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Wie Astronaut*innen durch Torpor im Schlaf das Sonnensystem erkunden könnten

Astronauten könnten bald im Torpor reisen

Menschen sollen bald im Torpor durchs Universum reisen, also in einer Art künstlichem Schlaf. Die NASA vergibt nun ein zweites Mal Fördergelder an ein Unternehmen namens SpaceWorks, das dafür ein konkretes Konzept entwickelt hat – es könnte absolut bahnbrechend sein.

Enorme Distanzen im Sonnensystem

Wir stehen am Beginn eines neuen Raumfahrtzeitalters, wir wollen weg von Raumstationen im Erdorbit, Menschen sollen stattdessen wieder die Oberfläche anderer Himmelskörper betreten, wir wollen etwa zum Mond zurückkehren und in seinem Orbit eine Raumstation errichten. Von dort aus soll dann der erste Flug tief in unser Sonnensystem starten, etwa zum Mars.

Es gibt aber auch Ideen für astronautische Flüge in die Hochatmosphäre der Venus, dort könnten sogar Lebensformen existieren. Ebenfalls machbar wäre ein Flug zu einem erdnahen Asteroiden, dort könnte man in Zukunft zum Beispiel Ressourcen für die Nutzung im Weltraum abbauen. Perspektivisch wären auch astronautische Flüge zu den Jupitermonden und eines sehr fernen Tages vielleicht sogar zu anderen Sternen möglich.

Doch eines haben eigentlich alle Ziele miteinander gemeinsam: Sie sind verdammt weit weg. Wir haben eine völlig falsche Vorstellung von den Distanzen im Weltraum, die Himmelskörper sind viel weiter voneinander entfernt als wir meist denken, selbst die Distanz zu unserem nächsten Nachbarn, dem Mond, kann man sich nur schwer vorstellen.

Deshalb benötigen selbst unsere Raumschiffe, die mehrere Kilometer in der Sekunde zurücklegen meist Wochen, Monate oder Jahre um Ziele im Weltraum zu erreichen. Diese langen Reisezeiten sind daran Schuld, dass lange Reisen durchs Weltall bisher Science Fiction sind.

HimmelskörperReisezeit
Mond3 Tage
Erdnahe Asteroiden91 Tage
Venus107 Tage
Mars240 Tage
Hauptgürtel342 Tage
Jupiter997 Tage

Bis zum Mond kann man noch gerade so „mal eben“ fliegen, wobei es hier bei einem medizinischen Notfall schon schwierig würde. Außerdem benötigt es dort Dinge wie Strahlenschutz und Schutz vor Mikrometeoriten, an all das hat man zur Zeit der Apollo-Flüge noch nicht so wirklich gedacht – man hatte großes Glück, dass nichts passierte.

Wirklich schwierig wird es aber erst bei Flügen über das Erde-Mond-System hinaus, denn dort steigen die Entfernungen rapide an, bis man am Ziel ist dauert es Monate oder Jahre – da kann man nicht einfach so losfliegen. Die kosmische Strahlung, verursacht durch die Sonne und andere Sterne, kann über die Jahre zu schweren Krankheiten und vielleicht sogar dem Tod führen.

Auch die Schwerelosigkeit im tiefen Weltraum ist ein Problem, sie führt zu Muskel- und Knochenabbau, da der Körper dort kaum noch beansprucht wird. Wenn die Astronauten dann auf die Erde zurückkehren, werden sie nicht einmal mehr laufen können und ihr Leben lang stark geschädigt sein, ganz zu schweigen von den Menschen, die eines Tages vielleicht ihr ganzes Leben im Weltall verbringen – moralisch nicht zu rechtfertigen.

Psychische Probleme auf Raumreisen

Neben den physischen Beeinträchtigungen wiegen jedoch die psychischen Folge von Langzeitflügen durchs Weltall wohl noch stärker. Die Raumschiffe werden trotz Habitaten verhältnismäßig recht beengt sein, dort werden die Forscher*innen viele Monate verbringen müssen, in einer lebensfeindlichen Umgebung, einem stressigen Alltag und immer mit denselben Menschen.

