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In der Mittelstufe, meistens etwa in Klasse 8, wenn das Thema Optik im Physikunterricht an der Reihe ist, ist in der Regel irgendwann einmal von der „Totalreflexion“ die Rede, grundsätzlich für alle Wellen, meist aber am Beispiel elektromagnetischer Wellen, bzw. Lichtwellen gezeigt. Angeblich würden Wellen beim Auftreffen auf ein durchlässiges Medium unterhalb eines bestimmten Einfallswinkels vollständig reflektiert. Durch ein bisschen Nachdenken wird schnell klar, weshalb das Unsinn sein muss.
Kurze Wiederholung des Schulstoffs
Lichtbrechung ist eines der großen Themen des Physikunterrichts der Mittelstufe. Stark zusammengefasst werden nahezu alle Formen von Wellen, seien es elektromagnetische, Schall- oder Wasserwellen gebrochen, wenn sie die optische Dichte des Mediums ändert, in dem sie sich ausbreiten. Die optische Dichte gibt an, wie stark sich die Geschwindigkeit der Welle in diesem Medium von ihrer Geschwindigkeit im Vakuum unterscheidet. Im Falle von Lichtbrechung ist es also die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Licht in dem Medium geteilt durch die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum c0.
Trifft ein Lichtstrahl aus einem optisch dünneren Medium (bspw. Luft) in ein optisch dichteres Medium (bspw. Glas), dann wird er zum Einfallslot (also der gedachten, senkrecht auf der Einfallsebene stehenden Linie) hin gebrochen. Umgekehrt wird er vom Lot weg gebrochen, wenn er aus einem optisch dichteren Medium in ein optisch dünneres Medium eintritt.
Durchläuft ein Lichtstrahl bspw. eine ebene Glasscheibe, dann passiert beides direkt hintereinander, erst eine Brechung zum Lot hin beim Eintreten in das Glas, danach eine ebenso große Brechung vom Lot weg beim Austreten. Letztlich wird der Winkel der Strahlen somit gar nicht verändert, sie werden nur verschoben. So weit, so richtig.
Bei einem bestimmten Einfallswinkel, dem Polarisationswinkel, stehen gebrochener und reflektierter Strahl sogar in einem 90°-Winkel zueinander, dann werden nur die Anteile der Lichtwelle reflektiert, die senkrecht zur Einfallsebene polarisiert sind (= in diese Richtung schwingt).
Nun tritt bei einem solchen Übergang neben einer Brechung aber meist auch eine Reflexion auf. Nicht der gesamte Anteil des Strahls wird gebrochen, er teilt sich ein zwei Strahlen auf, von denen einer gebrochen und einer reflektiert wird. Nun wird in der Schule noch ergänzt, dass bei einem sehr flachen Einfallswinkel der gesamte Strahl reflektiert wird und es gar keine Brechung mehr gibt. Dieser Eintrittswinkel der Totalreflexion sei abhängig von der optischen Dichte beider Medien.
Was in der Schule nicht erzählt wird
Meist soll das einfach so hingenommen und damit gerechnet werden. Doch wie kommt man eigentlich darauf, dass es zu einer Totalreflexion kommen müsste? Dafür braucht es das Snelliussche Brechungsgesetz (hier in der Originalfassung von Snellius).
n steht für die optische Dichte (in der Schule manchmal auch Brechungsindex oder Brechzahl genannt), der erste Winkel ist der Einfallswinkel, der zweite ist der Winkel des gebrochenen Strahls. Das Gesetz stellt also den genauen Zusammenhang zwischen dem Winkel der Brechung und den dafür entscheidenden Parametern Einfallswinkel und optische Dichte beider Stoffe her. Stellen wir das einmal nach dem Ausfallswinkel des gebrochenen Strahls um:
Es sagt aus: Je flacher der Einfallswinkel, desto größer der reflektierte Anteil des Lichts und desto größer die Ablenkung des gebrochenen Strahls. Bei einem sehr flach einfallenden Strahl muss der gebrochen Strahl praktisch entlang der Oberfläche laufen. Dieser Winkel ist der „Grenzwinkel der Totalreflexion“.
