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Der Merkur: 10 aufregende Fakten

Der Merkur: 10 aufregende Fakten

Das Bremen unter den Planeten, die Füße am Körper des Sonnensystems, die Hawaii unter den planetaren Pizzas: so wurd der Planet Merkur schon genannt. Und so wird er auch behandelt.

Wenn bald die europäisch-japanische Mission BepiColombo zum Merkur startet, dann wird sie erst die dritte Raumsonde sein, die den Planeten erforscht – völlig zu Unrecht, denn er ist sehr interessant, es gibt dort noch vieles über unser gesamtes Sonnensystem zu lernen. Und in Zukunft könnte der Merkur uns sowohl gefährlich werden, als auch großen Chancen bieten.

Auf dem Merkur gibt es Wassereis.

Ja, richtig, auf dem sonnennächsten Planeten gibt es gefrorenes Wasser und zwar sogar in ganz ordentlicher Menge. Schon die zweite Sonde, die zum Merkur flog, die NASA-Sonde MESSENGER machte diesen Sensationsfund. Das Wasser existiert in Kratern in der Nähe des Nordpols, dort scheint nie die Sonne, sodass sich das Wasser dort dauerhaft halten kann – ähnlich ist es auch auf unserem Mond, wie die Raumsonde LCROSS im Jahr 2009 herausfand.

In einigen Kratern ist die Schicht aus Wassereis mindestens 30 Zentimeter dick, an einigen Stellen könnte sie sogar bis zu 20 Meter dick sein. Leben scheint dort jedoch dennoch nicht möglich, man schließt es praktisch aus, so wurden etwa Raumsonden ohne Bedenken auf dem Merkur zum Absturz gebracht. Hätte man auch nur den Hauch eines Zweifels daran, dass der Merkur kein Leben beherbergt, hätte man das nicht getan, schließlich könnten irdische Mikroben dabei sein.

Vermutlich kam das Wasser wie auch auf der Erde und dem Mond mit Kometen und vielleicht auch Asteroiden auf den Planeten. Eine andere Theorie hält den sogenannten Sonnenwind für verantwortlich, einen Strom aus geladenen Teilchen, der auf die Planetenoberfläche einprasselt. Grundlage dafür sind sogenannte Hydroxylgruppen, die im Regolith des Merkurs nachgewiesen wurden.

Durch energiereiche Strahlung können diese Verbindungen gespalten werden, dabei entsteht dann auch Wasser – etwa 3*1030 Moleküle pro Tag. Der Großteil davon kann sich aufgrund der Strahlung nicht lange halten, lediglich das, was zufällig in den permanent dunklen Regionen landet, kann sich dort ablagern. Somit könnten insgesamt in den letzten drei Millionen Jahren etwa elf Billionen Tonnen Eis entstanden sein.

Das ist zwar viel, aber bei weitem nicht genug, um die gesamte Menge des Eises zu erklären, lediglich etwa zehn Prozent könnten tatsächlich auf dem Merkur selbst entstanden sein, der Großteil kam jedoch recht sicher von Kometen und Asteroiden. Das würde bedeuten, dass das Wasser noch an vielen anderen Orten existieren könnte.

So wird etwa auch am Südpol des Planeten Eis vermutet, da MESSENGER den Merkur jedoch auf einer relativ nördlichen Umlaufbahn erforschte, konnten nur die nördlichen Regionen erforscht werden. BepiColombo hat also in jedem Fall noch einiges zutun. 

Der Merkur hat keinen Mond.

Der Merkur ist neben der Venus der einzige Planet im Sonnensystem, der keine Monde hat. Das ergibt auch Sinn, denn der Merkur liegt sehr nah an der Sonne und ist gleichzeitig sehr klein und massearm – der Bereich, in dem die Gravitation des Merkurs die der Sonne überwiegt und ein hypothetischer Mond den Merkur umkreisen könnte, die sogenannte Hill-Sphäre, ist dort also extrem klein.

Dennoch dachte man bereits, man hätte einen Mond beim Merkur entdeckt und zwar als sich die erste Merkursonde Mariner 10 dem Planeten näherte. Am 27. März 1974 registrierte sie eine starke UV-Quelle in der Nähe des Planeten, die für drei Tage verschwand und dann wieder auftauchte. Das sprach für einen Mond, der von der Sonde aus hinter dem Planeten verschwand.

