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Warum Unsterblichkeit eine tolle Sache ist. | Forschung 2021

Auf Gräbern springende Kinder

Unsterblichkeit: Meine Mama als unentbehrliches Wochenendrebellen-Mitglied wird heute 37 Jahre alt (Happy Birthday, ich liebe dich!). Für die Jäger*innen und Sammler*innen der Steinzeit wäre das ein hohes Alter gewesen, vor allem aufgrund von Kindersterblichkeit betrug die menschliche Lebenserwartung dort gerade mal 20 bis 30 Jahren. Heute werden Menschen durchschnittlich 79 Jahre, als biologische Obergrenze gilt ein Alter von etwa 120 Jahren. Doch all das könnte sehr bald der Vergangenheit angehören – freuen wir uns doch!

Der Wunsch nach dem ewigen Leben geht bis in längst vergangene Zeiten zurück, er findet sich in allen Religionen. Die Unsterblichkeit der Seele und der Gött*innen gilt überall als etwas Positives und Erstrebenswertes. In chinesischen Hochkulturen hat man sogar gezielt nach dem sagenhaften Elixier der Unsterblichkeit gesucht.

In der Religion war die Unsterblichkeit also immer positiv behaftet, als etwas, wofür Entdecker*innen sogar ihr Leben riskierten.

„Als Petrus diesen sah, spricht er zu Jesus: Herr, aber was wird mit diesem? Jesus spricht zu ihm: Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht es dich an? Folge du mir nach! Da kam unter den Brüdern die Rede auf: Dieser Jünger stirbt nicht.“

Letztlich ist das natürlich auch völlig logisch, jedem Lebewesen ist ein Selbsterhaltungstrieb angeboren. Man muss nicht erst lernen, vor Feinden zu fliehen, dafür ist keine Intelligenz nötig, es ist ein Trieb. Es gilt als längst widerlegt, dass Lebewesen sich stets so verhalten, dass die Art überlebt – die eigenen Gene sollen überleben, denn die Gene sind es schließlich auch, die den Selbsterhaltungstrieb einprogrammieren. Sie scheren sich nicht um die Art, sie sind egoistisch.

Damit lässt sich auch die emotionale Verbundenheit zu Verwandten erklären, denn diese tragen ähnliche Gene. Menschen sind also eher bereit, sich für Verwandten zu opfern, da es genetisch keinen Unterschied macht, ob man selbst oder ein identischer Zwilling überlebt.

Weiter inspiriert wurde der Wunsch nach Unsterblichkeit durch reale Beispiele von Unsterblichkeit in der Natur. Einzeller etwa können sich vermutlich unter idealen Bedingungen beliebig oft teilen, ohne Phänomene wie Alter oder Tod – wobei mittlerweile auch das nicht mehr unumstritten ist.

Die Qualle Turritopsis dohrnii ordnet sich am Ende ihres Lebens einfach neu an und verfällt zurück in das Stadium der Kindheit – dies lässt sich unbegrenzt häufig wiederholen. Zahlreiche andere Lebewesen, etwa Pilze, Süßwasserpolypen und Seegurken sind ebenfalls unsterblich. Biologische Unsterblichkeit ist also möglich.

Das Ende der Fahnenstange?

Der Mensch verfügt von Natur aus jedoch über keine Unsterblichkeit, zumindest nicht als Individuum. Lange Zeit stieg unsere Lebenserwartung rapide an, Grund dafür waren bessere Hygiene, medizinische Versorgung und zuverlässigere Geburten. So hat sich die Lebenserwartung des Menschen in den letzten 120 Jahren etwa verdoppelt.

