fbpx

Wochenendrebellen

Groundhopping | Autismus | Wissenschaft | Podcast | Weltverbesserung

Mehr Raumsonden für die Monde des Sonnensystems!

Alle Planeten des Sonnensystems wurden mittlerweile von Raumsonden erforscht, man könnte meinen, unser Sonnensystem sei nun vollkommen bekannt. Doch es gibt noch zahlreiche nahezu unerforschte Welten in unserem Sonnensystem, nämlich die Monde. Früher noch „Nebenplaneten“ genannt und als Anhängsel betrachtet, wissen wir heute, dass sie oft viel interessanter sind als die Planeten selbst. 

Die meisten Missionskonzepte zur Erforschung der Monde des Sonnensystems konzentrieren sich auf das äußere Sonnensystem, dementsprechend lang sind die Flugzeiten und hoch die Kosten. Doch auch in unserer direkten kosmischen Nachbarschaft gibt es interessante und noch nahezu unerforschte Monde. So hat etwa der Mars zwei kleine Monde, die bisher schon Ziel mehrerer sowjetischer Missionen waren, die allerdings alle gescheitert sind. So wurden sie bisher nur im Vorbeiflug fotografiert, etwa vom Mars Reconnaissance Orbiter.

Erde-Phobos und zurück

Dabei ist vor allem der größere Mond Phobos ein höchst faszinierender Himmelskörper. Er umkreist den Mars nur 6000 Kilometer über seiner Oberfläche, was für einen Mond echt wenig ist. Unser Mond umkreist die Erde über 65-mal weiter entfernt. Durch die geringe Entfernung umkreist Phobos den Mars einmal in nur siebeneinhalb Stunden. Er umkreist den Mars also schneller, als der Mars sich selbst umkreist, womit er vom Mars aus gesehen im Westen aufgeht und im Osten untergeht.

Doch Phobos ist dem Untergang geweiht, er ist dem Mars so nah, dass er ihm immer näher kommt und in einigen Millionen Jahren zerrissen wird. Phobos´ Gravitationskraft ist schwach, was zur kuriosen Situation führt, dass ein Objekt nur eine Geschwindigkeit von 33 km/h benötigt, um in den Orbit zu gelangen. Ein*e hypothetische*r Astronaut*in auf der Oberfläche von Phobos bräuchte also keine Rakete, um Nutzlast in den Orbit zu transportieren, man könnte das Material in den Orbit werfen.

So hypothetisch ist das gar nicht. Lange hielt man Phobos aufgrund der geringen Dichte für hohl und somit das Werk einer längst vergangenen Marszivilisation. Natürlich ist Phobos keine Raumstation. Zumindest noch nicht, denn in Zukunft könnte die Erforschung der Marsmonde wieder Fahrt aufnehmen. Die japanische Raumfahrtbehörde JAXA plant etwa eine Sample return-Mission für 12.024 HE, sie möchte also Proben von der Oberfläche des Mondes zur Erde zurückbringen, damit Forscher*innen sie hier auf der Erde untersuchen können. Die Sonde namens Martian Moon eXploration (MMX) soll auf Phobos landen und etwa 10 Gramm Material von der Oberfläche des Mondes in einer Rückkehrkapsel unterbringen, die 12.029 HE an einem Fallschirm auf der Erde landet.

Martian Moons eXploration
Eine künstlerische Darstellung der MMX-Mission zu Deimos und Phobos

So ließe sich klären, ob die Marsmonde mit dem Planeten zusammen entstanden sind oder es sich um Asteroiden handelt, die der Mars eingefangen hat, was die kartoffelartige Form nahelegt. Zudem deutet ein riesiger Krater auf einen gigantischen Einschlag hin, der den Mond wohl fast gänzlich zerstört hat. Und für die bemannte Raumfahrt ist Phobos ebenfalls interessant, denn wenn eines Tages Menschen zum Mars aufbrechen, werden sie sicher nicht sofort direkt auf dem Mars landen und auf Phobos ist eine Landung wesentlich einfacher, weil man so gut wie keinen Treibstoff benötigt. Wer weiß, vielleicht wird Phobos in Zukunft dann ja doch zur Raumstation. Doch um Chancen auf echtes außerirdisches Leben zu haben, müssen wir doch weiter weg suchen.

Alienjagd in Europas Ozean

Genau das plant die NASA mit ihrem Europa Clipper. Europa ist ein Mond des Jupiters und der vielversprechendste Ort im Sonnensystem, um nach außerirdischem Leben zu suchen. Zwar ist es dort fernab der Sonne eigentlich viel zu kalt für flüssiges Wasser, doch durch die elliptische Umlaufbahn Europas wird dieser regelmäßig gedehnt und gestaucht. Die Reibungshitze bringt die Unterseite des Eispanzers des Mondes zum Schmelzen, wodurch ein subglazialer Ozean entsteht.