Bei Simulationen auf der Erde kam es nicht selten zu heftigen Konflikten zwischen den Besatzungsmitgliedern, teils bedrohten diese die gesamte Mission. Eine echte Marsmission wird jedoch noch um einiges härter, schließlich belasten dort körperliche Gebrechen die Stimmung und gleichzeitig das Wissen, dass man nicht in einer isolierten Kapsel auf der Erde steht, sondern diese nur noch als kleiner Punkt zu sehen ist.

Bereits frühere Erfahrungen mit Langzeitaufenthalten in Raumstationen zeigen dass die Menschen sich an allem festhalten, was sie an die Erde erinnert, etwa an einer Fliege, die aus Versehen mitgenommen wurde – die Besatzung gab ihr einen Namen, fütterte und hütete sie. Genauso versuchte man, möglichst viele gewohnte Routinen aufrechtzuerhalten.

Daher wäre nicht nur ein aufwendiger Strahlenschutz und womöglich eine Apparatur für künstliche Gravitation nötig, sondern auch eine Art Unterhaltungsprogramm – es wäre unglaublich wichtig für die Psyche der Astronauten, dass sich an Bord zum Beispiel Pflanzen und Gemälde befinden und man sich abends zusammen mit den Kolleg*innen auch mal einen Film ansehen kann.

Das alles ist sehr schwer und das im wahrsten Sinne des Wortes – das Gewicht spielt hier eine Rolle. Nicht nur, dass jedes Gramm mit Raketen ins All geschossen und beschleunigt werden muss, es muss dann zum Teil auch auf dem Mars landen, in dieser Größenordnung ein völliges Novum für uns. Wir wissen noch gar nicht, wie man große Nutzlasten sicher auf Himmelskörpern landet.

Torpor als Lösung

Wir sehen, dass die Technologie eines astronautischen Marsfluges in vielerlei Hinsicht noch nicht vorhanden ist und die Probleme teils vielleicht auch in näherer Zukunft überhaupt nicht lösbar sind. Vor allem das Problem der verminderten Lebenserwartung durch kosmische Strahlung und der extremen Langeweile wird man wohl einfach schlucken müssen – es sei denn, man nimmt sich die Science Fiction zum Vorbild.

Hier reisen die Menschen ja nicht nur zwischen Planeten, sondern häufig sogar zwischen Sternen, wofür viele Jahre, Jahrzehnte oder Jahrhunderte notwendig sind. Das ist dramaturgisch natürlich schwierig, schließlich übersteigen die Reisezeiten das Leben eines Protagonisten oder einer Protagonistin und überhaupt kann man ja keine Jahrzehnte Handlung in einem kleinen Raumschiff füllen.

Dafür gibt es zum einen die Lösung des überlichtschnellen Warp-Antriebs, der funktioniert jedoch momentan nicht einmal in der Theorie. Die weit populärere Lösung in der Science Fiction ist daher der sogenannte Torpor. Hier wird die Besatzung in eine Art Schlaf versetzt, um unbeschadet am Ziel anzukommen.

Häufig liegen so hunderte oder tausende Menschen im Torpor, in der Fiktion altern sie meist nicht und wenn sie dann am Ziel angekommen sind, weckt man sie einfach wieder auf. So vermeidet man Generationenraumschiffe auf denen ganze Generationen aufwachsen, Kinder bekommen und wieder sterben, über diese Art des Reisens und ihre Probleme habe ich hier mehr geschrieben.

Weniger Ressourcen notwendig

Aber auch die Science Fiction hat den Torpor natürlich nicht selbst erfunden, sie hatte Vorbilder in der Natur und zwar im Tierreich, denn einige Tiere halten Winterschlaf während sie kaum Energie verbrauchen und alle Körperfunktionen auf das Mindeste reduzieren. Ein Mensch kann sich von Natur aus allerdings nicht in einen Torpor versetzen.

Könnten wir es, wäre das sehr von Vorteil, nicht nur, weil man sich dann während nerviger Events einfach Schlafen legen könnte. Durch die geringeren Körperfunktionen braucht der Körper auch viel weniger Energie, es muss also weniger Sauerstoff und weniger Nahrung mitgeführt werden.

