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Zahlreiche Raumfahrzeuge funktionierten viel länger als ursprünglich erwartet, dazu zählt auch der Marsrover Opportunity. Der Rover hat unser Verständnis vom Mars so grundlegend verändert, dass er von der wissenschaftlichen Bedeutung Bedeutung sicher vergleichbar mit den Voyager-Sonden, der Cassini-Mission oder der bemannten Mondlandung ist. Doch es scheint, als würde sich die Mission langsam dem Ende zuneigen.
Beginnen wir mal ganz vorne. Missionen ins All waren lange teuer und kompliziert und wirklich geändert hat sich das bis heute nicht. Doch zumindest in der unbemannten Raumfahrt hat sich etwas getan. 1993 fuhr die NASA eine neue Strategie, von nun an sollten Raumsonden günstiger und auf maximale wissenschaftliche Ausbeute fokussiert sein.
Faster, better, cheaper
Daher rief NASA-Administrator Daniel Goldin das Discovery-Programm unter dem Motto „faster, better, cheaper“, also „schneller, besser günstiger“ ins Leben. Es begann mit Magellan, sie wurde ins Leben gerufen, als die zu teure VOIR-Mission zur Venus abgelehnt wurde und war gegenüber VOIR extrem günstig. Dies gelang, indem man bereits vorhandene Techniken anderer Raumsonden benutzte und modifizierte.
Das Ziel des Discovery-Programms waren jährliche Missionen ins Sonnensystem mit einem Preis unterhalb von 150 Millionen US-Dollar pro Mission. Sie sollten einfacher sein, schneller gebaut werden und weniger Überwachung erfordern und sie sollten spezialisiert und klein sein. Das war im großen und ganzen auch ein Erfolg, doch man kann sich denken, dass manchmal vor allem das „cheaper“ in den Vordergrund rückte.
Und so gab es auch große Misserfolge. Vor allem Missionen zum Mars waren eine Zeit lang mit großem Unglück behaftet. Der Mars Polar Lander zerschellte beim Landeanflug auf die Polarregion des Mars. Der Mars Observer ging verloren. Und das peinlichste Missgeschick passierte beim Mars Climate Orbiter: Man vergaß, die Einheiten umzurechnen, weshalb der Orbiter dem Mars viel zu nahe kam und verglühte – und mit ihr viele Milllionen Dollar Steuergeld.
Das alles setze die NASA natürlich ordentlich unter Druck, die nächste Marslandung durfte auf keinen Fall scheitern. Das war die Geburt der Mars Exploration Rover, zwei Rover sollten den Mars in vorher ungeahnter Intensität erforschen. Einer von ihnen ist Opportunity.
Technik von Marsrover Opportunity
Opportunity und der andere Spirit getaufte Rover sollten jedoch nicht einfach nur auf dem Mars landen und ihre Landestelle erforschen, sie sollten mobil sein und mehrere Kilometer auf dem Mars zurücklegen. Dabei sollten sie ganz verschiedene Orte erforschen.
Sowas gelang auf dem Mars vorher nur einmal mit dem Rover Sojouner, der 1996 mit dem Lander Mars Pathfinder landete. Doch er war nur 10,6 Kilogramm schwer und legte circa 80 Meter auf der Marsoberfläche zurück.
Dabei konnte er im Ares Vallis zwar verschiedene Felsen untersuchen, aber von Krater zu Krater oder sogar Berg zu Berg kam er damit natürlich nicht. Opportunity spielte da schon in einer ganz anderen Liga. Er ist 174 Kilogramm schwer und sollte drei Kilometer zurücklegen. Die Rechenleistung des Bordcomputers ist 200-mal höher als bei Sojourner.
Opportunity ist 1,6 Meter lang und 1,5 Meter hoch und besitzt sechs voneinander unabhängige Räder, mit denen sich unebener Untergrund passieren lässt. Die Energieversorgung wird durch Solarzellen sichergestellt, welche die Batterien aufladen. Die Marsnacht dauert ähnlich lange wie auf der Erde, während dessen wird der Rover weitgehend heruntergefahren, vor allem um Energie zu sparen.
Nicht immer ist direkter Funkkontakt zur Erde möglich, daher werden die Orbiter der NASA und ESA als Zwischenstationen für die Kommunikation zwischen Opportunity und der Bodenstation auf der Erde genutzt. Im Extremfall ist der Mars allerdings so weit von der Erde entfernt, dass selbst das Licht 22,3 Minuten benötigt, um die Strecke zurückzulegen – in gewissem Umfang muss Opportunity also von künstlicher Intelligenz gesteuert autonom operieren.