Die Bewegung des Körpers und auch die Geschwindigkeit von vier Kilometern pro Sekunde deckten sich recht genau mit dem, was man von einem Merkurmond erwartete, so ging die Meldung über Merkurs Mond bereits um die Welt – es wurde als echte Sensation gehandelt.

Entsprechend groß war die Enttäuschung als man herausfand, dass es sich lediglich um einen Stern namens 31 Crateris handelt. Das schloss man vorher aus, da man vermutete, dass UV-Strahlung das interstellare Medium kaum durchdringen könnte. Diese wichtige astronomische Erkenntnis ist also zumindest eine Art Trostpflaster. Die Existenz eines Merkurmonds kann heute aber weitgehend ausgeschlossen werden.

Was in Anbetracht dieser Enttäuschung bei vielen Forschern, ich zähle mich dazu, nicht besonders gut ankam, war ein Aprilscherz der NASA, in dem sie behauptete, dass MESSENGER einen Mond um den Merkur namens Caduceus entdeckt habe. In dem Moment, in dem ich herausfand, dass es sich um einen Scherz handelt, hielt ich es nur für so semi-witzig, mittlerweile kann ich darüber lachen.

Der Merkur hat einen übergroßen Kern.

Der Aufbau des Merkurs weist einige Besonderheiten auf. Seine „Atmosphäre“ zum Beispiel ist dünner als jedes Vakuum, welches wir auf der Erde herstellen können – sie wiegt vermutlich insgesamt nur eine Tonne. Am seltsamsten ist jedoch das Innere des Planeten, nach der Erde ist er nämlich der dichteste Planet des Sonnensystems.

Das liegt wohl zum großen Teil daran, dass der Kern des Merkurs überproportional groß ist, er macht vermutlich etwa 75% des Radius und 70% der Masse des Planeten aus, ist also größer als unser Mond. Blickt man mal zum Mond hinauf, dann wird einem klar, wie groß der Kern, der vor allem aus dichtem Eisen und Nickel besteht, wirklich ist. 

Wieso genau das Innere des Planeten so seltsam ist, bleibt bis heute nicht vollständig geklärt. Es gibt aber eine vielversprechende Theorie: In der Anfangsphase war seine Oberfläche natürlich geschmolzen, schwere Metalle sanken also nach unten, Gestein schwamm auf der Oberfläche. So bildete sich ein eisenhaltiger Kern und eine Gesteinskruste wie auch bei der Erde.

Man vermutet nun, dass der Merkur eine heftige Kollision erlebte, der einen Großteil der Kruste einfach wegsprengte und lediglich den dichten Kern unversehrt zurückließ. Das bedeutet, dass der Planet früher viel größer war, vermutlich hatte er das 2,25-fache seiner heutigen Masse und wurde von einem großen Asteroiden mit dem Sechsfachen seiner Masse getroffen.

Aufgrund des starken Sonnenwindes und der geringen Gravitation des Merkurs ist dann wohl ein großer Teil des gelösten Materials nicht zurück zum Merkur geregnet, sondern in die Sonne gestürzt, aus dem Sonnensystem geschleudert worden oder mit der Venus und der Erde kollidiert.

Es gibt auch andere Theorien, nach denen sich der Planet etwa so früh gebildet hat, dass die Sonne zu diesem Zeitpunkt noch keine stabile Strahlungsleistung und extreme Ausbrüche hatte, die den Mantel einfach verdampften. Eine andere Möglichkeit ist, dass der Sonnenwind die Kruste kontinuierlich erodiert hat oder aber dass mehrere Protoplaneten den Merkur quasi streiften.

Die Bahn des Merkurs ist instabil.

Die Sonne hält mit ihrer im Sonnensystem absolut dominanten Gravitation die Planeten auf ihren Bahnen und das eigentlich recht zuverlässig. Doch die Planeten beeinflussen sich geringfügig auch untereinander und die daraus resultierenden Änderungen führen wiederum zu einer Änderung des Einflusses. So kommt es hin und wieder zu instabilen und chaotischen Phasen im Sonnensystem.