Die Astronaut*innen sind während des Torpors natürlich nicht unter Bewusstsein, somit fällt auch das Problem der Langeweile und der psychischen Probleme weg. Daher müsste man auch keine Unterhaltung für die Astronaut*innen mitnehmen – sie würden alle potentiellen Risiken einer interplanetaren Mission verschlafen. Der Torpor würde sich gewaltig auf das Gewicht das Habitats auswirken.

Astronomie und Raumfahrt | Wie Astronaut*innen durch Torpor im Schlaf das Sonnensystem erkunden könnten | astronauten koennten bald im torpor reisen 3

Die Technologie für diese Habitate wäre deutlich früher vorhanden, wir bräuchten zudem viel weniger Energie für die Mission und am wichtigsten ist wohl, dass auch der Preis einer astronautischen Marsmission sinkt – dadurch wird sie vermutlich auch eher umgesetzt. Doch ist der Torpor praktisch überhaupt möglich?

Können Menschen in Torpor versetzt werden?

Tiere erreichen diesen Zustand nämlich lediglich durch bestimmte Hormone, die unter den winterlichen Bedingungen freigesetzt werden. Wir Menschen haben diese Hormone nicht und würden wir sie uns zuführen, hätten sie in unserem Körper vermutlich nicht dieselbe Wirkung.

Häufig liest man daher, Torpor beim Menschen sei unmöglich und würde in der Realität nicht funktionieren. Doch das ist so nicht richtig und Zeugnis einer Verwechslung. Viele verwechseln den Torpor, auch Hypothermie oder Kälteschlaf genannt, mit der sogenannten Kryonik, auch Kryostase oder Kryokonservierung genannt.

Beim Torpor wird die Körpertemperatur eigentlich nur recht geringfügig gesenkt, wie tief genau, das hängt von der Behandlung ab, es gibt die milde und die tiefe Hypothermie. Für die milde Hypothermie genügt bereits eine Abkühlung von den gewöhnlichen 37°C auf 34°C, sie ist in der Medizin schon jetzt Alltag und wird etwa bei Patienten nach einem Herzstillstand oder einem Schlaganfall angewandt, denn Schäden am Gewebe werden dadurch verlangsamt.

Deutlich drastischer ist die tiefe Hypothermie, hier wird die Körpertemperatur auf etwa 20°C oder weniger gekühlt, es kommt zum Herzstillstand, das Blut wird aus dem Körper gesaugt und die Hirnaktivitäten verstummen – man könnte meinen, der Patient wäre tot. Obwohl diese Art des Torpors sehr risikoreich ist, wird sie seit einigen Jahren in Extremsituationen medizinisch angewandt.

Die Kryonik hingegen ist etwas ganz anderes, hier wird der Körper eines bereits toten Patienten konserviert, sodass er sehr lange erhalten bleibt. Dafür wird das Blut aus den Adern gesaugt und eine Art Frostschutzmittel eingeführt, dann landen die sogenannten Kryonaut*innen in Kammern gefüllt mit -196°C kaltem flüssigen Stickstoff.

Dort bleiben ihre Körper dann über Jahrtausende beinahe unverändert. Man hofft, sie mit fortschrittlicher Technologie der Zukunft eines Tages reanimieren zu können. Ob das funktionieren wird oder nicht, weiß man einfach nicht, momentan geht es jedenfalls nicht. Hypothermie hingegen funktioniert schon heute.

Kryonik-Kapseln in Russland, Kälteschlaf, Torpor
Kryonik-Kapseln in Russland, Quelle: Удалова Валерия Викторова, Kriorus Inside, Cryostorage, schwarz-weiß, CC BY-SA 4.0

Torpor ist also nicht nur möglich, sondern sogar heute schon Praxis, für einen Raumflug im Torpor müsste die Technik also zwar verfeinert und weiterentwickelt, aber nicht komplett neu erfunden werden. Torpor für den Menschen ist kein Ding der Unmöglichkeit und daher hat die Firma SpaceWorks sich mit Unterstützung der NASA dem ganzen mal etwas konkreter gewidmet.