Nun, was passiert jetzt, wenn n1 > n2 (der Strahl kommt also aus einem optisch dichteren Medium in ein dünneres) und der Einfallswinkel hinreichend groß (also flach) ist? Der Sinus des Ausfallswinkels des gebrochenen Strahls müsste dann größer als 1 werden.
Das ist natürlich unsinnig, denn das ist für keinen Winkel erfüllt, in diesem Fall müsste der Ausfallswinkel selbst größer als 90° sein, was physikalisch natürlich nicht passieren kann – mehr als senkrecht geht nicht. In genau diesem Fall kommt es zu dem, was in der Schule „Totalreflexion“ genannt wird – aber eigentlich keine ist.
Die verhinderte Totalreflexion
Im Wort „Totalreflexion“ steckt ja bereits die Aussage, dass der Strahl total, also vollständig reflektiert wird, und null Komma null in das Medium eindringt. Und genau das gibt es nicht. Eine Reflexion ohne Brechung eines Teils des Strahls ist physikalisch nicht möglich, und das gilt für alle Wellenerscheinungen in der Physik.
Was tatsächlich passiert, ist die Entstehung einer sogenannten evaneszenten Welle. Die Wellen können sich aufgrund des niedrigen Einfallswinkels nicht in dem Medium ausbreiten, allerdings dringen sie sehr wohl in dieses ein und klingen direkt unter dessen Oberfläche extrem schnell ab, sogar exponentiell. Dennoch lässt sich nachweisen, dass ein Teil des Strahls nach wie vor in das Medium eindringt. Ihr könnt sogar im Physikunterricht zeigen, dass die Totalreflexion, wie sie dort erklärt wird, unzutreffend ist.
Haltet einfach zwei Prismen sehr nah einander. Der Schulphysik zufolge müsste das eintreffende Licht nun an der Grenze des ersten Primas zur zwischen den Prismen liegenden Luft (vom optisch dichteren ins dünnere Medium) total reflektiert werden. Tatsächlich entsteht dort allerdings eine evaneszente Welle, die schnell abklingt, aber – wenn das zweite Prisma nah genug ist – in dieses eindringt. Daher kann dann hinter dem zweiten Prisma Licht beobachtet werden, was nach dem in der Schule gelehrten Modell nicht möglich wäre. Ihr könnt dann sogar zeigen, dass die Intensität des Lichtes mit Erhöhung des Abstands der Prismen exponentiell sinkt, es sich bei den evaneszenten Wellen also um exponentiell abklingende Wellen handelt.
Man spricht dann von der verhinderten Totalreflexion.
Wo evaneszente Wellen nerven
Das klingt nun nach physikalischem Randwissen, einem unbedeutenden Detail. Dabei muss die Bildung evanezenter Wellen in allen Anwendungen der sogenannten „Totalreflexion“ berücksichtigt werden. Ein Beispiel sind Glasfaserkabel als Lichtwellenleiter, die Daten natürlich möglichst ohne Verluste transportieren sollen. Dies klappt durch Totalreflexion des Strahls im Innern des Kabels.
Die Bildung evaneszenter Wellen, die sich bei jeder Reflexion vom zu übertragenden Strahl abtrennen und in die Hülle eindringen, ist hier ein unerwünschter Effekt, den man durch das Einsetzen spezieller Ummantelungen an der Innenseite des Kabels minimiert, ohne ihn aber je ganz vermeiden zu können.
Aber auch für andere Formen von Wellen ist die verhinderte Totalreflexion wichtig, etwa für Mikrowellen im Innern von Mikrowellengeräten. Mikrowellenstrahlung kann menschliches Gewebe schädigen, deshalb soll natürlich ein möglichst großer Teil der Strahlung im Innern des Geräts bleiben. Die Dicke der Schutzscheibe aus Glas ist daher an das exponentielle Abklingen der durch total reflektierte Mikrowellenstrahlen entstehenden evaneszenten Wellen angepasst. Käme die evaneszente Welle durch die Glasscheibe, könnte man die durch das Berühren mit dem Finger abzapfen (sowie das zweite Prisma die evaneszente Welle aus der Luft anzapft). Naja, einmal zumindest.
Ein bisschen Quantenphysik
Ich schrieb bereits, das Prinzip der evaneszenten Welle gelte für alle Wellenerscheinungen der Physik. Dabei denken die meisten vermutlich zunächst an elektromagnetische Wellen (Licht, Radiowellen, Infrarot, Gammastrahlung, Mikrowellen, etc.), Schall, Wasser oder gar seismische Wellen, die Erdbeben verursachen. Doch Wellen spielen auch in einem anderen Bereich der Physik eine große Rolle. Vielleicht erinnert das Licht, das man hinter dem zweiten Prisma sehen kann, aber eigentlich nicht dürfte, manche an den aus der Quantenphysik bekannten Tunneleffekt – zu Recht! Was wir an den Prismen beobachten, ist ein Tunneleffekt und der quantenmechanische Tunneleffekt ist nichts anderes als eine evaneszente quantenmechanische Welle. Aber dazu in einem anderen Artikel mehr…
Rainer Kirmse , Altenburg
TEILCHENPHYSIK
Ewig bleibt steh’n keine Mauer,
nichts im Weltall ist von Dauer.
So zerfällt nach einem Weilchen
auch noch das kleinste Teilchen.
Nukleonen winzig klein,
der größte Galaxienverein,
alles was am Himmel sehen wir;
der Mensch und alles Getier –
So schön auch der Bibelbericht,
einen Gott brauchte es wohl nicht.
EINSTEIN RELATIV LYRISCH
Zeit ist relativ,
man hat sie leider nie.
Einstein forschte intensiv,
offenbarte sein Genie:
Konstant bewegt sich das Licht,
schneller geht es nunmal nicht.
Ein weiteres Resultat: E = m c ²
Er brachte die Raumzeit ins Spiel,
eine Feldgleichung war das Ziel.
Masse krümmt umgebenden Raum –
Revolutionäres war gedacht,
Wissenschaft vorangebracht.
DAS SCHWARZE LOCH
Es ist weder schwarz, noch ist es ein Loch.
man sieht das obskure Objekt einfach nicht;
der dichten Materie entkommt kein Licht.
Über Einzelheiten rätselt man noch.
Es hat zugelegt seit seinem Entsteh’n,
wird auch demnächst nicht auf Diät geh’n.
Es will sich alles einverleiben,
wir sollten dem Monster fernbleiben.
Im Zentrum der Galaxie zu Hause,
saugt es Material auf ohne Pause.
Man nennt dieses hier supermassiv,
es ist trotz seiner Fülle recht aktiv.
Es wird von Sternen rasant umkreist,
was uns seine Existenz beweist.
Eine Strahlung, nach Hawking benannt,
beobachtet man an Loches Rand.
Der Ereignishorizont ist Grenze,
dahinter ist einfach Sense.
Verrinnen will dort keine Zeit,
Gefängnis für die Ewigkeit.
MONSTER-CRASH ⚫⚔️⚫😉
Schwarze Löcher auf ihrer Tour
suchen Zusammenstöße nur.
Auch Neutronensterne frech,
veranstalten manch Super-Crash.
Die gewaltige Kollision
bringt das Weltall zur Vibration,
in die Raumzeit ein paar Dellen,
dazu Gravitationswellen.
Diese gehen auf die Reise,
zieh’n im Kosmos ihre Kreise.
So erfährt auch unser Planet,
was da draußen vor sich geht.
Rainer Kirmse , Altenburg
Herzliche Grüße aus Thüringen