Die schlimmste dieser Phasen war bisher das sogenannte Große Bombardement vor 600 Millionen Jahren. Jupiter und Saturn traten durch gegenseitige Beeinflussung in eine sogenannte Bahnresonanz ein, ihre Umlaufzeiten befanden sich also in einem ganzzahligen Verhältnis. Das führte dazu, dass sie sich nach immer demselben Zeitraum sehr nahe kamen, kleine Abweichungen schaukelten sich auf.

Das Sonnensystem stürzte in heilloses Chaos, Uranus und Neptun tauschten ihre Bahnen und riesige Mengen von Asteroiden und Kometen wurden ins innere Sonnensystem geleitet und kollidierten dort mit den Planeten – auch mit der Erde und dem Mond. Merkur könnte uns in Zukunft ein weiteres solches Bombardement einbrocken.

Der Planet hat sowieso schon die exzentrischste Bahn von allen Planeten, die Abweichung von einer Kreisbahn ist also am größten, sie beträgt 0,2056. In vielleicht etwa 3,3 Milliarden Jahren werden Merkur und Jupiter in eine Bahnresonanz eintreten, dadurch wird seine Bahn noch exzentrischer werden, bis sie die Bahn der Venus schneidet. Auf der anderen Seite jedoch wird er der Sonne an seinem nächsten Punkt viel näher kommen.

Was genau dann passiert, lässt sich nicht vorhersagen, zu viele ineinander gekoppelte Kräfte wirken dort. Vielleicht stürzt der Merkur in die Sonne oder aber er wird in den interstellaren Raum katapultiert. Ebenfalls denkbar wären aber eine Kollision mit der Venus und im schlimmsten Fall auch eine Kollision mit der Erde.

Ohne den Merkur wird unser Sonnensystem allerdings in jedem Fall stabiler sein als mit ihm. Vielleicht, nämlich mit einer Wahrscheinlichkeit von 99%, wird der Planet aber auch durch die expandierende Sonne zerstört, bevor eines der Szenarien eintritt.

Der Merkur hat ein rätselhaftes Magnetfeld.

Dass der Merkur überhaupt ein Magnetfeld hat, macht ihn schon zu etwas Besonderem, denn das haben nicht so viele Himmelskörper im Sonnensystem. Außer den Gasplaneten und natürlich der Sonne sind der Merkur und die Erde die einzigen Planeten mit einem nennenswerten Magnetfeld, lediglich der Jupitermond Ganymed verfügt ebenfalls über eines.

Man vermutet, dass Merkurs Magnetfeld ähnlich wie das irdische Magnetfeld durch zirkulierende Ströme in seinem Innern, einen sogenannten Geodynamo, entsteht. Doch das ist seltsam, denn dafür bräuchte der Merkur ein flüssiges Inneres und dafür ist er eigentlich viel zu klein – selbst der wesentlich größere Mars ist bereits längst ausgekühlt.

Nimmt man jedoch die Theorie des Geodynamos an, dann müsste das Magnetfeld eigentlich 30-mal stärker sein als von Raumsonden gemessen, mit durchschnittlich 450 Nanotesla hat es nämlich nur ein Prozent der Stärke des Erdmagnetfelds. Daher gibt es auch andere Ideen, es könnte sich zum Beispiel um den klassischen Ferromagnetismus, also feste magnetische Stoffe im Innern des Planeten handeln.

Durch Untersuchungen der Rotation des Merkurs stellte man jedoch fest, dass es in seinem Innern mit hoher Wahrscheinlichkeit flüssige Stoffe gibt. Alternative Theorien zum Ferromagnetismus sind daher, dass der Schmelzpunkt der Flüssigkeit durch bestimmte Stoffe gesenkt wird, sodass das Innere des Planeten trotz seiner geringen Größe noch flüssig sein kann oder aber dass das Magnetfeld durch Barrieren in seinem Innern gedämpft wird.