In Deutschland ist ein ähnlicher Trend zu beobachten:

Lebenserwartung bei
der Geburt (XX-Chromosom)
Lebenserwartung bei
der Geburt (XY-Chromosom)
195068,5 Jahre64,4 Jahre
196072,4 Jahre66,9 Jahre
197073,4 Jahre67,2 Jahre
198076,3 Jahre69,6 Jahre
199079,0 Jahre72,6 Jahre
200080,8 Jahre74,8 Jahre
201082,7 Jahre77,2 Jahre
202084,1 Jahre79,1 Jahre
203085,5 Jahre80,6 Jahre
204086,6 Jahre82,1 Jahre
205087,7 Jahre83,5 Jahre
206088,8 Jahre84,8 Jahre

Doch irgendwo ist Schluss, der Lebenserwartung des Menschen ist eine natürliche Grenze gesetzt, die sich durch reine Veränderung des Lebensstils, durch Hygiene und medizinische Versorgung, nicht übertreffen lässt. So können Menschen von Natur aus nicht wesentlich älter werden als 120 Jahre, der älteste Mensch aller Zeiten war Jeanne Calment, die in einem Alter von 122 Jahren und 164 Tagen starb. In sehr vielen Gebieten der Welt lässt sich die Lebenserwartung noch deutlich steigern, in einigen Regionen beträgt sie noch heute nicht einmal 50 Jahre.

Somit ließe sich die weltweite Lebenserwartung noch deutlich erhöhen und das wird auch passieren, aber es scheint als wäre Calments Rekord als Individuum ein ewiger Rekord. Auf natürliche Weise wird wohl nie jemand älter als 125 Jahre werden. Doch woran liegt diese scheinbare natürliche Obergrenze für die menschliche Lebenserwartung?

Was bedeutet Altersschwäche?

Wie genau das Altern funktioniert, ist noch heute nicht abschließend geklärt. Mittlerweile vermutet man jedoch, dass der Mensch ähnlich altert wie ein Auto oder ein Haus – durch Verschleiß. Im Laufe der Zeit entstehen Schäden, die sich dann anhäufen.

Eine sehr wichtige Rolle spielen vermutlich die sogenannten Telomere, das sind die Enden von Chromosomen, die unser Erbgut tragen. Bei jeder Zellteilung nutzen sich diese Telomere jedoch etwas ab, sodass sie von Zeit zu Zeit kürzer werden.

Irgendwann sind die Telomere so kurz, dass sich die Zelle nicht mehr weiter teilen kann – sie ist dann am Ende ihrer Lebenszeit angelangt. Dies ist nach etwa 40 Teilungen der Fall, mal etwa mehr, mal etwas weniger. Normalerweise tritt dann die sogenannte Apoptose ein. Das ist eine Art internes oder externes Programm, das der Zelle sagt, wann es Zeit ist zu sterben.

Einige Zellen weigern sich jedoch, obwohl sie längst minderwertiges Material sind, teilen sie sich weiter. Dann tritt die Chromosomenstabilität ein, das bedeutet, die Zellen werden zu seneszenten Zellen, sie teilen sich fehlerhaft und Mutationen treten auf. Betreffen diese Mutationen Gene, die für die Reparatur von DNA zuständig sind, werden nicht mehr alle Schäden repariert – der Körper verfällt dann durch sich anhäufende Schäden.

Niemand stirbt also an Altersschwäche, letztlich stirbt man an einer Krankheit, die nicht bekämpft werden kann, da die Reparaturproteine im Körper fehlerhaft sind. Die maximale Anzahl an Zellteilungen setzt das natürliche Limit von 120 Jahren. Doch können wir es etwas dehnen oder gar Unsterblichkeit erreichen?

Die Elixiere der Unsterblichkeit

Menschen altern also aus ganz verschiedenen Gründen und so müssen wir den Kampf gegen das Altern auch angehen. Es wird nicht die ultimative Pille für Unsterblichkeit geben, man wird die einzelnen Aspekte des Alterns ausschalten müssen. Unbeachtet von der Öffentlichkeit sind wir daran bereits viel näher als die meisten denken.