Hindernisse bei Flügen im Torpor

Dabei stießen sie vor allem auf zwei große Hürden, bis die Technologie im Weltraum angewandt werden kann. Erstens muss der Zeitraum, über den sich der Torpor aufrechterhalten lässt, ausgeweitet werden. Bisher wird er selten länger als drei Tage angewandt, im absoluten Extremfall zwei Wochen.

Erklärtes Ziel von SpaceWorks ist es, Menschen regelmäßig und ohne Schäden über mindestens zwei Wochen in Torpor versetzen zu können, anschließend sollen es 30 Tage sein – man geht davon aus, dass dies ohne weitere Schäden für den Menschen möglich ist. Womöglich könnte der Zustand dann eines Tages über die gesamten 240 Tage einer Marsmission erhalten werden.

SpaceWorks ist sehr optimistisch, was das angeht – zumindest dabei, das 14-Tage-Ziel zu erreichen. Daher bezieht die Firma ja auch Fördergelder von der NASA. John Bradford, der Präsident von SpaceWorks, etwa sagte folgendes:

„Vierzehn Tage sind der Punkt, an den wir mit ziemlich großer Zuversicht gelangen können.“

John Bradford, Präsident von SpaceWorks

Neben der Verlängerung des Zeitraums des Torpors sollte der Vorgang auch automatisiert werden. Zwar könnte die Besatzung noch vor dem Start in Torpor versetzt werden, aber unterwegs müsste Nahrung und Sauerstoff zugeführt werden – fiele dies aus, hätte das katastrophale Folgen, die Besatzung würde verhungern oder ersticken, ohne es zu bemerken.

Angekommen am Zielort im Sonnensystem muss die Besatzung auch automatisch wieder in den Normalzustand gebracht werden – quasi ein Wecker. Nur ist das hier gar nicht so einfach, denn würde man die Menschen sofort und zu schnell erwärmen, würden sie wohl sterben.

Während des Torpors sind nämlich alle Körperfunktionen wie Puls und Atmung auf einem Mindestmaß. Das funktioniert, da auch der Energieverbrauch auf einem Mindestmaß ist. Doch steigt der Energieverbrauch, ohne dass die Körperfunktionen hinterher kommen, dann reichen diese nicht mehr aus, um das Überleben zu sichern.

Daher muss das Aufwärmen des Körpers sorgfältig überwacht werden, der Körper darf höchstens um 0,5 bis 1°C pro Stunde erwärmt werden, danach sollten die Menschen sich erstmal einer medizinischen Untersuchung unterziehen, bevor sie sich dann an die Arbeit machen.

Kältekammern und Roboterarm

SpaceWorks hat nun mit der NASA wirklich beachtliche Erfolge erzielt. Sie arbeiten etwa an einem Medikament, mit dem der Zustand des Torpors einfacher erreicht werden soll. Es trickst den Körper aus, denn als gleichwarme Tiere regulieren wir unsere Körpertemperatur selbst, unser Körper strebt immer eine Temperatur von etwa 37°C an und widersteht dem Versuch, gekühlt oder erwärmt zu werden.

Dieses Medikament soll dem Körper nun vorgaukeln, dass er eine niedrigere Körpertemperatur anstrebt, somit verfällt der Mensch dann ganz von alleine in den Torpor. Gleichzeitig entwickelte SpaceWorks ein ausgefeiltes Konzept für den Transport im Torpor. Dabei sollen keine richtigen abgeschlossenen Kammern entwickelt werden, die im Torpor liegenden Menschen sollen sich in Gurten an speziellen Terminals an der Wand des Raumschiff anbinden.

SpaceWorks hat das Design überraschend präzise ausgearbeitet, so soll den Astronaut*innen etwa intravenös, also durch Infusionen, Nahrung und Sauerstoff verabreicht werden. Die Systeme könnten redundant sein, sodass eines ausfallen kann, ohne dass die Astronaut*innen im Torpor Schaden nehmen. Die notwendigen Geräte sollen direkt neben der schlafenden Person befestigt werden.

In der Mitte der Kabine soll zudem ein Roboterarm installiert werden, er soll sich drehen und somit mehrere Astronaut*innen versorgen können. Er soll auch Elektroschocks erzeugen können, dadurch ließen sich die Muskeln stimulieren – nach dem Torpor wären sie sonst wie Pudding.