Das ist jedoch nicht alles, das Magnetfeld ist auch stark asymmetrisch, auf der nördlichen Hemisphäre ist es stärker als auf der südlichen, hier trifft der Sonnenwind die Oberfläche also stärker. Die enormen Nähe zur Sonne beeinflusst das Magnetfeld ebenfalls, vorne wird es vom Sonnenwind quasi zusammengepresst, sodass es nur 1.000 Kilometer über die Planetenoberfläche reicht, auf der Rückseite reicht es wie ein Schweif weit bis ins All. Der Sonnenwind steht auch im Verdacht, das Magnetfeld insgesamt zu schwächen.

Wir sehen, Merkurs Magnetfeld ist noch voller Rätsel und das ist auch ein Hauptgrund für die Mission von BepiColombo. Es handelt sich nämlich um eine Doppelsonde, der europäische Teil Mercury Planetary Orbiter wird Merkur auf einer engeren Umlaufbahn umkreisen und sich vor allem der Planetenoberfläche widmen und sie kartieren. Der japanische Teil, der Mercury Magnetospheric Orbiter, ist jedoch extra darauf ausgelegt, das Magnetfeld aus einer weiteren Umlaufbahn zu erforschen.

Am Merkur angekommen werden sich die beiden Teile trennen. Der Mercury Magnetospheric Orbiter soll zunächst einmal das Magnetfeld und seine Stärke sowie seine räumliche Ausdehnung genauer kartieren, aber er soll auch final seine Entstehung ermitteln, dann wird wohl auch das Rätsel der zu geringen Stärke gelöst sein – auch der potentielle Einfluss des Sonnenwindes ist Teil der Forschungen. Die Zukunft wird es zeigen.

Der Merkur ist so schwer erreichbar wie Pluto.

Neben dem geringen öffentlichen Interesse am Merkur hat es einen weiteren Grund, weshalb BepiColombo erst die dritte Raumsonde ist, die den Planeten besucht. Obwohl er im Vergleich zu den Planeten und Monden des äußeren Sonnensystems nur einen Steinwurf entfernt ist, benötigt man für einen Flug zum ihm so viel Energie wie für eine Mission zum weit entfernten Zwergplaneten Pluto.

Das liegt wie gesagt nicht an seiner Entfernung, sondern an anderen bahnmechanischen Aspekten. Unsere Erde bewegt sich etwa mit einer Geschwindigkeit von 107.000 km/h oder 29,78 km/s um die Sonne. Diese muss überwunden werden, wenn man in Richtung Sonne fliegen möchte, solche Raumsonden müssen also immer sehr schnell sein.

Wenn man die Erde dann verlassen hat, wird es nicht einfacher. Es funktioniert nicht so, wie man es sich häufig vorstellt vorstellt, dass die Sonne die Sonde automatisch anzieht und sie gar keinen Antrieb braucht. Denn es gibt ja auch die Zentrifugalkraft, welche die Gravitation ausgleicht, ohne Antrieb verhält sich eine Sonde also wie ein Planet und umkreist die Sonne auf einer eigenständigen Bahn.

Daher benötigt es einen Antrieb, ein neuartiger Ionenantrieb wie BepiColombo ihn hat ist für diesen Flug perfekt, auch ein Sonnensegel würde sich anbieten – im Zweifel geht es aber auch mit einem gewöhnlichen chemischen Triebwerk. Um in die Nähe des Merkurs zu kommen, benötigt es dann Vorbeiflugsmanöver an den anderen Planeten, meist der Erde und der Venus – dafür müssen die Planeten genau in der richtigen Konstellation zueinander stehen.

Möchte man nicht nur vorbeifliegen, sondern auch in einen Orbit einschwenken wie es BepiColombo tun wird, benötigt es anschließend auch noch zahlreiche Vorbeiflüge am Merkur selbst, um die richtige Geschwindigkeit zu erreichen – kein Planet des Sonnensystems ist komplizierter anzufliegen.

Aus diesem Grund ist bisher auch noch keine Raumsonde weich auf dem Planeten gelandet, lediglich MESSENGER ist kontrolliert abgestürzt. Dabei wäre es sehr wichtig, beispielsweise vermutet man, dass bestimmte Meteoriten auf der Erde vom Merkur kommen und bei dem großen Einschlag ins All und bis auf die Erde geschleudert wurden. Das könnte man aber nur beweisen, wenn man das Gestein vor Ort analysieren würde.