1.NAD+

Wie auch in der Politik könnte Regulierung in der Altersforschung eine Lösung sein. Dies wäre etwa möglich durch ein Molekül namens Nicotinamidadenindinukleotid, präziser eine bestimmten Form davon namens NAD+. Es wirkt in den Mitochrondrien, also sozusagen in den Kraftwerken unserer Zellen, die Energie gewinnen und uns fit halten, durch Entgiftung und Reparatur.

Mit fortschreitendem Alter enthält der Körper immer weniger NAD+, das führt zu einem immer schnelleren Alterungsprozess und einem schlechteren Energiehaushalt. Die Leistungsfähigkeit und auch die Produktion des Glückshormons Dopamin nimmt ab – somit fühlt man sich auch häufiger schlapp, müde und depressiv. Daher wird häufiger auf künstliche Dopaminquellen zurückgegriffen, wenn ihr wisst, was ich meine…

Wir sehen, dass dieses NAD+ sehr wichtig für die Regulierung noch gesunder Zellen ist, was vor allem zu einer gesünderen Lebenszeit führt, sie aber auch etwas verlängern kann. Diese Wirkung ist so effektiv, dass die NASA erwägt, ihre Marssiedler*innen mit erhöhten Mengen NAD+ auszustatten, um Schäden durch kosmische Strahlung und Schwerelosigkeit zu minimieren.

2.Beseitigung seneszenter Zellen

Neben der Regulierung der gesunden Zellen ist aber auch die Beseitigung der seneszenten Zellen, also der Zellen, die erst zur Anhäufung von Schäden führen, sehr wichtig, vermutlich sogar noch wichtiger. Könnte man sie zerstören, wäre der Körper viel länger wehrhaft und hätte funktionierende Reparaturproteine.

Doch der menschliche Körper besteht aus etwa 30 Billionen Zellen, man kann unmöglich jede einzelne Zelle töten, sobald sie seneszent wird. Es muss ein Mittel geben, welches Zellen tötet und entfernt, denn selbst wenn Zellen auf natürliche Weise ruhig gestellt werden, also durch Apoptose, reichern sie sich im Körper an und stören – sie stehen wohl auch in Zusammenhang mit Krankheiten.

Bei genmanipulierten Mäusen konnte ein solches Mittel entwickelt werden und wirkte wahre Wunder – die Mäuse lebten bis zu 35% länger und blieben auch länger von Krankheiten verschont: keine Unsterblichkeit, aber doch ein großer Schritt. Wenn Zellen nicht sterben wollen, müssen wir also womöglich nachhelfen.

3.Embryonale Stammzellen

Aber wir sollten uns nicht nur um die alten Zellen kümmern, sondern auch um die neuen, die sogenannten Stammzellen. Diese Zellen sind zu wirklich Unglaublichem fähig, sie können sich in jede beliebige Zelle verwandeln. Doch während der sogenannten Gastrulation ordnen sich die Zellen im Mutterleib an – aus einem Haufen von Stammzellen wird ein kleiner Mensch.

Im Erwachsenenalter bildet der Körper kaum noch Stammzellen und sie werden auch weniger funktional. Somit können defekte Organe kaum noch erneuert werden – Schäden häufen sich an und führen schließlich zum Tod. Könnte man die Kräfte der embryonalen Stammzellen bewahren, könnte man dem menschlichen Verschleiß ein Ende setzen.

Wir können also schädliche Zellen töten, regelmäßig neue Stammzellen nachfüllen und gesunde Zellen regulieren – so könnte das Rezept zur Unsterblichkeit aussehen. Doch dabei gilt es einiges zu bedenken.

Der Tithonos-Effekt

Ewiges Leben ist schön, meiner Meinung nach ist jede Existenz der Nicht-Existenz vorzuziehen. Aber besser wäre natürlich nicht nur ewiges Leben, sondern auch ewige Jugend, schließlich möchte man die gewonnene Lebenszeit auch gesund verbringen – das lehrt uns schon die Legende von Eos und Tithonos.