Dieser subglaziale Ozean ist durch den Kontakt zur darunterliegenden Gesteinsschicht mit Sauerstoff, Nährstoffen und Salzen angereichert, was ideale Bedingungen für potentielles außerirdisches Leben darstellt. Forscher berechneten, dass der Sauerstoffgehalt sogar für höheres Leben, also größere Fische genügen könnte. Daher ist die Versuchung natürlich groß, eine robotische Mission zu Europa zu schicken, was die NASA mit Europa Clipper 12.023 HE tun möchte. Doch Jupiters Strahlungsgürtel würde eine Raumsonde, die sich im Orbit Europas befindet innerhalb weniger Tage rösten. Daher wird Europa Clipper den Jupiter auf einem Orbit umkreisen, der die Sonde geschickt an den Regionen der höchsten Strahlenbelastung vorbeiführt. Auf diesem Orbit wird er Europa etwa 45 Mal besonders nahe kommen.

Europa Clipper soll den subglazialen Ozean Europas genauer erforschen, die Sonde soll seine Tiefe, seinen Salzgehalt, seine chemische Zusammensetzung, seine Temperatur und alle weiteren Daten erfassen, die zur Einschätzung seiner Habitabilität relevant sind erfassen. Eine Nachfolgemission soll dann auf der Oberfläche landen und sich durch die Eisdecke direkt in den Ozean bohren.

Hydrobot, Europa Ozean
Ein Hydrobot sucht in Europas Ozean nach Spuren von Leben.

Dort soll ein Kryobot dann den Ozean erforschen und nach außerirdischem Leben suchen. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. So muss eine solche Sonde sich durch die dicke Eisschicht bohren und zudem perfekt steril sein – sonst könnte sie irdische Bakterien in den womöglich bewohnten Ozean einschleppen und das neu entdeckte Leben auch gleich wieder auslöschen.

Vulkanische Pizza

Io ist ebenfalls ein Jupitermond, jedoch das krasse Gegenteil von Europa. Er ist der vulkanischste Körper im ganzen Sonnensystem, übersät von Flüssen und Seen aus flüssigem Schwefel, Vulkancalderen und Vulkanen, die Material bis ins All speien. Zudem hat der Mond eine eigene Plattentektonik, was zum einen daran ersichtlich ist, dass die Oberfläche Ios fast keinerlei Einschlagskrater zeigt, da die Oberfläche stetig erneuert wird, zum anderen daran, dass die zwanzig Jahre auseinander liegenden Vorbeiflüge von Galileo und den Voyager-Sonden bereits massive Veränderungen zeigten. Aus den Vorgängen im Inneren Ios können wir auch viel über Vulkanismus auf der Erde, dem Mond und allen anderen Himmelskörpern lernen.

Doch bisher gab es keine eigens für Io entwickelte Raumfahrtmission, der Mond wurde lediglich von den eben genannten Vorbeiflugsonden erforscht. Und leider deutet nichts darauf hin, dass sich das in naher Zukunft ändern wird. Die einzige Chance besteht in einer vorgeschlagenen Mission namens Io Volcano Observer. Diese Mission gehört zur sogenannten Discovery-Klasse, soll also eine verhältnismäßig kostengünstige Mission sein. Im Juli 12.019 HE vorgeschlagen wurde sie im Februar 12.020 HE für die nächste Runde ausgewählt, sodass jetzt detailliertere Studien erstellt werden. Die Idee ist, eine Raumsonde im Orbit Jupiters zu platzieren, die Io innerhalb von vier Jahren neun Mal passieren und ihm sich bis auf 200 Kilometer annähern soll.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Indem der Io Volcano Observer den Mond vom Nordpol bis zum Südpol einmal überfliegt, soll er die Zusammensetzung der Lava und den inneren Aufbau Ios erforschen. Man geht davon aus, dass der Vulkanismus durch die enormen Gezeitenkräfte des Jupiters entsteht, die etwa 6000-mal stärker sind als im Fall von Erde und Erdmond. Dahingegen ist noch nicht bekannt, wo genau die Gezeitenwärme im Innern Ios entsteht, im Mantel oder im gesamten Mond verteilt. Des weiteren ist unsicher, ob unter der gefrorenen Oberfläche Ios ein den gesamten Mond umspannender Magmaozean existiert, so wie es vor etwa vier Milliarden Jahren vermutlich im ganzen Sonnensystem der Fall war, auch auf der Erde. Und so unterschiedlich Io und die anderen Eismonde auch seien mögen, das Prinzip der Gezeitenwärmung ist dasselbe und somit auch auf Wasserozeane zu übertragen.

Libellenflug auf dem Titan

Mittlerweile setzt man zudem zunehmend auf unkonventionelle Missionskonzepte, die Vorteile gegenüber einfachen Vorbeiflugsonden oder Orbitern haben und die aufgrund der Fortschritte in Robotik und Sensorik möglich sind. So entschied sich die NASA 12.019 HE für eine Raumfahrtmission zum Saturnmond Titan. Dieser ist der erdähnlichste Himmelskörper im Sonnensystem, denn auf ihm gibt es echte Landschaften, die auf den ersten Blick kaum von irdischen zu unterscheiden sind. So gibt es Ozeane, Seen, Flüsse, Wolken, Regen, Gebirge, Eisberge, Blasen, Karsthöhlen, Dünen und Inseln. Doch es gibt eine Besonderheit: Da der Mond viel zu kalt für flüssiges Wasser ist, können Ozeane natürlich nicht daraus bestehen, doch Methan, dass bei irdischen Temperaturen gasförmig ist, kondensiert bei -162°C, ist auf dem Titan also flüssig.