Dann könnte man nämlich die Zusammensetzung der mutmaßlichen Merkurmeteoriten mit der Zusammensetzung des Merkurgesteins vergleichen und herausfinden, ob wirklich große Mengen Gestein zwischen den Planeten verkehren. Das wäre eine sehr wichtige Erkenntnis, denn so könnte auch irdisches Gestein auf andere Planeten kommen – vielleicht mit Lebensformen an Bord. Oder aber das irdische Leben selbst kommt von anderen Planeten.

Der Merkur ist der schnellste Planet unseres Sonnensystems.

Ein Grund für die schwere Erreichbarkeit des Merkurs ist seine enorme Geschwindigkeit, denn er bewegt sich noch schneller um die Sonne als die Erde – das lässt sich einfach aus den Keplerschen Gesetzen ableiten. Das dritte Keplersche Gesetz sagt nämlich aus, dass die Umlaufzeit eines Planeten proportional zur dritten Potenz der großen Halbachse seiner Bahn ist. Diese ist beim Merkur natürlich am kleinsten.

So bewegt sich der Merkur mit einer Geschwindigkeit 172.332 km/h oder 47,36 km/s um die Sonne, das ist so schnell, dass man es sich kaum vorstellen kann. Um in einen Orbit um den Merkur einzuschwenken, muss BepiColombo sich teilweise mit einer Geschwindigkeit von über 50 km/s bewegen – in etwa zwölf Sekunden hätte die Sonde die Strecke München-Hamburg zurückgelegt, der Merkur bewegt sich dabei etwa mit der 50-fachen Geschwindigkeit einer Gewehrkugel.

Die hohe Geschwindigkeit des Planeten verleiht ihm auch seinen Namen, denn Mercurius ist die römische Entsprechung des griechischen Gottes Hermes und der wiederum ist in der Mythologie der Götterbote – da ist Schnelligkeit immer von Vorteil, daher ist dies auch der Name des bekannten deutschen Paketzustellers.

Doch die hohe Geschwindigkeit des Merkurs auf seiner Umlaufbahn um die Sonne macht ihn aber nicht nur für Raumsonden sehr schwer erreichbar, durch sie passieren am Himmel des Merkurs auch recht seltsame und aus unserer Perspektive ungewöhnliche Dinge und Phänomene – vor bezüglich unserer Sonne.

Die Sonne bewegt sich wild an Merkurs Himmel.

Der Himmel Merkurs käme uns sowieso schon recht seltsam vor, da er keine Atmosphäre hat, erscheint er sowohl tagsüber, als auch nachts komplett schwarz, die Sterne werden jedoch tagsüber in der Regel von der Sonne überstrahlt. Lediglich nachts könnte man den ungetrübten Sternenhimmel bestaunen, die Erde und der Mond sind von dort aus deutlich sichtbar, die Venus sogar heller als auf der Erde.

Wirklich beeindruckend wäre allerdings die Sonne, denn die ist dort im Extremfall sowieso schon 3,2-mal größer und 10,2-mal heller als auf der Erde. Doch da hören die Besonderheiten nicht auf. Der Merkur hat eine Art Bahnresonanz mit sich selbst, denn während er sich dreimal um sich selbst dreht, dreht er sich exakt zweimal um die Sonne.

Gleichzeitig ist die Zeit zwischen zwei Meridiandurchgängen der Sonne mit 176 Tagen ungefähr doppelt so lang wie ein Umlauf um die Sonne, der 88 Tage dauert. Wenn man den Tag also auf die Zeit bezieht, die zwischen zwei Passagen der Sonne am Meridian vergeht, dauert ein Tag auf dem Merkur gewissermaßen doppelt so lange wie ein Jahr. Das führt dazu, dass man an gewissen Punkten auf der Merkuroberfläche die Sonne aufgehen sehen könnte, bis sie etwa bis zur Mitte aufsteigt, um dann stehen zu bleiben und sich zurück zu bewegen, bis sie untergeht, ehe sie noch am selben Tag wieder aufgeht.