Auf dem Weg zum Mars, den Opportunity in etwa fünfeinhalb Monaten zurücklegte, war der Rover von der Cruise Stage geschützt. Sie ist diskusförmig und hat einen Durchmesser von 2,6 Metern. Nötig ist sie für Kurskorrekturen im All, damit der Mars auch erreicht wird. Sie machte außerdem Fotos des Alls und verglich die Position der Sterne mit dem Katalog, wodurch sie im Sonnensystem navigierte.
Opportunity schlug vor der Landung nicht in eine Umlaufbahn um den Mars ein, sie trat direkt aus seiner Flugbahn in die Marsatmosphäre ein. Das machte es unmöglich, einen konkreten Landeort auszuwählen, im Grunde genommen war es also eine Überraschung, wo genau Opportunity aufkommt. Sicher war nur, dass es irgendwo in der Hochebene Meridiani Planum sein sollte.
Die Cruise Stage verglühte planmäßig beim Eintritt. Ein Hitzeschild schützte den Rover, er wurde durch die Atmosphäre auf Schallgeschwindigkeit abgebremst, dann entfaltete sich ein Fallschirm. Die letzten Meter ist Opportunity frei gefallen – natürlich nicht ungeschützt. Ein riesiger Airbag entfaltete sich um den Marsrover und ließ ihn noch einige Male auf der Marsoberfläche auf und ab hüpfen.
Wissenschaftliche Ziele
War die Sonde erst einmal gelandet, waren die kritischsten Punkte überstanden und die Wissenschaft kam an die Reihe. Im wesentlichen ist der Marsrover auf geologische Forschung ausgerichtet, er trug einen bewegbaren Roboterarm mit einem Gesteinsmikroskop und mehreren Spektrometern. Zudem führte er ein Werkzeug mit, das Gestein aufbohren konnte, sodass das Innere zum Vorschein kam.
Man muss wissen, dass das Discovery-Programm vor allem davon lebte, falsche Versprechungen zu machen. Das ist überhaupt keine Kritik, denn es war nötig, um die wissenschaftlichen Missionen gegenüber der Öffentlichkeit zu rechtfertigen. Missionen zu Asteroiden und Kometen wurden etwa mit der Gefahr eines Einschlags gerechtfertigt, auch wenn die eigentlichen Missionsziele andere waren – die sicherlich auch wichtig, aber eben schwerer zu vermitteln sind.
So war es auch bei dem Marsrover, man kommunizierte ihn meist als Anstrengung, außerirdisches Leben zu finden. Damit Opportunity mit ihren Instrumenten Leben findet, müsste es ihr aber wirklich auf den Kopf fallen, denn sie war nicht dafür ausgelegt. Das bedeutet, es hätte wirklich komplexeres Leben auf der Oberfläche geben müssen, etwa Moose oder Flechten – und das konnte man bereits seit der Landung von Viking 1 im Jahre 1976 ausschließen.
Die wirklichen Missionsziele waren aber eigentlich genauso interessant, aber wohl eher für Wissenschaftler als für die Medien und die Öffentlichkeit:
- Suche nach Mineralien, die nur durch den Einfluss von flüssigem Wasser entstehen können
- Suche nach den Prozessen, welche die Landschaft des Mars geformt haben, also Vulkanismus, hydrothermale Quellen, Erosion, etc.
- Erklärung der Oberflächenphänomene, die Orbiter aus der Umlaufbahn fotografierten
- Bestimmung der Zusammensetzung des Gesteins in der Landeregion Meridiani Planum
- Bestimmung der Bedingungen auf dem Mars in seiner geologischen Vergangenheit
Die Fragen, die der Marsrover also eigentlich klären sollte, sind ebenfalls höchst faszinierend und irgendwie laufen sie ja auch auf die Frage nach der früheren Existenz außerirdischen Lebens hinaus. Aber dass Opportunity direkt Anzeichen auf außerirdisches Leben findet, war nie angedacht. Dennoch war die Mission wahnsinnig erfolgreich.
Erfolgreicher Missionsverlauf
Schon bei der Landung hat Opportunity das große Los gezogen. Sie landete in einem kleinen Krater, dem sogenannten Eagle-Krater. Er ist nur etwa 22 Meter breit und 88 Zentimeter tief. Der Name „Eagle“ kommt übrigens aus dem Golf und steht für die Landung von Opportunity, die mit einem Hole-in-one verglichen wurde – und für die Mondlandefähre Eagle, mit der die ersten Menschen auf dem Mond landeten.
Trotz der geringen Größe des Kraters ist Opportunity mitten in einer Goldgrube gelandet. Direkt auf dem Boden des Eagle-Kraters waren Felsanrisse und grobe Körner zu sehen – die genaue Analyse des Kraterbodens zeigte schnell, dass er früher von Wasser bedeckt war.
Als Opportunity den Eagle-Krater verließ und den 750 Meter entfernten Endurance-Krater ansteuerte, entschied man sich, Opportunity in den Krater fahren zu lassen, unter der Gefahr, dass sie nie wieder herauskommen könnte, der Krater ist immerhin zwölf Meter tief. Es stellte sich als eine gute Entscheidung heraus, denn man bewies die Existenz großer Mengen flüssigen Wassers, das gesamte Meridiani Planum war wohl ein Ozean.
Doch die Ergebnisse legten auch nahe, dass Meridiani Planum mehrfach komplett ausgetrocknet ist, das konnte allerdings durch die Untersuchungen im Endurance-Krater nicht bestätigt werden. Daher sollten weitere Untersuchungen im Victoria-Krater folgen, doch der war eine ganz andere Hausnummer: Er war ganze 5,6 Kilometer entfernt, 730 Meter breit und 70 Meter tief.
Auf so einer Reise geht natürlich nicht alles glatt. Auf dem Weg machte Opportunity bei ihrem eigenen Hitzeschild halt, der etwas südlich des Kraters eingeschlagen ist. Auch einem Eisenmeteoriten begegnete der Marsrover. Anschließend durchquerte er ein Dünenfeld und in eine Düne fuhr er geradeaus hinein. Hier zeigten sich die Mängel Künstlicher Intelligenz: Die Räder drehten sich weiter, wie es programmiert war, und drehten sich somit noch weiter in die Düne hinein.
Bei SPIEGEL ONLINE hieß es schon pessimistisch:
„Endstation: „Opportunity“ steckt im Mars-Sand fest“
Tatsächlich schien das Ende der Mission nah. Es dauerte weit über ein Monat, doch es gelang, den Marsrover schrittweise wieder herauszumanövrieren. Aber Rache ist süß: Man taufte die Düne Fegefeuer.
Auf der Weiterfahrt sah es wieder besser aus. Die Software wurde den auf der Erde inzwischen weit fortgeschrittenen digitalen Standards angepasst, der Marsrover konnte nun noch autonomer und energiesparender fahren, er konnte selbst entscheiden, wann ein Bild zur Erde geleitet und wann der Instrumentenarm ausgefahren wird. Zudem kam ihm ein Glücksfall entgegen, ein Windstoß befreite die Solarzellen von Sand.
Als Opportunity den Victoria-Krater erreichte, hat sie schon viel länger überstanden und ist viel weiter gefahren als geplant. Das führte jedoch dazu, dass der Marsrover auch die berühmten Sandstürme miterlebte. In dieser Phase kommt kaum noch ein Sonnenstrahl auf die Oberfläche, sodass Opportunity in den Ruhemodus versetzt wurde – ungewiss, ob sie wieder erwachen würde.
Doch auch hier fanden die Wissenschaftler Lösungen wie schon so oft zuvor. Und so konnte Opportunity nicht nur den Victoria-Krater erreichen, sie konnte ihn auch wieder verlassen und noch viele Kilometer weiter fahren. Dabei stieß sie auf weitere Eisenmeteoriten, Berge, Täler, Staubteufel und vieles mehr. Die Odyssee von Marsrover Opportunity ist viel zu lang, um sie in einem Blogpost zu erzählen. Hier sind Bilder von Staubteufeln, kleinen vertikalen Staubstürmen.
Erwartungen übertroffen
Der Marsrover ist mittlerweile bis zum Perseverance Valley gefahren und hat dabei 45,16 Kilometer zurückgelegt – Rekord! Er reiht sich somit in die Liste von Raumsonden ein, die deutlich länger aktiv sind, als man erwartet hat. Hier ist eine Auswahl an solchen Missionen.
Erwartete Missonsdauer | Tatsächliche Missionsdauer | |
Opportunity | 90 Tage | 15 Jahre |
Kepler-Weltraumteleskop | 3 Jahre | 9 Jahre |
Spirit | 90 Tage | 8 Jahre |
Helios 1 | 18 Monate | 11 Jahre |
Helios 2 | 18 Monate | 6 Jahre |
Voyager 1 | 5 Jahre | 43 Jahre (noch laufend) |
Voyager 2 | 5 Jahre | 43 Jahre (noch laufend) |
Lunochod 1 | 3 Monate | 11 Monate |
Jadehase 2 | 3 Monate | 14 Monate (noch laufend) |
Nicht nur die Lebenserwartung und die erwartete zurückgelegte Strecke wurden übertroffen, auch die wissenschaftlichen Ergebnisse waren revolutionär:
- Auf dem Mars hat es einmal große Ozeane gegeben, die mehrfach ausgetrocknet sind.
- Die Erosion durch Wasser formte zum Großteil die Landschaften des Mars.
- Bei den fotografierten Merkmalen handelte es sich tatsächlich um ausgetrocknete Wasserflächen.
- Auf dem Mars gibt es Eisen-Nickel-Meteoriten.