Eos, die griechische Göttin der Morgenröte soll sich demnach in den sterblichen Tithonos verliebt haben. Um auf ewig mit ihm zusammen sein zu können, erbat sie bei Zeus auch für Tithonos das ewige Leben. Zeus jedoch war eifersüchtig, denn er musste auch auf seinen geliebten Ganymed verzichten.

Daher tendierte Zeus zur Haarspalterei, er gewährte Tithonos die Unsterblichkeit, aber nicht die ewige Jugend. So wurde Tithonos von Tag zu Tag älter bis er nur noch so groß wie eine Traube war, wirr herumbrabbelte und kein Glied mehr regen konnte, jedoch unfähig zu sterben. Der sogenannte Tithonos-Effekt ist daher bei Altersforscher*innen gefürchtet.

Bereits jetzt erhöht sich mit der Lebenserwartung auch die Anzahl der Jahre, die Menschen krank verbringen. So spricht man in letzter Zeit weniger von reiner Verlängerung der Lebenszeit, sondern vor allem von der Verlängerung der gesunden Lebensjahre.

CRISPR: Die größte Errungenschaft der Menschheit

Über CRISPR kann man ganze Bücher schreiben, ich kann hier nur einen kurzen Abriss über das Thema geben. Klar ist, dass CRISPR unser aller Leben für immer verändern wird – die Menschheit wird dank CRISPR nicht wiederzuerkennen sein. Daher heißt es nun: Sich mit CRISPR beschäftigen, bevor es zu spät ist.

CRISPR ist eine Genschere, mit ihr lassen sich einzelne Bestandteile der DNA isolieren, abtrennen, gezielt bearbeiten und wieder einsetzen. Zuvor waren Genmanipulationen langwierig, teuer und haben häufig mehr zerstört als repariert – das war der Vorschlaghammer, mit CRISPR haben wir das Schweizer Taschenmesser der Gentechnik.

Primär lassen sich mit CRISPR sogenannte Designerbabys züchten, also Embryonen, bei denen Keimbahneingriffe durchgeführt worden. Das kann von angeborenen Immunitäten bis zur freien Wahl des Aussehen des Kindes gehen. Aber eines haben die Eingriffe gemeinsam: Sie werden an die nächste Generation weitergegeben. Ein einziger Eingriff kann sich also von Generation zu Generation auf unzählige Menschen übertragen und ist daher nicht umkehrbar.

Das ist auch der Grund dafür, dass solche Eingriffe bisher geächtet sind, zumindest noch solange die Langzeitfolgen nicht abzusehen sind. Als ein chinesischer Forscher mithilfe von CRISPR die ersten Designerbabys aufzog, musste er für drei Jahre ins Gefängnis.

Doch wer meint, sowas könne eine so grundlegende Revolution wie CRISPR aufhalten, hat in Geschichte nicht aufgepasst. Wir werden zum Homo CRISPR werden, da fragt sich nur wann. Die Genschere kann wirklich sehr breit eingesetzt werden.

  • Das Züchten von Designerbabys mit Immunität gegen Krankheiten
  • Das Züchten von individuell gestalteten Babys – Eigenschaften können frei gewählt werden
  • Die körperliche Anpassung von Menschen an Berufe und unwirtliche Lebensräume
  • Die Ausrottung zahlreicher Krankheiten
  • Die Entwicklung von preiswerten Tests für Krankheiten (etwa COVID-19)
  • Die Zucht von anpassungsfähigen und besseren Nutzpflanzen, etwa für den Gebrauch auf fremden Planeten oder nach der Klimakatastrophe
  • Die Bekämpfung von Parasiten und somit die Verbeugung von Pandemien

Durch viele dieser Dinge wird sich vor allem die Anzahl der gesunden Lebensjahre erhöhen – und zwar drastisch. Einige sehen in CRISPR gar die Möglichkeit der Heilung aller Krankheiten und somit praktischer Unsterblichkeit.

Wann ist es so weit?

