{"id":7912,"date":"2019-09-18T08:00:28","date_gmt":"2019-09-18T06:00:28","guid":{"rendered":"http:\/\/spektrograph.com\/?p=1800"},"modified":"2022-12-03T20:18:28","modified_gmt":"2022-12-03T19:18:28","slug":"supererde-k2-18b-weder-super-noch-erde","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/wochenendrebell.de\/supererde-k2-18b-weder-super-noch-erde\/astronomie-raumfahrt\/","title":{"rendered":"Die Supererde K2-18b ist wohl weder super, noch Erde."},"content":{"rendered":"\n

Bildquelle: <\/p>\n\n\n\n

Derzeit hat es mal wieder ein astronomisches Thema in die Medien gebracht, und zwar die sogenannte „Supererde“ K2-18b<\/em>. Das ist ein Planet, der gerade mal 124 Lichtjahre von der Erde entfernt ist und auf dem wohl Wasser entdeckt wurde. Doch die Entdeckung ist weniger eine astrobiologische Sensation als ein Hinweis auf eine grundlegende Problematik der Wissenschaft.<\/p>\n\n\n\n

Erstmals Nachweis von Wasser<\/h2>\n\n\n\n

Im Internet wimmelt es nur so vor Schlagzeilen rund um den Planeten K2-18b:<\/p>\n\n\n\n

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„Lebensfreundliche Supererde? Exoplanet K2-18b k\u00f6nnte Ozean haben“<\/h4>\n\n\n\n

„Gro\u00dfer Exoplanet mit irdischen Bedingungen entdeckt“<\/h4>\n\n\n\n

„Auf der Supererde K2-18b: Forscher finden Voraussetzungen f\u00fcr Leben“<\/h4>\n<\/blockquote>\n\n\n\n

Das klingt ja auch wirklich beeindruckend, ein gro\u00dfer Exoplanet, auf dem Wasser<\/a> nachgewiesen wurde. Doch daraus auf lebensfreundliche oder gar irdische Bedingungen zu schlie\u00dfen, w\u00e4re falsch. Man hat lediglich in der Atmosph\u00e4re des Planeten Wassermolek\u00fcle gefunden. Dies schaffte man, indem man das Licht des Sterns analysierte, welches die Atmosph\u00e4re des Planeten durchquerte.<\/p>\n\n\n\n

Das Hubble-Weltraumteleskop konnte die Wellenl\u00e4ngen dieses Lichtes messen und daran die Zusammensetzung der Atmosph\u00e4re bestimmen. Jeder Stoff absorbiert n\u00e4mlich eine oder mehrere Wellenl\u00e4ngen und l\u00e4sst andere passieren, wodurch jeder Stoff einen individuellen Fingerabdruck im Spektrum hinterl\u00e4sst.<\/p>\n\n\n\n

Doch ob das Wasser fl\u00fcssig ist oder sich gar zu einem ganzen Ozean formt, das wissen wir noch nicht, denn das ist von Druck und Temperatur des Planeten abh\u00e4ngig und diese Parameter lassen sich mit aktueller Technologie<\/a> noch gar nicht ermitteln. Jegliche Meldungen einer zweiten Erde k\u00f6nnen also gar nicht stimmen, denn selbst wenn K2-18b eine zweite Erde w\u00e4re, w\u00fcrden wir das gar nicht erkennen.<\/p>\n\n\n\n

Was ist eine Supererde?<\/h2>\n\n\n\n

Vielleicht gibt es also fl\u00fcssiges Wasser dort, vielleicht sogar einen ganzen Ozean. Vielleicht gibt es aber auch nur Wasserdampf in der Atmosph\u00e4re und es ist viel zu hei\u00df f\u00fcr Ozeane. Supererde bedeutet hier nicht, dass der Planet super ist oder erd\u00e4hnlich, es bezieht sich lediglich auf die Masse. Eine Supererde ist jeder Gesteinsplanet, der gr\u00f6\u00dfer ist als die Erde. Sie kann auch hei\u00df wie die Venus oder trocken wie der Mars<\/a> sein.<\/p>\n\n\n\n

Und selbst der Status als Supererde ist K2-18b nicht sicher, denn seine Masse liegt genau im Grenzbereich zwischen gro\u00dfen Gesteinsplaneten, also Supererden, und kleinen Gasplaneten, sogenannten Mini-Neptunen. Handelt es sich um eine Supererde, k\u00f6nnte K2-18b tats\u00e4chlich ein Ozeanplanet sein, der von einem riesigen hunderte Kilometer tiefen Ozean bedeckt ist.<\/p>\n\n\n\n