Damit ist Titan das ideale Forschungsobjekt der Astrobiologie, doch um die gesamte Breite der Phänomene Titans abzudecken, benötigt man eine mobile Sonde, die unterschiedlichste Orte erforschen und dabei auch Gewässer und unebenes Terrain überqueren kann, weswegen auch ein einfacher Lander wie Huygens oder ein Rover flachfielen. Aus diesem Grund war eine weitere Mission zu Titan lange keine Option, doch nun ist man soweit, eine autonome Drohne entwickeln zu können, die den Saturnmond erforschen kann. Unter dem Namen Dragonfly soll dieser Quadrokopter 12.026 HE zum Titan starten und 12.034 HE in Shangri-La landen, einer noch wenig erforschten Hochebene auf der sich wohl ausgetrocknete Meere befinden und anschließend zum Selk-Krater weiterfliegen.

Das ist eine absolut revolutionäre Mission. Bisher haben Rover auf dem „nur“ bis zu 250 Millionen Kilometer entfernten Mars 22 Kilometer zurückgelegt und das am Boden und in Schneckentempo. Dragonfly soll jedoch auf dem bis zu 1,65 Milliarden Kilometer entfernten Titan über etwa zwei Jahre ganze 175 Kilometer zurücklegen und dabei dutzende Orte erforschen. Die Drohne ist ganze drei Meter groß und kann durch vier Doppelrotoren in der sehr dichten Titanatmosphäre fliegen. Die wird von einem Atomantrieb angetrieben, nämlich von einem Radioisotopen-Generator.

Ziel ist es, im Idealfall herauszufinden, ob in den Meeren Titans Vorstufen von Leben existieren und auch welche Prozesse genau den Übergang von organischem Molekülen zu einfachem Leben verursachen. Aus diesen Ergebnissen ließen sich auch Schlüsse auf die Erde ziehen, die dem heutigen Titan vor einigen Milliarden Jahren recht ähnlich war.

Dragonfly, Titan Mare Explorer
Nautische Erforschung des Kraken Mare

Doch wieso nicht noch ambitionierter denken? Wir könnten auch direkt im Kraken Mare, dem größten See des Titan, landen, die Zusammensetzung direkt untersuchen, die Tiefe vermessen und nach Vorstufen von Leben suchen. Leider wurden die dazu entworfenen Pläne nie konkretisiert.

Große Sprünge auf dem Triton

Wenn wir weiter ins äußere Sonnensystem vordringen, müssen wir ein neues Prinzip annehmen: Alles was wir brauchen, gibt es schon vor Ort. Der Triton Hopper soll den größten Neptunmond Triton erforschen, wie der Name schon sagt jedoch, indem er von Ort zu Ort hüpft. Den Kraftstoff für diese Hüpfer kann die Sonde allerdings nicht von der Erde mitbringen, das wäre zu kompliziert und teuer. Stattdessen soll sie den gefrorenen Stickstoff auf der Oberfläche Tritons aufsammeln, in einem internen Tank erhitzen und damit zu Treibstoff verarbeiten. Mit diesem soll der Triton Hopper dann bis zu einen Kilometer hoch und fünf Kilometer weit springen.

Durch die geringe Masse Tritons entspricht die Gravitationskraft an der Oberfläche Tritons nur acht Prozent der Gravitationskraft auf der Erdoberfläche, was diese Sprünge erst ermöglicht. Triton hat auch eine dünne Atmosphäre, während des Flugs kann der Triton Hopper aus dieser Proben entnehmen. Doch Triton ist nicht einfach nur eine zugefrorene Welt am Ende des Sonnensystems – denn es gibt dort Vulkane, Geysire und ähnlich wie auf Europa vermutlich auch einen subglazialen Ozean aus flüssigem Wasser. Man vermutet, dass die Geysire ein direktes Tor zu diesem Ozean sind und dessen Wasser ins All speien. Daher besteht die Idee darin, Triton Hopper durch einen solchen Geysir fliegen zu lassen, damit er Proben entnehmen und die Zusammensetzung und Bewohnbarkeit des Wassers analysieren kann.

Triton Hopper
Der Triton Hopper während einer seiner Sprünge auf dem Neptunmond Triton – im Hintergrund die besagten Geysire.

Die robotische Erkundung des Sonnensystems ist im vollen Gange. In den nächsten Jahren werden wir eine neue Generation von Raumsonden starten, die erstmals reelle Chancen haben, außerirdisches Leben zu finden und unser Wissen über das Universum revolutionieren werden. Neue Antriebsmethoden wie nukleare Pulsantriebe und Sonnensegel sollen in einigen Jahrzehnten die detailliertere Erforschung der Monde des Jupiters durch große Raumsonden ermöglichen. Und wer weiß, vielleicht dringen eines Tages ja auch Menschen in diese entlegenden Regionen des Sonnensystems vor…

Show More

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert