

Er h\u00fcpfte, wippte, reckte die Gabel, klatschte und forderte mich auf zu h\u00fcpfen, zu wippen zu klatschen und die Pommesgabel zu recken. Ich muss zugeben, dass die Jungs, und nat\u00fcrlich auch die Dame, live schon ziemlich gut abgehen.<\/p>\n

Sohn verga\u00df in jedem Fall die Aufmerksamkeit, die ihm durch Handyfotos und Gewinke aus dem direkten Umfeld zu Teil wurde und genoss einfach die Musik. Ich w\u00fcrde zu gerne wissen was in diesen Momenten aus dem \u201eWar in his head\u201c wird. Kann er frei von jeglichem Gedankenchaos Musik einfach nur genie\u00dfen, ohne sich gleichzeitig \u00fcber tausende Dinge Gedanken zu machen? Gef\u00e4llt Ihm diese Art von Musik wirklich? Wie w\u00fcrde er klassische Musik aufnehmen? Sollte ich mit ihm zu einem Heino Konzert gehen? Oder eine Oper besuchen? Ein Muscial? Wacken 2014? Burning Man? Ungl\u00fccklicherweise schr\u00e4nken die Faktoren Zeit, Geld und eine Frau, die mich t\u00f6ten w\u00fcrde, die M\u00f6glichkeiten ein wenig ein, aber die entstandene Euphorie in der Abklatschphase und die ansteckende Stimmung, die auf einem Musikfestival \u00fcblicherweise herrscht, zeigte beim Sohn Auswirkungen, die mich intensiv ber\u00fchrten.<\/p>\n

Der Moment, in dem er mir sehr einfach darstellte, was in seinem Kopf los ist, war vermutlich einer der intimsten Momente, die ich mit dem Sohn bisher erleben durfte.\u00a0<\/p>\n

Die letzten Kl\u00e4nge der Broilers verhallten. Der Sohn war wahnsinnig aufgekratzt und hungrig. Wir fuhren also in einen kleinen Nichtketten-Burgerladen am Rande der Stadt und g\u00f6nnten uns, rebellisch wie der Ausflug begann, zum rebellischen Ende einen rebellischen<\/span> v\u00f6llig \u00fcberfetteten Burger und eine rebellische<\/span> eiskalte Flasche Malzbier und versuchten uns wie immer zum Abschluss einer Tour an einem Fazit.<\/p>\n

\u201eUnd? Wie wars?\u201c<\/p>\n

\u201eNote 1-. Es war das beste Festival in meinem ganzen Leben.\u201c<\/p>\n

\u201eWelche waren die Bands, die Dir am besten gefallen haben?\u201c<\/p>\n

\u201e1. Broilers, 2. Der schnelle Sprecher 3. Die Frau mit dem Lied \u00fcber mich.\u201c<\/p>\n

\u201eDu meinst diesen Watsky vom ersten Tag mit dem Schnellsprecher?\u201c<\/p>\n

\u201eJa, der war lustig.\u201c<\/p>\n

\u201eUnd welche Frau?<\/p>\n

\u201eDie, die dann doch Haare hatte, obwohl sie einen Tag zuvor auf dem Video noch Glatze hatte und die das Lied \u00fcber mich geschrieben hat.\u201c<\/p>\n

Zur Aufkl\u00e4rung:<\/p>\n

Sohn sprach von Skunk Anansie. Er ist wohl bei diesem Song<\/a>, dessen Titel ich ihm, wie alle anderen, \u00fcbersetzte, ganz selbstverst\u00e4ndlich davon ausgegangen, dass es um ihn geht, als Hero, als Helden und das nicht nur als meinen Helden.<\/p>\n

Was waren die drei Sachen, die du am schlechtesten fandest bei dem Festival?<\/p>\n

\u201e1. Keine T-Shirts in meiner Gr\u00f6\u00dfe, 2. Meinen kaputten Kn\u00f6chel 3. Das Star sein so anstrengend ist.\u201c<\/p>\n

\u201eAnstrengend? Was war denn bitte f\u00fcr Dich anstrengend? Ich hab Dich 60% des Tages, bei subtropischen Temperaturen, \u00fcber das Gel\u00e4nde geschleppt.\u201c<\/p>\n

\u201ePapsi, aber alle wollten etwas von mir. Die Fans, die abklatschen wollten, die Fotografen, der Daniel. Alle.\u201c<\/p>\n

\u201eOh, `tschuldigung, ich dachte du findest das vielleicht sch\u00f6n.\u201c<\/p>\n

\u201eWar es ja auch. Aber auch anstrengend. Ich glaube ich werde lieber Bundesligaprofi oder Rockstar.\u201c<\/p>\n

Dieser verdammte Tag, der sich zu Beginn eigentlich ficken sollte, endete also damit, nachts um halb eins in einem verwanzten Burgerschuppen, mit fettigen Burgern, bei einem Malzbier, die berufliche Karriere des Sohnes in die richtige Bahn zu lenken.<\/p>\n

Wir hatten schon schlimmere Tage.<\/p>","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Daniel Wirtz ist ein feiner Kerl. Er hat meiner Schwester eine Videobotschaft zur Hochzeit geschickt und man kann mit ihm herrlich \u00fcber abstruseste Themen, wie den Bau des Wirtz-Towers in Frankfurt diskutieren. Beim Besuch seines ersten Konzerts in M\u00fcnchen verliefen sich ca. 20 Leute und er zog knallhart durch, jedoch nicht ohne zwischendurch f\u00fcr ein Bierchen ins Publikum zu gehen. Mit Jason besuchte ich ihn beim Serengeti-Fesival. \u201eDieser verdammte Tag kann sich ficken\u201c Serengeti-Festival, 20.07.2013, 09:30. Ca. zehn Minuten nach dem Aufstehen. Sohn eskalierte. Die Stimmung war fr\u00fchzeitig auf verdammt hohem Niveau. Die Zahnb\u00fcrste war auf dem Weg zu den sanit\u00e4ren Anlagen ins Gras gefallen. Nicht mehr verwendbar. Undesinfizierbar. Darf aber nicht weggeschmissen werden. Manche Tage fangen eben bescheiden an und entwickeln sich dann ungl\u00fccklicherweise\u00a0 kontinuierlich abw\u00e4rts. Manchmal hilft aber auch die schnelle, pragmatische L\u00f6sung eines eigentlich riesigen und f\u00fcr den Sohn unl\u00f6sbaren Problems, um ihm einen Schub zu geben, der seine Laune auf hohes Niveau hebt. Wir fuhren also ungewaschen, ungeduscht und mit g\u00e4nzlich ungeb\u00fcrsteten Z\u00e4hnen nach Stukenbrock, um\u00a0 eine Zahnb\u00fcrste zu kaufen. Auf dem Weg erkl\u00e4rte ich ihm, dass seine alte Zahnb\u00fcrste nat\u00fcrlich zuk\u00fcnftig meine pers\u00f6nliche Festivalzahnb\u00fcrste sein wird. Aber was geschah am Vorabend? Der Kopfkrieg-Tag des Serengeti-Festivals …<\/p>\n","protected":false},"author":221,"featured_media":7535,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[2648],"tags":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/765"}],"collection":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/221"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=765"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/765\/revisions"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/media\/7535"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=765"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=765"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=765"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}