Die heute auf der Erde lebenden Menschen sind vermutlich die ersten Menschen in der Geschichte, die von den Entwicklungen in der Altersforschung profitieren. Mit absehbarer Technologie wäre es laut einigen Forscher*innen bereits möglich, bis zu 140 Jahre alt zu werden, so haben bereits zur Verfügung stehende Medikamente die Lebenserwartung von Mäusen um etwa 30% erhöht.

Auch mit Humanversuchen wurde bereits begonnen, es gibt etwa bereits Infusionen des Anti-Aging-Moleküls NAD+, die Leistungsvermögen und womöglich auch Lebenserwartung steigern, dazu gibt es jedoch noch keine Studien. Genauso gibt es ein Medikament zur Verlängerung der Telomere, auch dies könnte zu einer Verlangsamung des Alterungsprozesses führen.

Auch auf dem Bereich der Stammzellen haben wir schon gewisse Fortschritte erzielt. Man kann sich seine Stammzellen etwa in jungem Alter entnehmen und in einer Kryobank lagern lassen. Dort warten sie eingefroren über Jahrzehnte und altern nicht. In hohem Alter kann man dann im Falle einer Krankheit auf seine eigenen jugendlichen Stammzellen zurückgreifen.

Nicht nur, dass Forscher*innen bereits einzelne Aspekte des Alterns erheblich gebremst haben, 2019 soll es auch erstmals gelungenen sein, bei Menschen das Altern gänzlich aufzuhalten – und sogar umzukehren. Auf einer Präsentation namens „Reversing Human Aging Right Now!“ präsentierte der Forscher Gregory Fahy eine Methode, mit der er die biologischen Uhren von neun Menschen rückwärts gedreht haben will.

Dabei sollen die Probanden um 7,5 Jahre verjüngert worden sein, grauen Männern seien wieder schwarze Haare gewachsen, Muskelkraft habe wieder zugenommen. Die Behandlung konzentrierte sich auf den Thymus, ein Organ zwischen Herz und Brustbein, welches in der Jugend noch voller Immunzellen ist, mit steigendem Alter jedoch fast nur noch aus Fettgewebe besteht.

Mit einem Medikamentencocktail aus bereits seit Jahren bekannten Wirkstoffen konnte das Gewebe des Thymus regeneriert werden und es zeigten sich die besagten Folgen. Dabei ist dies noch mit Vorsicht zu genießen, die Gruppe der Probanden war extrem klein, keine Frau war darunter und es gab auch noch keine Kontrollgruppe, die mit Placebos behandelt wurde.

Hier sind also noch Forschungen nötig, sollte sich die Medikamentenmischung aber auch in größerem Umfang als wirksam erweisen, könnte sie auch zu einer längeren gesunden Lebensspanne verhelfen.

Ebenfalls noch in den Kinderschuhen steckt CRISPR. Wenn die Nebenwirkungen einmal besser erforscht sind, eventuell auch an den bereits geborenen Designerbabys, wird der Widerstand gegen Keimbahnbehandlungen schnell fallen – zu verlockend sind die Möglichkeiten und auch die Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Ob das gut ist oder schlecht, ist eine andere Sache – aber aufzuhalten ist es nicht.

Man weiß nicht, wann es so weit sein wird, dass wir das Altern völlig überwunden haben, aber wenn es mit Fortschritten in dem Tempo weitergeht, wird es wohl nicht mehr allzu lange dauern. Vermutlich leben schon heute Menschen, die deutlich älter werden als 125. Einige meinen sogar, dass die jetzt neue Generation die erste ist, die nicht sterben muss.

Wollen wir Unsterblichkeit?

Dann stellt sich da natürlich die klassische Frage, ob wir Unsterblichkeit überhaupt wollen. Eine Welt ohne Tod würde unsere Gesellschaft radikal verändern. Schon jetzt kommen viele ältere Menschen nicht mehr mit der rasend schnellen Entwicklung der Menschheit mit, Rentensysteme sind überlastet, Interessenkonflikte treten auf.