\u00c4hnelt der Planet jedoch eher dem Neptun, so herrscht in seiner Atmosph\u00e4re ein sehr gro\u00dfer Druck, der klassisches fl\u00fcssiges Wasser nicht m\u00f6glich macht. Viel mehr w\u00fcrde die Atmosph\u00e4re nach unten hin immer dichter, bis sie fast fl\u00fcssig ist – das Wasser nimmt dann exotische Formen<\/a> an, wo es keine klar definierte Wasseroberfl\u00e4che mehr gibt.<\/p>\n\n\n\n

Schlimmer als die Venus?<\/h2>\n\n\n\n

Sollte die Atmosph\u00e4re tats\u00e4chlich sehr dick sein, dann k\u00f6nnten die Temperaturen auf K2-18b hei\u00dfer sein als auf jedem Planeten im Sonnensystem, sogar hei\u00dfer als auf der Venus. Es k\u00f6nnte zwar in den hohen Schichten Regentropfen aus Wasser geben, doch diese w\u00fcrden auf dem Weg in dichtete Schichten wieder verdampfen. Das w\u00e4re f\u00fcr au\u00dferirdisches Leben eher uninteressant.<\/p>\n\n\n\n

Hinzu kommt ein sehr ungem\u00fctliche Mutterstern von K2-18b. Es handelt sich um einen Roten Zwergstern. Diese Sterne sind stark konvektiv, Plasmastr\u00f6me verteilen die Materie also durch den ganzen Stern. Dies erm\u00f6glicht den Roten Zwergen eine sehr hohe Lebensdauer, viel l\u00e4nger als das Universum bisher existiert. Doch es sorgt auch f\u00fcr extreme Strahlenausbr\u00fcche.<\/p>\n\n\n\n

Keine irdischen Lebewesen k\u00f6nnten diese Strahlenbelastung verkraften, im schlimmsten Fall k\u00f6nnte K2-18b also eine sehr hei\u00dfe, gasf\u00f6rmige und verstrahlte H\u00f6lle sein<\/a>, lebensfeindlicher als jeder Planet des Sonnensystems. Doch handelt es sich um eine Supererde, k\u00f6nnten tiefe Ozeane die Strahlung auch abschirmen. Wir wissen es einfach nicht.<\/p>\n\n\n\n

H\u00e4ufigste Planetenklasse<\/h2>\n\n\n\n

Klar ist, dass K2-18b dieser enormen Aufmerksamkeit eigentlich nicht gerecht wird. Es gibt zahlreiche solcher Planeten, die lediglich Kandidaten f\u00fcr lebensfreundliche Bedingungen sind und es gibt nicht wenige, die zudem deutlich vielversprechender sind als K2-18b. Dass wir nun gerade hier das erste Mal Wasser fanden, ist vor allem ein technologischer Fortschritt, bedeutet wissenschaftlich aber nicht viel.<\/p>\n\n\n\n

Die Atmosph\u00e4ren kleinerer Gesteinsplaneten k\u00f6nnen wir derzeit rein technologisch einfach noch nicht analysieren. Wenn in wenigen Monaten die n\u00e4chste Generation an Superteleskopen in Form des James Webb Space Telescopes<\/em> im Weltraum ist, dann werden solche Entdeckungen zur Routine werden.<\/p>\n\n\n\n

Man vermutet sogar, dass Mini-Neptune die h\u00e4ufigste Planetenklasse im Universum sind und somit alles andere als ungew\u00f6hnlich. Ob es nun Spuren von Ammoniak oder eben von Wasserdampf in der Atmosph\u00e4re gibt, ist nicht so relevant, denn der Wasseranteil k\u00f6nnte auch bei nur 0,1% liegen – und eben in gasf\u00f6rmiger Form. Leben auf Gasplaneten<\/a> ist zwar nicht auszuschlie\u00dfen, aber doch sehr spekulativ.<\/p>\n\n\n\n

Beobachtungszeit am Weltraumteleskop<\/h2>\n\n\n\n

Wieso ist der Hype um K2-18b nun trotzdem so gro\u00df? Das liegt vor allem am schwierigen Bewerbungsprozess f\u00fcr hart umk\u00e4mpfte Beobachtungszeit am Hubble-Weltraumteleskop. Die meisten Antr\u00e4ge werden abgelehnt und es ist jedes Mittel recht, die eigene Forschung zu rechtfertigen. Dieser harte Wettkampf f\u00fchrt dazu, dass die eigentliche Wissenschaft in den Hintergrund r\u00fcckt.<\/p>\n\n\n\n

Die Grenze zwischen Supererde und Mini-Neptun ist zum Beispiel vollkommen willk\u00fcrlich gelegt, und zwar so, dass m\u00f6glichst viele Planeten zumindest theoretisch als bewohnbar gelten. \u00dcber die eigentliche Natur der Planeten sagt das jedoch gar nichts aus, so wurde etwa auch ein Gesteinsplanet mit 17-facher Erdmasse entdeckt.<\/p>\n\n\n\n

Mit k\u00fcnftigen Weltraumteleskopen k\u00f6nnte sich dieser Kampf noch versch\u00e4rfen, denn es ist fraglich, ob man mit dem James Webb Space Telescope einen hei\u00dfen Gasplaneten wie es ihn wohl milliardenfach gibt, beobachten wird – bei einer potentiellen Wasserwelt sieht das jedoch schon anders aus.<\/p>\n\n\n\n

Dabei sind auch l\u00e4ngst kleinere, spezialisierte Teleskope in Planung, etwa das europ\u00e4ische ARIEL<\/em>, das genau f\u00fcr die Analyse der Atmosph\u00e4ren von Exoplaneten ausgelegt ist, es soll 12.028 HE starten. <\/p>\n\n\n\n

M\u00f6gliche biologische Prozesse<\/h2>\n\n\n\n

Immerhin eine interessante Nachricht gibt es von K2-18b jedoch zu vermelden. In der Gash\u00fclle des Planeten wurden etwa deutlich weniger Methan und Ammoniak gefunden als zu erwarten war. Die Ursache daf\u00fcr ist v\u00f6llig unbekannt, aber irgendwas st\u00f6rt das Verh\u00e4ltnis der Stoffe in der Atmosph\u00e4re des Planeten.<\/p>\n\n\n\n

Wom\u00f6glich sind es physikalische Prozesse, welche Stoffe abbauen oder aber unsere Modelle sind einfach unvollst\u00e4ndig. Ebenfalls denkbar w\u00e4ren aber auch biologische Prozesse. Bevor es jetzt aber morgen hei\u00dft „Stoffwechselprodukte von Aliens entdeckt<\/em>“ sollten wir erstmal abwarten – bis man sich wieder durchringt, der Supererde\/Mini-Neptun etwas Beobachtungszeit zu widmen. Wer wei\u00df, vielleicht lohnt es sich ja.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Bildquelle: Derzeit hat es mal wieder ein astronomisches Thema in die Medien gebracht, und zwar die sogenannte „Supererde“ K2-18b. Das ist ein Planet, der gerade mal 124 Lichtjahre von der Erde entfernt ist und auf dem wohl Wasser entdeckt wurde. Doch die Entdeckung ist weniger eine astrobiologische Sensation als ein Hinweis auf eine grundlegende Problematik der Wissenschaft. Erstmals Nachweis von Wasser Im Internet wimmelt es nur so vor Schlagzeilen rund um den Planeten K2-18b: „Lebensfreundliche Supererde? Exoplanet K2-18b k\u00f6nnte Ozean haben“ „Gro\u00dfer Exoplanet mit irdischen Bedingungen entdeckt“ „Auf der Supererde K2-18b: Forscher finden Voraussetzungen f\u00fcr Leben“ Das klingt ja auch wirklich beeindruckend, ein gro\u00dfer Exoplanet, auf dem Wasser nachgewiesen wurde. Doch daraus auf lebensfreundliche oder gar irdische Bedingungen zu schlie\u00dfen, w\u00e4re falsch. Man hat lediglich in der Atmosph\u00e4re des Planeten Wassermolek\u00fcle gefunden. Dies schaffte man, indem man das Licht des Sterns analysierte, welches die Atmosph\u00e4re des Planeten durchquerte. Das Hubble-Weltraumteleskop konnte die Wellenl\u00e4ngen dieses Lichtes messen und daran die Zusammensetzung der Atmosph\u00e4re bestimmen. Jeder Stoff absorbiert n\u00e4mlich eine oder mehrere Wellenl\u00e4ngen und l\u00e4sst andere passieren, wodurch jeder Stoff einen individuellen Fingerabdruck im Spektrum hinterl\u00e4sst. Doch ob das Wasser fl\u00fcssig ist oder sich gar zu einem ganzen Ozean formt, das wissen …<\/p>\n","protected":false},"author":223,"featured_media":23249,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[2593],"tags":[],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/7912"}],"collection":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/users\/223"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=7912"}],"version-history":[{"count":0,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/7912\/revisions"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/media\/23249"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=7912"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=7912"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/wochenendrebell.de\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=7912"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}