Der Körper der Astronaut*innen soll um nur etwa 5°C gekühlt werden, schon das wird jedoch genügen, um einen Schlafzustand herbeizuführen, die Stoffwechselrate um 70% zu senken und somit die bereits oben visualisierte Verkleinerung des Habitats zu erreichen.

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Aber der Torpor könnte nicht nur für kleinere Habitate bei den ersten Marsmissionen sorgen, langfristig könnte er bei der Kolonisierung des Mars sogar unabdingbar sein, denn so passen viel mehr Menschen in ein Raumschiff – eventuell lassen sich dadurch hunderte Menschen mit einem Flug transportieren.

Dies ist notwendig, wenn gegen Ende des Jahrhunderts tatsächlich hunderttausende oder Millionen Menschen im Weltraum leben sollen. Dies ist jedoch noch in weiter Ferne, denn die nötige Infrastruktur zum Bau solcher Raumschiffe haben wir noch nicht – sie ist aber absehbar.

Ablauf einer Mission im Torpor

Wie würde ein Flug zum Beispiel zum Mars ablaufen, bei dem sich die Besatzung im Torpor befindet? Beginnen wird es 2022, denn dann wird das erste Modul des sogenannten Lunar Gateways ins All geschossen werden, einer modularen Raumstation im Orbit des Mondes, in der Menschen erstmals dauerhaft fernab der Erde leben und arbeiten.

Dort wird auch das Raumschiff für die erste Marsmission zusammengebaut werden und starten. Die Astronauten werden dann wohl mit mehreren kleineren Raumschiffen zum Lunar Gateway fliegen und dort in das Marsraumschiff umsteigen. Dieses wird dann abkoppeln und mit einer Mischung aus neuartigem Ionenantrieb und chemischem Antrieb das Erde-Mond-System verlassen.

Erst dann werden die Astronaut*innen in den Torpor versetzt, aber wie gesagt wird es wohl in den ersten Jahren nicht möglich sein, den Torpor über die gesamte Flugzeit von etwa 240 Tagen aufrechtzuerhalten. Daher wird es statt ein langer Schlaf eher eine Reihe von Nickerchen von je 14 Tagen Dauer sein.

Während der Wachphase von nur wenigen Tagen können die Astronaut*innen dann Wartungen am Schiff durchführen, sich erholen oder wichtige Missionsetappen begleiten – etwa ist ein Vorbeiflug am Planeten Venus geplant. Auch Kommunikation mit der Erde kann in diesem Zeitfenster stattfinden.

Sollte die Automatisierung des Torpors bis dahin nicht gelingen, dann könnte auch immer eine Hälfte der Besatzung schlafen, während die andere sich um das Raumschiff, die Kommunikation und natürlich auch ihre schlafenden Kolleg*innen kümmert.

Vielleicht sind bis dahin aber auch längst ganz andere Dinge möglich, etwa arbeiten Forscher derzeit an einem Supercomputer namens CASE, der eine solche Langzeitmission komplett alleine managen und auch den Torpor kontrollieren könnte. Die Details sind in dieser Richtung jedoch auch noch unklar, denn das liegt derzeit in weiter Ferne.

Überwältigende Anwendungsmöglichkeiten

Nun muss erstmal die Forschung am Torpor selbst beendet werden, SpaceWorks arbeitet mit der zweiten Runde an Fördergeldern der NASA derzeit an dem Medikament. Dieses wird dann in den kommenden Monaten an Tieren getestet, anschließend will SpaceWorks das Mittel freiwilligen Menschen verabreichen, die dann in den Torpor verfallen.

Noch später soll das Medikament dann im All getestet werden, zunächst auf der Internationalen Raumstation ISS, hier kann man den Zusammenhang zwischen Torpor und Muskelabbau und die Wirksamkeit des Medikamentes in Mikrogravitation testen. Zum Schluss ist schließlich ein Test im tiefen Weltraum, nämlich im Lunar Gateway, denkbar.

Da der Mond kein eigenes Magnetfeld hat und außerhalb des Strahlung abschirmenden Erdmagnetfelds liegt, ist die Belastung durch kosmische Strahlung hier 30 Mal härter als auf dem Erdboden. Dort lässt sich dann testen, in welchem Ausmaß der Torpor wirklich Schäden durch die Strahlenbelastung vorbeugt.

