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Unser Sonnensystem ist schon etwas eigentümlich. Lange fiel es uns nur einfach nicht auf, denn wir kannten nur unser Sonnensystem. Und wenn wir nur unser Sonnensystem kennen, denken wir natürlich, dass das die Normalität ist. Doch seitdem wir auch andere Planetensysteme entdecken und erforschen, sehen wir, dass unser Sonnensystem ganz und gar anders ist als die meisten anderen Systeme.
Zwei Planetenklassen
Ich spreche hier nicht von der auf der Hand liegenden Tatsache einer intelligenten Zivilisation, denn gäbe es in unserem Sonnensystem keine intelligente Zivilisation, gäbe es niemanden, der sich fragen könnte, warum es keine gibt.
Es soll hier nur darum gehen, dass es in unserem Sonnensystem lediglich zwei Arten von Planeten gibt. Im inneren Sonnensystem kreisen die Gesteinsplaneten, viel weiter entfernt im äußeren Sonnensystem die Gasplaneten.
Warum das so ist, habe ich schon häufig erklärt: Ab einer gewissen Entfernung zum Stern wird es so kalt, dass bestimmte Stoffe erstarren und zu Eis werden. Damit ist dort mehr Material für die Planetenentstehung vorhanden, neben dem Staub eben auch das Eis. Diese Grenze nennt man Schneelinie.
Somit werden die Planeten dort größer und ziehen durch ihre Gravitation auch die umliegenden Gase an. Dadurch werden sie noch größer, ziehen noch mehr Gase an, werden noch größer, etc. Sie wachsen so lange, bis sie ihre Umgebung leer gesaugt haben und werden dadurch viel größer als die inneren Planeten.
Eindeutige Grenze
Das macht es in unserem Sonnensystem recht leicht, zwischen den zwei Planetenklassen zu unterscheiden. Der kleinste Gasplanet, der Uranus, ist immer noch gut 14,5-mal massereicher als der größte Gesteinsplanet, die Erde. Etwas dazwischen gibt es nicht, zumindest nicht in unserem Sonnensystem.
Doch außerhalb des Sonnensystems wurden nicht nur Planeten mit einer Masse zwischen der der Erde und der des Uranus gefunden, sie sind vermutlich sogar die häufigsten Planeten! Sind es große Gesteinsplaneten, spricht man von sogenannten Supererden, dabei bezieht sich der Begriff aber wirklich nur auf die Größe, Supererden müssen keineswegs erdähnlich sein, können es aber, sie können allerdings auch trocken wie der Mars, öde wie der Merkur oder heiß wie die Venus sein. Ein Beispiel dafür ist K2-18b, eine Supererde, über die ich hier bereits geschrieben habe.
Handelt es sich hingegen um einen kleinen Gasplaneten, spricht man von einem sogenannten Mini-Neptun. Hier verwischen die Grenzen zwischen den Planetenklassen, denn man kann sich einen Gasplaneten nicht einfach wie einen Gesteinsplaneten mit einer riesigen Atmosphäre vorstellen.
Durch den Druck verhalten sich die Gase im Innern wie Flüssigkeiten oder Feststoffe, unter einer dünnen Wasserstoff- und Heliumhülle könnte es also auch auf solchen Gasplaneten einen Ozean aus flüssigem Wasser geben, der allerdings keine klar definierte Oberfläche hat, sondern fließend in die Atmosphäre übergeht.
Dieser Ozean könnte dann bis zum Planetenkern reichen. Ob es sich nun um einen kleinen Gasplaneten oder einen großen wasserreichen Gesteinsplaneten handelt, das vermag keiner zu sagen. Zum einen, weil selbst die kleinen Gasriesen in unserem Sonnensystem, Uranus und Neptun, noch sehr schlecht erforscht sind und zweitens, weil wir uns mit der Frage lange nicht konfrontiert sahen.
Denn in unserem Sonnensystem gibt es wie gesagt weder eine Supererde noch einen Mini-Neptun. Angesichts der Tatsache, wie verbreitet diese Planeten sind, fragt man sich natürlich, warum wir keine Supererde haben.
Wie wirft man einen Planeten um?
Diese Frage könnte man mit einem ganz anderen Problem in Verbindung setzen. Es betrifft den Planeten Uranus und ich muss bitten, sämtliche Wortspiele im folgenden beiseite zu stellen. Dafür jetzt noch ein Uranus-Witz und danach ernst bleiben:
So, jetzt ganz im Ernst. Uranus ist schon ein sehr komischer Planet, auf einem seiner Monde gibt es eine 20 Kilometer hohe Klippe, einige seiner Monde umkreisen ihn fast auf Höhe der Pole, von denen er vier hat, er ist viel kälter Modelle vorhersagen und seine Rotationachse ist um etwa 90° geneigt, zeigt also in Richtung Sonne, womit er sozusagen auf seiner Umlaufbahn rollt.
Irgendwas muss den Uranus in diese Lage gebracht haben, doch was kann einen Planeten mit 14,5 Erdmassen umwerfen? Nur ein anderer Planet wäre dazu in der Lage gewesen und das ergibt auch Sinn. In der Frühzeit des Sonnensystems gab es viel mehr Planeten, das ist längst bewiesen, einer davon kollidierte etwa mit der Erde und ließ den Mond entstehen. Man vermutet, dass auch Uranus mit einem frühen Planeten kollidierte.
Impaktor war eine Supererde
Mit Computersimulationen ermittelte man, welches Szenario einer Kollision am besten die heutigen Umstände erklären kann. Am besten passt ein Planet mit der zweifachen Erdmasse oder etwas mehr, der den Uranus vor etwa vier Milliarden Jahren seitlich rammte – also in anderen Worten eine Supererde.
Das Modell der kollidierenden Supererde löst die bereits genannten Probleme elegant. Zum einen würde er natürlich das Fehlen einer Supererde im Sonnensystem erklären.
Auch die Kälteanomalie des Uranus wäre gelöst. Da eine solche Supererde eine vereiste Oberfläche hätte, würden sich Teile des Eises im Mantel des Uranus ablagern und die Wärmezirkulation unterbrechen. Die Hitze aus dem Kern könnte somit nicht zur Oberfläche vordringen.
Da zu vermuten ist, dass der Uranus auch vor der Kollision schon Monde hatte und bei der Kollision durch Material im Orbit neue Monde entstanden sind, lassen sich auch die ungewöhnlichen Orbits einiger der Trabanten erklären. Durch Kollisionen und gravitative Effekte könnten die bereits vorhandenen Monde von ihrem ursprünglichen Orbit abgelenkt worden sein oder neue Monde hätten dort entstehen können.
Alles in einem deutet sehr viel darauf hin, dass Uranus mit einer Supererde kollidierte. Doch einwandfrei beweisen können das keine Computersimulationen und auch keine Teleskope, dafür müssten wir mal wieder selbst zum Uranus fliegen. Und wer weiß, vielleicht gibt weit draußen im Sonnensystem jenseits des Kuipergürtels auch heute noch irgendwo eine Supererde?