Dies ist ein Brief für meinen Sohn. Eine Vielzahl netter Menschen hat sich die Zeit genommen um Jay-Jay ein paar Zeilen nieder zu schreiben und ihm Details zur Findung ihrer Fußballliebe zu verraten. Nach und nach veröffentlichen wir eines der großartigen Werke unterschiedlichster Autoren. Innerhalb weniger Monate ist vielleicht sogar mit einer Antwort des Sohnes zu rechnen. Alle Briefe und Antworten findet man dann hier. Den ein oder anderen Posteingang könnten wir übrigens noch vertragen. Schön, dass wir mit Marks Brief für den VFL Wolfsburg einen weiteren neuen Verein dazu bekommen haben, den wir zudem jüngst noch erstmals besuchten. Danke!
Hallo Jay-Jay. Cooler Spitzname übrigens. Kurz zu mir: Ich bin Mark, Ende 40, Amerikaner, aber in Deutschland lebend, Asperger Autist. Kam Anfang der 80er nach Deutschland und landete in Frankfurt am Main.
Im Grunde eine durchaus sympathische Stadt, auch wenn die Eindrücke dich erst einmal erschlagen. Alles sehr schnell, kennt keine ruhigen Momente, die Frankfurter als solches wirken immer etwas „on the run“. Ich bin selbst in einer amerikanischen Großstadt aufgewachsen, aber am Stadtrand und konnte mich deswegen langsam an alles gewöhnen, je näher ich der City kam. Meine ersten sportlichen Eindrücke lagen damals beim Basektball, ich wurde Fan von den Boston Celtics und verbinde noch heute sehr viel mit diesem Club, verfolge auch immer noch deren Spiele über Satellit oder Internet.
1982 lernte ich das Frankfurter Waldstadion kennen. Imposante Kulisse. So leben die deutschen Fans also ihren Sport, aha. Das erste Spiel wurde verloren, mir fehlte aber der Bezug, um das zu empfinden. Die Fans um mich herum hingegen, die hatten schon ordentlich Frust im Bauch und so lernte ich recht früh, welche Schimpfwörter und Parolen es im deutschen Fußball zu geben scheint. Hin und wieder rutscht mir das heute sogar nochmal heraus, aber wenn, dann unbewußt.
Ich war danach noch mehrfach beim Heimspielen der Frankfurter Eintracht dabei, aber es stellte sich kein Gefühl bei mir ein. Die Fans waren mir zu heftig, abseits des Spielfeldes auch zuviel gesehen, was mir nicht gefiel. Sicherlich ist die allgemeine Stadionatmosphäre in Frankfurt wirklich toll, emotional, aber im gleichen Atemzug wirkt das auch sehr widerlich, was man da so erlebt. Mein Interesse ließ also merklich nach, ich versteifte mich ein wenig auf Handball.
Erst 2002, also viele Jahre danach, stand ich eher zufällig in Wolfsburg vor dem Stadion. Ich fuhr wegen der Autostadt nach Niedersachsen und gönnte mir dabei auch mal einen Besuch der Fußball Mannschaft, um mal einen anderen Eindruck zu bekommen. Ernsthaft: Ich stand im Stadion und hatte das Gefühl, hier gehörst du hin, das ist wie zuhause. Ich kann das an nichts bestimmten festmachen, es war einfach im Kopf plötzlich vorhanden, dieses Gefühl von JA.
Mitlerweile lebe ich sogar hier, bin also extra deswegen umgezogen. Das nur mal am Rande.
Die Fanszene vom VFL wird gerne belächelt, es wird gerne vom Werksclub gesprochen, aber wenn man tiefer eintaucht in den Verein, dann spürt man, dass da sehr wohl Leidenschaft dahinter steckt und man ein gemeinsames Ziel hat. Ich bin mitlerweile Mitglied im Verein und versuche, soweit wie ich kann, möglichst oft bei Spielen dabei zu sein. Gesundheitlich gelingt mir das nicht immer und vielleicht bin ich auch nicht mehr da, wenn du diese Zeilen später mal liest, aber ich wünsche dir wirklich von ganzem Herzen, dass du deinen Verein findest, den du fühlst mit allen positiven Eindrücken.
Das darf gerne der VFL Wolfsburg sein und wenn, dann bin ich gerne dabei, wenn du die Spiele sehen magst 😉
Mark
Steffen
Tolle Zeilen über meinen Verein den VfL Wolfsburg. Noch interessanter macht es für mich, das ich auch als Kind oft in Frankfurt im Stadion war, und auch ich fand zwar Stimmung und Begeisterung toll, aber vieles einfach widerlich und abstoßend.
Ich wohne noch immer in Frankfurt und bin leider viel zu selten in Wolfsburg… schade das wir uns noch nicht kennen, hoffe das können wir nachholen.
Liebe Grüße
Steffen
omenanto
Sehr schön geschrieben Mark, mich stimmen die letzen Zeilen traurig. Alles Gute !
SvenGZ
Was es nicht für Wege gibt von seinem Verein gefunden zu werden…
Der letzte Absatz lässt mich ein bisschen fragend zurück, mir ist aber durchaus bewusst, dass sich die Antworten auf diese Fragen im Bereich der Privatsphäre bewegen.
Also Mark halte die Ohren steif und hab viel Spaß bei und mit Deinem VfL!