Insgesamt könnten wir uns also folgende Vorteile durch den Torpor verschaffen:

  • Verhinderung von Konflikten innerhalb der Crew
  • Verhinderung von Langeweile und psychischen Problemen
  • Starke Senkung der benötigten Ressourcen
  • Deutlich kleinere Habitate und geringerer Energiebedarf
  • Mehr Menschen pro Flug in einem Raumschiff
  • Verhinderung von Muskel- und Knochenabbau
  • Vorbeugung von Schäden durch kosmische Strahlung
  • Ausgeruhte Ankunft am Zielort

Schon recht bald könnte der Torpor auch seine erste Anwendung finden. Eine weitere Science-Fiction-Idee, die unsere Welt verändert.

Perfekt für eine Marsmission

Für eine Marsmission wäre der Torpor geradezu perfekt, er würde größere technische Neuentwicklungen wie künstliche Gravitation, Strahlenschutz und größere Raumschiffe ersetzen – wäre also paradoxerweise womöglich die realistischste und einfachste Möglichkeit, einen solchen Flug sicher durchzuführen.

Vermutlich ist es mit absehbarer Technologie sogar die einzige humane Art für lange Flüge durchs Universum. Für die Marssiedler wird die Erde nur ein kleiner kaum sichtbarer Punkt irgendwo im All sein. Funkkontakte brauchen mit Lichtgeschwindigkeit viele Minuten nach Hause, die Antwort der Menschen auf der Erde auch. Diese Menschen werden die ersten Menschen sein, die die Schnur zur Erde komplett durchtrennen, der Alltag wird lebensbedrohlich.

Man weiß nicht, was dieses Gefühl mit Astronauten anstellt, denn Langzeitaufenthalte auf der Raumstation, auf der die Erde als riesiges Halbrund wenige Stunden entfernt erscheint, sind natürlich etwas ganz anderes als Aufenthalte auf anderen Planeten fernab der Heimat.

Würde man mit dem Auto in Richtung Mars fahren, würde man über 79 Jahre brauchen, um ihn zu erreichen. Das verdeutlicht vielleicht die enorme Abgeschiedenheit, in der sich die Astronauten auf dem Mars befinden werden. Eine Rettungsmission oder eine Evakuierung wäre im Notfall nicht möglich, denn Mars und Erde bewegen sich relativ zu einander, ein Flug ist also nicht immer möglich.

Im Torpor hingegen steigen die Astronauten erfrischt aus ihren Kojen und können eine neue Welt erforschen und das ganz ohne den lästigen Gedanken eines weiteren neunmonatigen Rückflugs – moralisch deutlich besser zu rechtfertigen.

Tief ins Sonnensystem

Aber hinter dem Mars geht das Sonnensystem ja erst richtig los: Wir könnten in den Asteroidengürtel fliegen und die dortigen Rohstoffe nutzen, die sind auf kleineren Körpern nämlich viel einfacher zugänglich. Mit diesen könnten wir dann riesige Raumstationen bauen, in denen nicht zehn oder zwanzig, sondern tausende Menschen leben.

Dann könnte man auch weiter zum Jupiter und seinen Monden fliegen, dort gibt es einen interessanten Kandidaten für außerirdisches Leben – sollten Raumsonden wirklich etwas finden, wollen Menschen diese sicherlich auch mal selbst zu Gesicht bekommen. Dann gibt´s da noch den Titan, den erdähnlichsten Körper im Sonnensystem mit Methanseen auf der Oberfläche. Doch um diese Ziele zu erreichen sind mehrere Jahre notwendig und dafür ist Torpor unabdingbar.

Vielleicht entwickeln wir ja die Technik so weit, dass Menschen eines Tages viele Jahrhunderte im Kälteschlaf liegen können ohne zu altern. Dann läge uns das Universum zu Füßen, wir könnten reisen wie in Interstellar oder Passengers, um einmal zwei Filme zu nennen, die das Thema Torpor näher behandeln. Sollte SpaceWorks also eines Tages mal Probanden*innen suchen: wochenendrebell@wochenendrebell.de.

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