Dieses Phänomen ist immer in der Nähe des Perihels der Bahn zu beobachten, da dort die Winkelgeschwindigkeit des Merkurs genauso groß ist wie die Orbitalgeschwindigkeit (Sonne bleibt scheinbar stehen), sie dann übertrifft (Sonne bewegt sich scheinbar rückläufig und geht unter) und dann erst wieder genau so groß ist (Sonne bleibt wieder stehen) und schließlich wieder kleiner wird (Sonne setzt gewohnte Bahn fort) – sicherlich die Touristenattraktion schlechthin des 24. Jahrhunderts.

Die Relativitätstheorie erklärte Merkurs Bahn.

Lange Zeit vermutete man einen weiteren Planeten, der noch innerhalb der Bahn des Merkurs kreist und den Namen Vulkan trägt. Er sollte die sogenannte Periheldrehung des Merkurs erklären, eine weitere Seltsamkeit seines Orbits, die sich mit Isaac Newtons Gravitationsgesetz nicht vollständig erklären ließ – es sei denn, es gäbe Vulkan.

Es geht darum, dass sozusagen die ganze Bahn des Merkurs sich um ihre eigene Ebene dreht, der Perihel also immer an einer leicht veränderten Stelle liegt. Statt der berechneten 531 Bogensekunden pro Jahrhundert wurden jedoch 571,91 Bogensekunden pro Jahrhundert gemessen – die Bahn ist also recht deutlich nicht geschlossen.

Schließlich fand man jedoch heraus, dass es nicht unsere Kenntnisse vom Sonnensystem waren, die falsch sind, sondern die Gesetze, mit denen wir gerechnet haben. Erst Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie, welche Newtons Gesetze ergänzte, konnte die Periheldrehung des Merkurs dann vollständig erklären.

Wie genau sie das tut, ist sehr schwer zu erklären. Vereinfacht könnte man sagen, dass die Sonne den Raum in ihrer unmittelbaren Umgebung krümmt, das ist ja die Gravitationskraft. Durch diese Raumkrümmung ist ein Kreis, also eine komplette Runde um die Sonne dort etwas kürzer als wenn man den Raum als starr annimmt wie Newton es tat. Das gilt natürlich überall, aber beim Merkur ist die Krümmung aufgrund der Nähe zur Sonne am größten, daher fiel es erstmal nur hier auf.

Die Periheldrehung war also die erste große Bestätigung der Allgemeinen Relativitätstheorie. Zu diesem Zeitpunkt wusste man schon, dass die Theorie mathematisch stimmig ist, aber dieses Phänomen zeigte, dass sie mehr als nur ein Rechenspielchen ist, sondern tatsächlich in der Natur vorkommt. Einstein war “einige Tage lang außer sich vor Freude”, doch für den Planeten Vulkan war es das Aus.

Bis heute deuten jedoch einige Eigenschaften des Merkurs darauf hin, dass es innerhalb seiner Umlaufbahn tatsächlich noch etwas gibt, nämlich einen kleinen Gürtel aus Asteroiden, den sogenannten Vulkanoidengürtel. Die große Zahl an Einschlagskratern auf dem Merkur ist ein Indiz dafür, gefunden hat man jedoch noch nichts. Die Effekte der Relativitätstheorie werden allerdings auch BepiColombo und alle Sonden miteinbeziehen müssen, die man zum Merkur schickt, sonst würden sie ihr Ziel verfehlen.

Der Merkur ist meist der erdnächste Planet.

Die Bahn der Erde liegt zwischen der Bahn des Mars und der Bahn der Venus, kein Planet kommt der Erde im Extremfall so nah wie die Venus. Doch im Schnitt ist der Merkur der erdnächste Planet, er ist der Erde nämlich am häufigsten der nächste Planet, denn Venus und Mars sind häufig auf der anderen Seite der Sonne, dann addiert sich die Entfernung dieser Planeten zur Sonne zur Entfernung der Erde zur Sonne.