In Zukunft wird sich das Tempo, in dem es dramatische Veränderungen auf der Welt gibt, noch beschleunigen. Stellt euch vor, ein Mensch des Jahres 1000 würde noch heute leben – wir Menschen haben eine zeitliche Heimat, an die unsere Moralvorstellungen gebunden sind. Das beginnt mit der Sprache: In 1.000 Jahren wird wohl kein einziges Wort der heutigen Sprache mehr existieren.

Vielleicht ist Unsterblichkeit sogar sehr egoistisch, sie wird zu großen gesellschaftlichen Problemen führen. Doch sie ist einfach extrem geil! Was soll die ewige Romantisierung des Todes? Es gibt am Tod nichts Schönes, er verwandelt eine komplexe Struktur aus Molekülen, die in der Lage ist zu denken, zu fühlen, Wertvorstellungen, Träume und Wünsche zu haben und an einer diesen Träumen entsprechenden Welt zu arbeiten, in einen Haufen leblose Materie.

Unsterblichkeit ist ein solch überwältigendes Ziel, dass kein Aufwand zu groß ist, um die damit verbundenen Herausforderungen zu meistern. Stellen wir es uns doch nur einmal vor: Wir könnten etwa Menschen in Raumschiffen zu anderen Sternen schicken, die nicht nur ewig leben, sondern sogar auf ein Leben im Weltraum abgestimmt sind.

Wir können den Tod akzeptieren und uns von einem willkürlichen Universum stillschweigend zur Schlachtbank führen lassen, wir können ihn leugnen und das ewige Leben in religiösen Mythen suchen oder wir können ihm den Kampf ansagen. Wir haben eine Chance.

Den Tod auf Eis legen?

Doch was tun als ein*e noch im 20. Jahrhundert Geborene*r, die*der vielleicht um einen Hauch zu früh geboren ist, um das singuläre Ereignis der Unsterblichkeit noch mitzuerleben? Auch hier gibt es Möglichkeiten, etwa die Kryonik.

Ähnlich wie man Stammzellen konservieren kann, lassen sich auch ganze Menschen konservieren, umgangssprachlich spricht man vom „Einfrieren“. Dabei wird das Blut durch eine Kochsalzlösung ausgetauscht und die Zellen mit Frostschutzmittel versehen. Anschließend lagern die Kryonaut*innen hunderte oder tausende Jahre in Behältern mit flüssigem Stickstoff.

Innenraum des Cryonics Institute
Dan, Cryonics institute, Farbe, CC BY-SA 4.0

In dieser Zeit verändert sich der menschliche Körper kaum, er bleibt über Jahrmillionen beinahe exakt erhalten – jedes Atom bleibt an seiner Stelle, der Tod steht sozusagen auf Pause.

Wenn es dann eines Tages möglich ist, das Altern zu besiegen, die entsprechenden Krankheiten zu heilen und die kleinen entstandenen Schäden zu reparieren, etwa mit Nanorobotern, können die Menschen eventuell wiederbelebt werden.

Diese Technologie existiert in dieser Form seit 2001, vor allem in den USA gibt es zwei große Anbieter, das Cryonics Institute und die Alcor Life Extension Foundation, auch in Russland gibt es einen Anbieter, in Australien ist einer geplant, Europa gilt auch als möglicher Standort.

Kann Kryonik funktionieren? Vielleicht, ich weiß es nicht, niemand weiß das. Aber es ist in jedem Fall einen Versuch wert, wenn man bedenkt, wie wenig man zu verlieren und wie viel zu gewinnen hat. Das Ticket in die Zukunft kostet beim Cryonics Institute 28.000 US-Dollar – nicht wenig, aber auch nicht nur etwas für Reiche.

Ich werd´s auf wohl versuchen, sollte es die Unsterblichkeit bis dahin nicht schon längst geben. Stellt euch vor, wie es ist, in einer fremden Zukunft aufzuwachen, stellt euch den Moment vor, in dem ihr euch denkt: „Es hat geklappt. Wir haben die Unsterblichkeit!“ 

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