- Im Meridiani Planum finden sich Sulfate, Karbonate, Jarosit und Gips.
Das ist nur eine kleine Auswahl an Dingen, die uns der Marsrover über den Roten Planeten gelehrt hat. Letztlich hat die Mission natürlich auch einen kulturellen Wert. Wir wissen nicht, wofür die auf dem Mars gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen in Zukunft angewandt werden.
Albert Einstein hatte bei der Entwicklung seiner Relativitätstheorie wohl auch nicht den Hauch einer Ahnung, dass sie einmal genutzt werden wird, um Raumsonden auf Monden zu landen und ferne Planeten zu fotografieren. Und Videos vom Sonnenuntergang auf anderen Planeten faszinieren natürlich auch die Menschen von der Wissenschaft.
Doch langsam, aber sicher scheint sich die Mission von Opportunity dem Ende zuzuneigen.
Verhängnisvoller Staubsturm
Wieder toben heftige Staubstürme auf dem Mars, Opportunity wurde erneut in den Ruhemodus versetzt. Es ist jedoch ungewiss, ob sie je wieder aktiv wird. Womöglich können Wissenschaftler sie diesmal nicht retten.
Der Staubsturm ist einer der dichtesten auf dem Mars je beobachteten. Im Bereich, in dem sich Opportunity gerade befindet, kommen lediglich 0,01% der Sonnenstrahlung auf dem Boden an und speisen die Solarzellen von Opportunity. Solange der Rover jedoch noch genügend Energie bekommt, um seine Batterien zu heizen, könnte er wieder Kontakt mit der Erde aufnehmen. Derzeit beträgt seine Temperatur aber nur noch -29°C.
Besser wird es vermutlich nicht, denn der Sturm bedeckt erst ein Viertel der Planetenoberfäche. Auf der anderen Seite des Mars nimmt der Rover Curiosity nämlich nur eine leichte Trübung des Sonnenlichtes wahr. Wahrscheinlich wird der Sturm daher in einigen Wochen oder Monaten den gesamten Planeten und auch Curiosity bedecken.
Ersatz ist schon da
Wir sollten uns daher darauf einstellen, dass wir keinen Kontakt mehr zum Marsrover Opportunity aufnehmen. Doch nicht nur die wissenschaftlichen Erkenntnisse werden weiterleben. Man hat aus den Schwierigkeiten, mit denen sich Opportunity auf dem Mars herumschlagen musste, gelernt.
Während bei ihm also vermutlich in den kommenden Tagen die Lichter ausgehen, wird Curiosity ganz entspannt weiterrollen, denn er hat eine nukleare Energieversorgung, für die man sich aufgrund der Erfahrungen von Opportunity entschieden hat. Dieser Rover soll die Mission fortführen und nun nicht nur nach Wasser, sondern auch nach ehemaligem Leben suchen.
Er wird also auch den kommenden Sandsturm erforschen können, genau wie die Raumsonde InSight, die gerade auf dem Weg zum Mars ist. Sie wird den Sturm also womöglich beim Anflug beobachten. Das ist auch wichtig, denn wenn in Zukunft Menschen auf dem Mars landen, können Sandstürme tödlich sein. Wir benötigen daher eine Art Wettervorhersage für den Mars. Darauf können wir hoffen, denn Opportunity wird nicht der letzte Marsrover gewesen sein.
Bereits drei weitere stehen auf der Erde in den Startlöchern: Der europäisch-russische Rover Rosalind Franklin, der sich auf die Suche nach organischen Molekülen machen soll, der US-amerikanische Rover Perseverance, der sogar einen kleinen Helikopter mitbringt und der fast gänzlich autonome chinesische Marsrover.
Wenn das Perseverance Valley, also das „Tal der Beharrlichkeit“ 45 Kilometer vom kleinen Eagle-Krater entfernt also die letzte Ruhestätte von Opportunity wird, dann gibt es wohl kaum einen besseren Ort für eine so beharrliche und hartnäckige Mission. Und wer weiß, vielleicht werden ja eines Tages Menschen auf dem Mars landen und Opportunity bergen – und noch viele andere Marsrover.
Rainer Kirmse , Altenburg
DER ROTE PLANET
Wenn man so auf Mars schaut,
rostrot schimmert seine Haut.
Der äußere Nachbar der Erde
ist ein ziemlich kalter Gefährte.
Halb so groß, von ähnlicher Gestalt,
der Mensch will ihn besuchen bald.
Der Planet ist mal nah, mal fern,
zieht exzentrisch um uns’ren Stern.
Dünn ist seine Atmosphäre,
früher gab’s wohl sogar Meere.
Vieles wird man noch ergründen,
vielleicht Lebensspuren finden.
Rainer Kirmse , Altenburg
Herzliche Grüße aus der Skatstadt