In seiner Simulation der letzten 10.000 Jahre sah man ganz eindeutig, dass der Merkur mit Abstand der erdnächste Planet ist, sein Abstand zur Erde beträgt durchschnittlich etwa 150 Millionen Kilometer, also etwa die Entfernung Erde-Sonne. Das liegt wie gesagt daran, dass auch der Merkur von der Erde aus hin und wieder hinter der Sonne steht. Die durchschnittliche Distanz zur Venus hingegen beträgt 170 Millionen Kilometer.

Nicht der Mars als unsere zukünftige Heimat oder die Venus als hellster Planet am Nachthimmel, sondern der unauffällige Merkur ist unser treuester Nachbar – jedoch nicht nur unserer. Der Merkur ist jedem Planeten im Sonnensystem im Schnitt der nächste, selbst dem Neptun. Auch das ist logisch: Befindet sich der Uranus, der Nachbarplanet des Neptuns, auf entgegengesetzter Seite der Sonne wie der Neptun, dann addieren sich beide riesigen Entfernungen, beim Merkur ist das aufgrund der geringen Distanz nie der Fall. Der am schwierigsten zu erreichende Planet ist also gleichzeitig der nächste.

Vielleicht könnten eines Tages auch Menschen zum Merkur aufbrechen, die Flugzeit hielte sich mit fortschrittlicheren Antriebstechnologien in Grenzen, die Lichtlaufzeit ist aufgrund der geringen Entfernung meist kurz und Solarzellen könnten dort viel mehr Strom produzieren. Lediglich die widrigen Bedingungen auf Merkurs Oberfläche wären ein heute noch unlösbares Problem. Die einzige Landung auf dem Merkur plant derzeit Russland im Jahr 2031 und die wird lediglich robotisch sein.

Menschen auf dem Merkur

In fernerer Zukunft könnten wir den Merkur allerdings auch noch ganz anders nutzen und zwar für die Konstruktion eines sogenannten Dyson-Schwarms. Die Idee ist, gigantische Mengen an Satelliten ausgestattet mit Solarzellen in geringer Entfernung um die Sonne kreisen zu lassen. So könnte man beinahe die gesamte Sonnenenergie nutzen und nicht nur den winzigen Anteil, der genau die Erde erreicht.

Abgesehen davon, dass die Dimensionen eines solchen Projekts für uns derzeit noch utopisch sind, ganz zu schweigen von der Speicherung des Stroms und dem Transport, könnte man für ein solches Projekt auf keinen Fall Ressourcen von der Erde nutzen. Nicht nur, dass es dafür wohl gar nicht genug brauchbares Material auf der Erde gibt, die Kosten für den Transport in den Erdorbit und dann zur Sonne wären so enorm und die ökologischen und ökonomischen Folgen so verheerend, dass sich das alles nicht lohnen würde.

Der Merkur wäre dafür aber perfekt, auf ihm gibt es viel Eisen und andere für Technik wichtige Elemente, er liegt nah an der Sonne und hat eine geringe Gravitation und keine Atmosphäre, sodass der Transport ins All sehr einfach wäre. Vielleicht löst unser treuester und unbekanntester Begleiter also eines Tages unser Energieproblem – dafür sollten wir ihm ruhig etwas mehr Aufmerksamkeit zollen, dem Merkur.

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4 Comments

  • […] vergleiche das gerne mit der Periheldrehung des Planeten Merkur: Der Perihel, also der sonnennächste Punkt der Merkurbahn, rotiert im Laufe der Zeit selbst […]

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  • Chaos |

    […] vergleiche das gerne mit der Periheldrehung des Planeten Merkur: Der Perihel, also der sonnennächste Punkt der Merkurbahn, rotiert im Laufe der Zeit selbst […]

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  • Tolltastisch! |

    […] und Olympiazentrum genießen kann. Ein wirklich tolltastischer und unterschätzter Planet ist der Merkur, der schnellste Planet des Sonnensystems mit einem übergroßen (gigantösen) Kern und einem […]

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  • Isa Fröhling
    Isa Fröhling

    Hochinteressante Fakten hast Du da zusammengetragen und vorgestellt! Hat richtig Spass gemacht, Deinen Beitrag zu lesen! Ich werde bestimmt wieder auf Deinem Blog vorbeischauen! Viele Grüße aus Heidelberg, Isa Fröhling

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